Nach Kurssturz Varta-Aktie explodiert um 287 Prozent – Totgesagte leben länger?
Was für ein Comeback! Noch vor drei Wochen berichtete DAS INVESTMENT über den beispiellosen Absturz der Varta-Aktie. Der Batteriehersteller hatte ein Sanierungsverfahren eingeleitet, der Kurs war um 80 Prozent auf nur noch 1,38 Euro eingebrochen. Viele Marktbeobachter sahen schwarz für das Papier. Doch dann die verblüffende Kehrtwende: In nur fünf Handelstagen schoss die Aktie um unglaubliche 287 Prozent in die Höhe. Der Kurs erreichte zwischenzeitlich 5,35 Euro. Bahnt sich hier eine echte Trendwende an?
Auslöser der jüngsten Turbulenzen ist das eingeleitete Sanierungsverfahren nach dem Starug (Gesetz über den Stabilsierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen). Kern des Plans ist eine Kapitalherabsetzung auf null, gefolgt von einer Kapitalerhöhung unter Ausschluss der Altaktionäre. Im Klartext: Bestandsaktionäre könnten ihr Investment komplett verlieren. Kein Wunder, dass viele Analysten, darunter Warburg Research und die DZ Bank, ihre Kursziele für Varta vorsorglich auf null setzten. Die Sorge vor einer faktischen Enteignung geht um.
Tojners Optimismus elektrisiert Anleger
Doch plötzlich keimt neue Hoffnung – ausgerechnet dank Mehrheitsaktionär Michael Tojner. In einem Interview mit der „FAZ“ gab sich der österreichische Investor überraschend optimistisch. Eine erfolgreiche Sanierung sei bereits bis Anfang September möglich, so Tojner. Dafür führe er intensive Gespräche, unter anderem mit Volkswagen-Tochter Porsche. Das erklärte Ziel: Varta soll bis Jahresende restrukturiert und zukunftsfest aufgestellt sein. Eine Nachricht, die Anleger elektrisierte.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Parallel formiert sich allerdings Widerstand. Vor allem die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) kritisiert die Pläne scharf. DSW-Vizepräsidentin Daniela Bergdolt spricht von einer „kalten Enteignung“ der Aktionäre. Denn die geplante Kapitalerhöhung soll ohne Bezugsrechte für Altaktionäre erfolgen. Bereits hunderte betroffene Anleger haben sich bei der DSW gemeldet, um rechtlich gegen dieses Vorgehen vorzugehen. Sie fordern eine Änderung des Restrukturierungsgesetzes Starug. Noch ist unklar, wie die Gerichte entscheiden werden.
Kurserholung auf tönernen Füßen?
So spektakulär die Kurserholung auch ist: Fundamental steht sie auf tönernen Füßen. Denn nach wie vor schreibt Varta tiefrote Zahlen, die Bilanz bleibt angespannt. Selbst wenn die Sanierungsgespräche die Verhandlungsposition stärken: Ohne schmerzhafte Einschnitte wird es nicht gehen. Auch eine erfolgreiche Restrukturierung dürfte zulasten der Aktionäre gehen. Das Chance-Risiko-Verhältnis bleibt daher asymmetrisch – nach oben scheint wenig Luft, nach unten sind herbe Verluste möglich.
Gewinnt am Ende also doch David gegen Goliath, der Kleinaktionär gegen die Enteignung? Wirklich ausgemacht ist das nicht. Denn trotz der Kurseuphorie bleiben viele Fragezeichen. Ob sich die Hoffnungen auf ein nachhaltiges Comeback am Ende erfüllen, muss sich erst noch zeigen. Wer jetzt einsteigt, sollte wissen, worauf er sich einlässt: die Varta-Aktie bleibt ein hochspekulatives Zockerpapier. Risikofreudige Anleger können auf eine erfolgreiche Sanierung und deutlich höhere Kurse wetten. Konservative Investoren warten besser ab, bis das Sanierungsverfahren abgeschlossen ist – und damit feststeht, ob Varta wirklich aufersteht oder doch noch zum Zombieunternehmen verkommt.