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Virtuelle HV Verbände sperren sich gegen Gesetzentwurf

Ex-Konzernchef Dieter Zetsche während der Daimler-HV 2019
Ex-Konzernchef Dieter Zetsche während der Daimler-HV 2019: Auf Aktionärsversammlungen des Stuttgarter Autobauers ging es in der Vergangenheit mitunter hoch her. 2016 eskalierte etwa ein Streit um Würstchen. | Foto: STPP

Aktionärshauptversammlungen sollen auch langfristig virtuell abgehalten werden können – das sieht zumindest ein Gesetzentwurf vor, den das Bundesjustizministerium (BMJ) Anfang Februar vorgelegt hat.

Bedingt durch die Corona-Pandemie hatten 2020 und 2021 viele Unternehmen ihre Hauptversammlungen ins Internet verlagert. Ermöglicht hat das ein übergangsweise erlassenes Gesetz mit der sperrigen Abkürzung GesRuaCOVBekG (Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie). Zum 31. August 2022 soll es auslaufen.

Jetzt soll es nach Willen der Bundesregierung langfristigen Ersatz geben. Der kürzlich vorgestellte Entwurf eines „Gesetzes zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften“ soll die Grundlage dafür schaffen, dass Unternehmen ihre Hauptversammlungen – nach einer Satzungsänderung – von vornherein rein virtuell anberaumen dürfen. Nach Argumentation des BMJ erspare das Zeit und Kosten. Zudem habe man in der Pandemie positive Erfahrungen mit dem Format gesammelt. Interessenvertreter waren aufgerufen, bis einschließlich zum vergangenen Freitag zu dem Entwurf Stellung zu nehmen.

Kritik von BVI und DSW

Das hat unter anderem der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) getan. Bei dem Fondsverband ist man mit dem Entwurf wenig glücklich: Die Rechte der Aktionäre würden durch das geplante Gesetz eingeschränkt. „Die Aktionärsdemokratie kommt zu kurz“, fasst BVI- Hauptgeschäftsführer Thomas Richter zusammen. Aktionäre könnten ihr Rede-, Frage- und Auskunftsrecht nicht mehr gesammelt ausüben. So sollten laut dem angepeilten Gesetz etwa Fragen im Vorfeld schriftlich eingereicht werden. Redebeiträge wiederum dürften keine Fragen oder Nachfragen an die Unternehmensführung enthalten.

Beim BVI hätte man sich stattdessen gewünscht, „die bewährte und von vielen Aktionären bevorzugte Präsenz-Hauptversammlung über eine Einbindung digitaler Elemente zu modernisieren“ – ohne die Rechte der Anteilseigner zu beschneiden. Das habe immerhin auch der Koalitionsvertrag der jetzigen Ampelregierung aus SPD, FDP und Grünen in Aussicht gestellt. Der Gesetzesvorschlag müsse daher noch einmal grundlegend überarbeitet werden, fordert man bei dem Fondsverband.

Auch die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hat sich kürzlich zu dem Entwurf geäußert: Die Corona-Ausnahmeregeln hätten das Recht der Aktionäre, Unternehmensbeschlüsse anzufechten, ausgehöhlt, moniert man dort. Das solle das neue Gesetz nun „zementieren“.

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Präsenz-Hauptversammlungen, bei denen Vorstand und Aufsichtsrat der Gesellschaften mit den Aktionären zusammenkommen, hätten eine zentrale Bedeutung, heißt es von der DSW. „Diesen Dialog braucht es in der Hauptversammlung auch weiterhin für eine lebendige Aktionärsdemokratie/ -kultur, eine wirksame Corporate Governance und zur Stärkung des Kapitalmarkts.“ Das Rede-, Frage- und Auskunfts- sowie Anfechtungsrecht sollten unabhängig vom Format der Veranstaltung gelten. Es dürften auch nicht einzelne Rechte zeitlich verlagert werden, also etwa Fragen nur vorab eingereicht werden. Ungeeignet seien virtuelle Hauptversammlungen besonders dann, wenn komplexe Beschlüsse anstünden, die die Eigentumsrechte der Aktionäre berührten, etwa bei Squeeze-outs oder anderen Umstrukturierungen, findet man bei der DSW.

Die in der Corona-Pandemie gewonnenen technischen Erkenntnisse solle man vielmehr einsetzen, um einem breiten Kreis von Aktionären die Teilnahme zu ermöglichen – in einer Mischung aus Präsenz- und virtueller Versammlung, fordert man bei der DSW. Das ermögliche zudem bereits das bestehende Aktienrecht.

Der Stellungnahme der DSW haben sich die europäischen Verbände Better Finance sowie Efes (European Federation of Employee Share Ownership) angeschlossen.

Wie es mit dem Referentenentwurf weitergeht

Das BMJ will nach Angaben aus dem Umfeld des Ministeriums die Stellungnahmen in den kommenden Wochen sichten und Erkenntnisse in den Gesetzentwurf einarbeiten. Am 6. April soll dieser laut Plan das Bundeskabinett passieren, bevor schließlich der Bundestag darüber abstimmt. Da das Gesetz als eilbedürftig gilt, könnten die Beratungen schon im Mai beziehungsweise Juni stattfinden. Das Gesetz könnte somit noch der vor der Sommerpause verabschiedet werden.

Der BVI indessen sieht in dieser Beziehung noch „erheblichen Diskussionsbedarf“. Angesichts der vorgebrachten Kritik hofft man bei dem Verband, dass der enge Zeitplan entzerrt und das Gesetz mit der „gebotenen Sorgfalt“ beraten werde.

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