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Verdi und AGV: Warnstreiks vor entscheidender Verhandlungsrunde

Beim Tarifstreit für die rund 160.000 Beschäftigten im Innendienst der privaten Versicherungsbranche verschärft sich der Ton. In Köln fand am Dienstag ein Warnstreik statt, an dem neben Axa-Mitarbeitern auch eine Delegation von Beschäftigten der Ergo Group in Düsseldorf teilgenommen hat. Am Mittwoch und Donnerstag organisierte die Gewerkschaft Verdi auch in Bremen, Oldenburg, Hannover, Hamburg und Berlin Warnstreiks.
Doch damit nicht genug: Kommende Woche setzt sich die Streikwelle fort. Verdi ruft die Beschäftigten nun auch für den 23. Mai 2025 zu ganztägigen Arbeitsniederlegungen in Düsseldorf und Köln auf. Betroffen sind unter anderem Standorte der Ergo Group, Longial, Itergo und der Gothaer. Die Streikversammlung soll von 10 bis 12 Uhr auf dem Provinzialplatz in Düsseldorf stattfinden – genau dort, wo am selben Tag die dritte Verhandlungsrunde zwischen Verdi und dem Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen (AGV) angesetzt ist.
Streikwelle nach zweiter Verhandlungsrunde
Der Tarifkonflikt begann bereits am 21. März 2025 mit der ersten Verhandlungsrunde in München. Nachdem der bestehende Gehaltstarifvertrag am 31. März 2025 ausgelaufen war, folgte am 28. April in Frankfurt die zweite Verhandlungsrunde – wieder ohne Einigung.
Die Gewerkschaft hatte bereits in der zweiten Verhandlungsrunde am 28. April 2025 in Frankfurt am Main angekündigt, dass es zu Warnstreiks kommen werde. Da die ersten Arbeitsniederlegungen sehr kurz nach dieser Runde stattfanden, erfolgte der Aufruf an die Beschäftigten und die Information an die Arbeitgeberseite der betroffenen Betriebe nur kurzfristig. „Ob Warnstreiks erforderlich sind, war vom Ergebnis der zweiten Verhandlungsrunde abhängig“, erklärt Verdi und weist damit die Kritik des AGV zurück, die Gewerkschaft kommuniziere die Streikmaßnahmen unzureichend.
Verdi fordert 12 Prozent mehr Gehalt
Die Gewerkschaft fordert eine Erhöhung der Gehälter um 12 Prozent sowie eine Anhebung aller Zulagen und Schichtzulagen im gleichen Umfang. Die Laufzeit des Gehaltstarifvertrages soll zwölf Monate betragen. Zudem verlangt Verdi eine Verdoppelung des tariflichen Fahrtkostenzuschusses auf 40 Euro für Angestellte und 50 Euro für Auszubildende. Die Ausbildungsvergütungen sollen um 250 Euro pro Ausbildungsjahr steigen, und Auszubildende sollen freie Tage zur Prüfungsvorbereitung erhalten.
Der Arbeitgeberverband bot laut eigenen Angaben zuletzt 8,63 Prozent mehr Gehalt an – allerdings bei einer Laufzeit von 35 Monaten. Laut AGV würde dies Zusatzkosten für die Branche von rund 1,2 Milliarden Euro bedeuten. Der Verband betont, es sei „das höchste erste Angebot der vergangenen zwanzig Jahre, um der erhöhten Inflationsentwicklung in den Jahren 2022 und 2023 nachträglich Rechnung zu tragen.“
Streit über Streikkommunikation
Zwischen den Tarifparteien gibt es auch Unstimmigkeiten über die Kommunikation der Arbeitskampfmaßnahmen. Der AGV beklagt, dass Verdi die Streikmaßnahmen „zum Teil nur unzureichend kommuniziert.“ Die Gewerkschaft weist diese Kritik zurück und erklärt, sie habe von der Kritik des Arbeitgeberverbandes, dass die Arbeitgeber zu spät über die Streiks informiert werden, aus der Presse erfahren.
„Wir sind bereit, uns mit dem Arbeitgeberverband über seine Kritik auszutauschen und überprüfen gerne, ob es bei der Information über Warnstreiks in Einzelfällen Probleme gegeben hat,“ heißt es von Verdi. Gleichzeitig kritisiert die Gewerkschaft das Verhalten einiger Arbeitgeber: „In einem solchen Gespräch würden wir auch die Fälle ansprechen, in denen einzelne Arbeitgeber versucht haben, die Wirkung der Streiks einzuschränken, indem sie Beschäftigten empfohlen haben, durch Zeiterfassung in ihrer Freizeit zu streiken."
Sebastian Hopfner, stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim AGV, zeigt sich derweil unbeeindruckt von den Streikaktionen. „Sie werden unsere Verhandlungsführung nicht beeinflussen“, erklärt er gegenüber DAS INVESTMENT. Dennoch gibt er sich kompromissbereit: „Der AGV geht am kommenden Freitag konstruktiv und mit dem Willen, eine allseits interessengerechte Lösung zu finden, in die dritte Tarifverhandlungsrunde“
Unterschiedliche Darstellungen zur Streikbeteiligung
Auf die Nachfrage von DAS INVESTMENT, welche Versicherer von den Streiks der vergangenen Tage betroffen waren, nennt Verdi neben Ergo und Axa auch Allianz, HDI, Hannover Rück, Talanx, VGH, R+V, Debeka und VHV. In Hamburg erwartete die Gewerkschaft rund 1.000 Demonstrierende. Auch in Berlin hatte Verdi am 15. Mai zu einem ganztägigen Warnstreik bei den privaten Versicherungsunternehmen aufgerufen.
Der AGV versichert unterdessen, dass Einschränkungen des Geschäftsbetriebs durch die gewerkschaftlichen Maßnahmen nicht zu befürchten seien. „Auch wenn Verdi gerne einen anderen Eindruck erwecken möchte: Die Streikbeteiligung ist bei dieser Tarifrunde nicht höher als in den Runden zuvor“, erklärt Sebastian Hopfner, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des AGV. Außerdem hätten die Streiks die Mitgliedsunternehmen nicht unvorbereitet getroffen.
Gespannte Erwartungen an die dritte Verhandlungsrunde
Die Tarifparteien gehen mit unterschiedlichen Erwartungen in die dritte Verhandlungsrunde. Während Verdi mit den Warnstreiks den Druck erhöhen will, betont der AGV seine Bereitschaft zu einer konstruktiven Lösung. Der Verband verweist darauf, dass er "das höchste erste Angebot der vergangenen zwanzig Jahre platziert" habe, "um der erhöhten Inflationsentwicklung in den Jahren 2022 und 2023 nachträglich Rechnung zu tragen."
Die kommende Verhandlungsrunde am 23. Mai 2025 in Düsseldorf könnte entscheidend für den weiteren Verlauf des Tarifkonflikts sein.