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Blackrock-Gesprächsrunde zur US-Politik Verhältnis zu Europa muss sich bessern

Von in Märkte verstehen, Chancen nutzenLesedauer: 5 Minuten
Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump
Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump: Die Beziehung zwischen Deutschland und den USA könnte sich unter Trumps Nachfolger Joe Biden entspannen – der Prozess dürfte aber nicht einfach werden. | Foto: images / ZUMA Wire
Beim virtuellen Talk@BLK: Alice Hübener mit Dr. Frank Sportolari (oben), Dr. Markus Jäger und Dr. Nikolas Guggenberger (unten v.l.).

Für die Mitgliedsunternehmen der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland ist die Sache klar: Knapp 90 Prozent von ihnen rechnen nach dem Wahlsieg Bidens mit einer Verbesserung der transatlantischen Beziehungen, 87 Prozent sogar mit positiven Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft. Doch werden sich ihre optimistischen Erwartungen erfüllen? Diese Frage diskutierte Alice Hübener, BlackRock Retail Strategic Clients & Partnerships, mit ihren Gästen Frank Sportolari, Dr. Markus Jäger und Dr. Nikolas Guggenberger in der jüngsten Blackrock-Gesprächsrunde Talk@BLK im November.

US-Präsident Donald Trump habe „vor allem in der Handelspolitik ganz anders agiert als alle seine Vorgänger“, sagt Dr. Frank Sportolari, Präsident der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland. Unabhängig von den daraus resultierenden politischen Turbulenzen sei das Interesse an der Zusammenarbeit unter den Unternehmen beiderseits des Atlantiks jedoch ungebrochen.

Optimismus spürt auch Dr. Nikolas Guggenberger, Executive Director im Information Society Project an der Yale Law School, der von Straßenfesten in seiner Heimat Boston nach der Wahl berichtet. Er betont jedoch, dass keineswegs alle US-Amerikaner in Feierlaune gewesen seien: „Vielerorts waren die Reaktionen ganz andere“, sagt er mit Blick auf die zahlreichen Wähler, die Trump die Treue gehalten haben. „Das zeigt, wie zerrissen das Land ist.“

Geteilter Kongress beschränkt Bidens Handlungsspielraum

Auf der politischen Ebene dürfte sich diese Spaltung im Kongress widerspiegeln. Dr. Markus Jäger, Research Fellow im Amerika-Programm der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), geht davon aus, dass die Republikaner nach der Stichwahl in Georgia im Januar den Senat weiterhin dominieren werden – ihnen fehlt nur noch ein Sitz zur Mehrheit. Daher sagt er: „Man muss mit dem Optimismus vorsichtig sein.“ Denn diese Konstellation dürfte die Handlungsspielräume Bidens deutlich einschränken. Die geplanten Fiskalpakete zum Beispiel werden vermutlich wesentlich kleiner ausfallen als von den Demokraten geplant. Dabei wäre die Gelegenheit aus Jägers Sicht aufgrund der expansiven Geldpolitik der Fed günstig, mit Investitionen die Konjunktur kurzfristig zu stabilisieren und langfristig die Produktivität zu erhöhen.

Zum Erfolg einer Volkswirtschaft tragen jedoch nicht nur „harte“ Faktoren wie Investitionen bei, sondern beispielsweise auch gut ausgebildete Fachkräfte. Hat die Anziehungskraft der USA für Experten aus dem Ausland unter der Trump-Administration gelitten? Nikolas Guggenberger beantwortet diese Frage mit einem „klaren Ja“. Die restriktive Visapolitik und abschreckende Rhetorik unter Trump habe gerade im Forschungsbereich einen erheblichen negativen Einfluss gehabt, berichtet er mit Blick auf seine Erfahrungen an der Yale-Universität. Hier könne die Biden-Administration aber unmittelbar und unabhängig vom Kongress Abhilfe schaffen, indem sie einen anderen Ton anschlägt und die entsprechenden Regeln anpasst, „damit die USA ein attraktiver Standort bleiben“.   

„Keine Alternative“ zu einem guten Verhältnis

Im Zuge der America First-Politik Trumps hat sich auch das Verhältnis zwischen den USA und Deutschland sowie anderen europäischen Ländern eingetrübt. Ob die seit dem Zweiten Weltkrieg bestehende strategische und emotionale Verbindung wieder aufleben wird, ist für Sportolari keine Frage: „Es gibt keine Alternative.“ Gemeinsam bilden die USA und die Europäische Union (EU) den größten Wirtschaftsraum der Welt, mehr als die Hälfte der globalen Investitionen in den Vereinigten Staaten stammen aus der EU – und gerade die exportorientierte deutsche Wirtschaft hat von der engen Beziehung stark profitiert.

Um das Verhältnis wieder nachhaltig zu verbessern, sind aber nicht nur die USA gefragt. Markus Jäger: „Beide Seiten müssen sich bewegen.“ Am wichtigsten sei zunächst, dass sich der Ton ändert. Er rechnet mit einer vorhersehbareren und weniger unilateralen Außenpolitik der USA – gerade auch gegenüber Europa. „Seitens der Vereinigten Staaten ist der Wille wieder da, zu kooperieren und gemeinsame Probleme gemeinsam anzugehen.“

Ein Streitfaktor dürfte das Thema Verteidigung bleiben: Die USA fordern von den Europäern, mehr in ihre Sicherheit zu investieren – und daran dürfte sich auch unter Biden nichts ändern, da die Vereinigten Staaten ihre Ressourcen vor dem Hintergrund des Aufstiegs China zunehmend in Asien benötigen. Dieses Problem hält Jäger jedoch für lösbar. Im Handelsbereich sieht er ebenfalls Potenzial für eine engere Zusammenarbeit, vor allem im Hinblick auf eine verstärkte Kooperation in der Welthandelsorganisation – auch wenn dafür Reformen notwendig seien. Beim Thema Freihandel ist er hingegen skeptischer. „Biden wird sich zunächst auf die Innenpolitik konzentrieren müssen. Das heißt aber nicht, dass man nicht gemeinsame Punkte für die Zusammenarbeit finden kann.“

Deutschland unter US-Unternehmen beliebtes Investitionsziel

Unter den US-Unternehmen genießt Deutschland nach den Worten von Handelskammerchef Sportolari einen hervorragenden Ruf. Sie schätzen insbesondere die zentrale Lage in Europa, die zuverlässigen politischen Institutionen, das hohe Bildungsniveau und die Infrastruktur. Die größten Kritikpunkte sind hingegen die hohen Energiepreise und der mangelhafte Ausbau digitaler Netze. Dass die digitale Infrastruktur zu wünschen übrig lässt, findet auch Guggenheimer und hat dabei insbesondere die staatliche Seite im Blick: „Es bestehen immer noch erhebliche Defizite.“ Viele Behördenschritte ließen sich noch immer nicht online absolvieren und zahlreiche Rechtsvorschriften seien sehr veraltet. Das könnte ironischerweise daran liegen, dass das „analoge“ System sehr gut funktioniert und daher der Schritt Richtung vollständiger Digitalisierung schwerfällt.

Die Digitalisierung wird aber weiter voranschreiten – und damit werden auch Themen wie Datentransfer und -schutz an Bedeutung gewinnen. Mitte Juli hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Privacy Shield Framework gekippt, das den transatlantischen Datenaustausch regelt. „Dieser ist die Grundlage der gesamten Wirtschaftszusammenarbeit“, sagt Guggenheimer. Dass das Abkommen bereits zum zweiten Mal vom EuGH kassiert wurde, sorge nun für große Unsicherheit unter den Unternehmen. „Das ist mit Sicherheit ein Problem für die Zukunft.“ Daher gelte es, gemeinsam mit den USA eine rechtssichere Lösung zu schaffen.

Europa sollte nicht zwischen die Stühle geraten

Markus Jäger sieht bei der Digitalisierung und im Technologiebereich aufgrund des verstärkten Wettbewerbs zwischen den USA und China die Gefahr einer Entkopplung. Derzeit werden internationale öffentliche Güter vor allem von den USA bereitgestellt. Dazu gehören unter anderem der US-Dollar und das Internet. Diese können in gewissem Maße als Druckmittel verwendet werden – und China wird immer mehr zur Zielscheibe. „Das Land wird daher versuchen, selbst seine Infrastruktur auszubauen und seine öffentlichen Güter zu produzieren – sei es im Digital-, Währungs- oder Handelsbereich“, prognostiziert Jäger. In Teilbereichen müsse man sich daher auf eine Entkopplung einstellen. Für Deutschland und Europa gelte es, nicht zwischen die Stühle zu geraten. Jäger: „Man muss sich so aufstellen, dass man mit beiden Seiten umgehen kann und sich nicht für eine entscheiden muss. Denn das würde für die Europäer wirtschaftlich sehr teuer werden.“

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