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Aktualisiert am 28.01.2020 - 12:15 Uhrin Recht & SteuernLesedauer: 6 Minuten

Verletzte Aufklärungspflichten bei geschlossenen Fonds: „Banken hoffen auf Verjährung“

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DAS INVESTMENT.com: Wie ist die Argumentationslinie der Banken vor Gericht?

Thiel
: Die Banken wenden zumeist ein, die Anleger hätten kraft Erfahrung wissen müssen, dass eine Vertriebsprovision gezahlt wird, sie hätten die Provision dem Verkaufsprospekt entnehmen können und hätten sich auch bei Kenntnis der Zuwendungen für den jeweiligen Fonds entschieden. Diese Argumente halten sämtlich einer rechtlichen Prüfung nicht stand und können unschwer entkräftet werden. Ich selbst verbinde bereits die Begründung der Klage mit der Entkräftung der erwarteten Argumente der Banken und Sparkassen.

DAS INVESTMENT.com
: Gilt die Problematik auch für die Vermittlung von Investmentfonds oder anderen Kapitalanlagen in diesem Zeitraum?

Thiel
: Bei Investmentfonds und anderen Wertpapieren (etwa BW-Anleihen, Genussscheine, Zertifikate) richtet sich die Verjährung noch nach Paragraf 37 a WpHG. Es gilt danach eine kenntnisunabhängige Dreijahresfrist, wobei die Verjährungsfrist exakt nach drei Jahren und nicht am Jahresschluss endet. Sie beginnt bei der Anlageberatung mit dem Erwerb des konkreten Finanzproduktes. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass diese Bankenprivileg nicht gilt und die Ansprüche auch insoweit noch nicht verjährt sind, wenn der Pflichtenverstoß der Bank auf Vorsatz beruht.

DAS INVESTMENT.com
: Wer trägt gabei die Beweislast - Bank oder Anleger?

Thiel
: In Umkehrung der gewöhnlichen Regelung trägt die Bank die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen einer vorsätzlichen Falschberatung. Nach den bislang bekannten Fällen bereitet es einer Bank außerordentliche Schwierigkeiten, das Fehlen einer vorsätzlichen Falschberatung zu beweisen. Im Regelfall berufen sich die Banken auf einen Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum, den sie gleichfalls zu beweisen haben. Das wiederum bereitet außerordentliche Schwierigkeiten, da das erste Kick-Back-Urteil vom 19. Dezember 2000 im Frühjahr 2001 in der Fachpresse wiederholt veröffentlicht wurde.

DAS INVESTMENT.com
: Sie haben sich bereits im Mai in einem Kommentar für DAS INVESTMENT.com darauf festgelegt, dass das BGH-Urteil zwar für Banken, nicht aber auch für den freien Vermittler gelte. Das ist höchst umstritten, es gibt auch anderslautende Gerichtsurteile.

Thiel
: Das ist richtig, aber es fehlt noch zu dieser Rechtsfrage eine BGH-Entscheidung dazu. Beide Auffassungen sind vertretbar. Das Oberlandesgericht Celle hat mit Urteil vom 11. Juni 2009 im Einklang mit meiner Meinung einer Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf freie, bankenunabhängige Berater ausdrücklich abgelehnt. Gegen dieses Urteil wurde die Revision zum BGH zugelassen. Die höchstrichterliche Entscheidung bleibt abzuwarten. Dem konkreten Fall lag ein von einem großen Finanzvertrieb in Niedersachen vermittelter Immobilienfonds zu Grunde. Ich selbst bin nach wie vor überzeugt, dass freie Vermittler insoweit nicht mit den Banken auf eine Stufe zu stellen sind, zumal auch zu berücksichtigen ist, dass die Rechtslage für Banken einerseits und freie Anlageberater andererseits unterschiedlich ist. Banken genossen das Verjährungsprivileg nach Paragraf 37 a WpHG.

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