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Vermasselnde Briten So bewerten Anlage- und Wirtschaftsprofis das Brexit-Desaster

Ifo-Forscher Gabriel Felbermayr

Das Nein der britischen Abgeordneten zum Trennungsabkommen ist absolut nachvollziehbar, weil es das Vereinigte Königreich auf den Status einer Handelskolonie herabstufen würde. Es gewinnt keine handelspolitische Autonomie; zudem wird seine territoriale Integrität in Frage gestellt. Eine aufgewertete Zollunion, in der London mitsprechen kann, in Kombination mit zusätzlichen bilateralen Verträgen nach Schweizer Vorbild, kann die Lösung für die verfahrene Situation sein. Das Vereinigte Königreich sollte aber auch die ökonomischen Realitäten akzeptieren und die großen handelspolitischen Herausforderungen gemeinsam mit der EU angehen anstatt getrennt von ihr. Die EU wiederum sollte mit ihrem politischen Dogma der vier Freiheiten brechen und flexiblere Integrationsmöglichkeiten bieten, die z.B. die Personenfreizügigkeit ausklammern. Dies böte auch Chancen zur wirtschaftlichen Integration weiterer Länder, mit denen eine politische Union aktuell unrealistisch erscheint. Dazu zählen neben der Schweiz die Türkei, Serbien, und in der fernen Zukunft vielleicht sogar die Ukraine oder gar Russland.

Stefan Kreuzkamp, Investmentchef der DWS

So erwartet eindeutig Theresa Mays Niederlage gestern im Parlament war, so offen und vieldeutig bleibt der weitere Brexit-Prozess. Die gestrige Abstimmung brachte keinen wirklichen Fortschritt. Welchen neuen Wurf Theresa May nach überstandenem Misstrauensvotum dem Parlament am Montag genau präsentieren möchte, ist uns ein Rätsel. Ohnehin wird auch dies wieder nur eine weitere Etappe zu einer weiteren Entscheidung darstellen.

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Es bleibt in unseren Augen damit weiterhin alles möglich. Insbesondere auch Neuwahlen, eine Verlängerung der Frist für Artikel 50 oder auch ein zweites Referendum. Wir hoffen zwar zusammen mit der Mehrheit des Marktes weiterhin auf einen geregelten Ausstieg Großbritanniens aus der EU. Doch welcher Weg dorthin führt, bleibt offen und ist in jedem Fall mit weiteren Hürden versehen.

Die Chancen eines harten Brexits halten wir, wenn überhaupt, sogar für gestiegen. Auch wenn die Mehrheit der britischen Mandatsträger bekundet, daran kein Interesse zu haben, wird der Brexit-Prozess weiterhin stark von Parteiinteressen getrieben. Denn eines sollte man nicht vergessen: Der Brexit begann als – schiefgelaufenes – parteipolitisches Vabanquespiel unter David Cameron. Warum sollte er nicht auch so enden? Das bisherige Verhalten der britischen Politiker hat unsere diesbezüglichen Sorgen sicherlich nicht verringert.

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