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Negativzinsen Der Anleihemarkt ist nur noch ein Markt für Profis

Der aktuelle Zins für lange Anleihelaufzeiten signalisiert eigentlich, dass die Eurozone über Jahrzehnte nicht mehr wächst und nur noch Krisen zu bewältigen hätte. Die Inflationserwartung liegt unter Null, also Deflation über einen langen Zeitraum wird eingepreist. Wie hoch muss der Negativzins dann erst in der nächsten Rezession werden?

Nicht unrealistisch, dieses Zukunftsszenario: Der Immobilienkredit kostet keine Zinsen mehr, im Gegenteil, es gibt sogar noch Zuckerl obendrauf. Für Kreditsummen ab 100.000 Euro, die erstklassig besichert sind, liegt die Rückzahlung in zehn Jahren bei 100.000 Euro ohne jegliche Zinslast während der Laufzeit. Da eine laufende Zinszahlung von der Bank an den Kreditnehmer irgendwie nicht geht, wird dem Kunden stattdessen noch ein Konsum-Scheck in Höhe von fünf Prozent der geliehenen Summe geschenkt. Auch vorstellbar: Die Bank verzichtet auf Abschlussprovisionen, wenn für den Kredit im Gegenzug provisionspflichtige Geldanlagen getätigt werden oder schenkt dem Kreditnehmer Versicherungsleistungen.

"Da stimmt doch was nicht!", denken Sie nur vielleicht. Viele Anleger können sich noch gut an Investments in Bundesschatzbriefe oder Bundesobligationen bzw. Bundesanleihen erinnern. Heute gibt es den Privatanleger am Anleihenmarkt quasi nicht mehr. Es ist ein Profimarkt geworden. Dort finden sich Institutionelle, die gezwungen werden Staatspapiere zu kaufen. Spekulanten, die mit Derivaten auf steigende oder fallende Kurse spekulieren und Großkunden, die Alternativen suchen, da ihre Bankguthaben mit Negativzinsen belegt sind. Privatanleger haben da nichts mehr zu suchen.

Spekulation auf Kursgewinne bei Anleihen

Investments werden nicht mehr wegen eines laufenden Ertrages gekauft, sondern nur noch in der Erwartung, zu noch höheren Preisen verkaufen zu können. Wenn die Rendite durch den starken Kursanstieg der Papiere ins Negative rutscht und hohe zweistellige Kursgewinne auf Kalenderjahrebene möglich sind, dann erinnert das an den "Neuen Markt". In diesem Börsensegment, das 1997 eingeführt wurde, vervielfachten sich die Werte junger Unternehmen - um dann größtenteils wieder zu zerbröseln. So wurde der Neue Markt zum Tummelplatz auch für Glücksritter und Hasardeure.

Im Unterschied zum Neuen Markt tummeln sich am Anleihenmarkt nur noch Institutionen und Großanleger. Sie hoffen noch rechtzeitig vor der Zinswende ihre langlaufenden Papiere wieder verkaufen zu können. Der Glaube an die Allmacht der Notenbanken hat den Anleihenmarkt in eine spekulative Übertreibung geführt.

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Auch die Profis wissen, dass sie völlig überteuerte Assets kaufen. Aber sie glauben, diese rechtzeitig zu noch höheren Preisen an andere Investoren weiterverkaufen zu können. Vielleicht liegt man falsch, und beim aktuellen Niveau der Negativzinsen ist noch lange nicht Schluss. Dann läge zwar auch eine Blase bei den Bonds vor, aber mit einem massiven Risikopotenzial. Schnelle Zinsanstiege würden die Stabilität des Finanzsystems gefährden.

Gottfried Urban, Neue Vermögen

Risiko Staatsverschuldung

Was ist, wenn die Staaten nun die Negativzinsen zu vermehrter Schuldenaufnahme nutzten? Das Angebot an Anleihen würde sich erhöhen, was wahrscheinlich die Zinswende bei den Langläufern einläuten könnte.

Bessere Chancen und weniger Risiken ergeben sich in einem solchen Umfeld bei Aktien, wobei das Thema einer Rezession nicht auszuschließen ist. Das Langfristrisiko von Aktien ist derzeit wesentlich geringer als das eines Investments in zehn- oder dreißigjährige Staatsanleihen.

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