Wer hätte gedacht, dass die scheinbar harmlose Frage „Wie halten Sie es mit dem Homeoffice?“ mittlerweile für solche Kontroversen sorgt – und das nicht erst seitdem J.P.-Morgan-Chef Jamie Dimon Protesten gegen Homeoffice eine harte Absage erteilte. Schon zuvor waren in einigen Unternehmen Zweifel aufgekommen, ob Homeoffice wirklich ein Konzept für die Zukunft ist – nachdem kurz nach der Corona-Pandemie es so schien, als würden die wenigsten Mitarbeiter wieder regelmäßig ins Büro zurückkehren.
Im ersten Teil einer exklusiven Umfrage von DAS INVESTMENT hat sich gezeigt, wie die großen Asset Manager in Deutschland mit diesem Thema umgehen. Im zweiten Teil folgten dann die Antworten der Sparkassen. Nach diesen hat DAS INVESTMENT nun für den dritten Teil bei 15 spezialisierten Investmenthäusern nachgefragt. Die Resonanz war hier eher zurückhaltend – lediglich vier spezialisierte Anbieter von Fondsboutiquen über Multi Family Office bis zur digitalen Vermögensverwaltung gewährten Einblick in ihre Remote-Work-Strategien – wobei beachtet werden sollten, dass alle Häuser eine sehr unterschiedliche Ausrichtung haben:
- 7 Orca
- HQ Trust
- Lupus Alpha
- Scalable
Bei der Fondsboutique 7 Orca mit Sitz in Hamburg fällt die Antwort eindeutig aus: „Für 7 Orca ist die interne und externe Kommunikation sehr wichtig. Wir haben als Unternehmen daher das Thema Homeoffice auf ein Minimum beschränkt“, erklärt das Unternehmen.
Deutlich weiter geht Scalable – hier gibt es keine feste Regelung, wie häufig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Büros kommen müssen. Besonders bemerkenswert: Scalable bietet seinen Angestellten zusätzlich bis zu 60 Tage im Jahr die Möglichkeit, vom Ausland aus remote zu arbeiten – ein sogenanntes „Workation“-Modell. Voraussetzung ist lediglich die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen des jeweiligen Landes, eine stabile Internetverbindung und die Gewährleistung der Sicherheitsstandards.
Ähnlich sieht es beim Multi Family Office HQ Trust aus. Das Unternehmen verzichtet bewusst auf formelle Regelungen, weder gibt es eine Betriebsvereinbarung zum Thema Homeoffice, noch eine vorgeschriebene Anzahl an Tagen im Büro. Workation werde grundsätzlich unterstützt, allerdings müssten die konkreten Rahmenbedingungen individuell abgestimmt werden.
Die Homeoffice-Regelungen der Vermögensverwalter im Überblick
Vermögensverwalter |
Mindestpräsenz |
Max. Homeoffice-Tage |
Workation möglich |
7 Orca |
4 Tage/Woche |
1 Tag pro Woche (+ 12 Tage/Jahr für Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung) |
Nein |
HQ Trust |
keine |
keine formelle Regelung |
Ja (individuell abgestimmt) |
Lupus Alpha |
3 Tage/Woche |
46 Tage/Jahr (max. 2 Tage/Woche) |
Nein |
Scalable |
keine |
keine feste Regelung, volle Flexibilität |
Ja (60 Tage/Jahr) |
Unterschiedliche Ansätze bei Büroflächen
Interessanterweise haben fast alle Befragten trotz zunehmender Remote-Arbeit ihre Büroflächen nicht reduziert – im Gegenteil. „Mit der Ausweitung des Homeoffice während der Pandemie haben wir keine Bürofläche abgebaut. Stattdessen haben wir unsere Büros flexibler gestaltet“, berichtet Scalable. Dort wurde das Konzept fester Sitzplätze aufgegeben zugunsten eines Reservierungssystems.
Auch Lupus Alpha hat die Büroflächen nicht verringert, sondern diese „noch attraktiver gestaltet“. Konkrete Beispiele für die Attraktivitätssteigerung seien „eine morgendliche Frühstücksbar in der Mitarbeiter-Lounge, wöchentliche Get-Together-Lunches, Rückzugsorte zum ungestörten Arbeiten und einen großen Fitness-Raum, der rund um die Uhr genutzt werden kann.“
7 Orca geht sogar noch weiter und gibt an, die Büroflächen erweitert zu haben – ein deutliches Statement für die von ihnen präferierte Präsenzkultur.
Recruiting im Wandel
Die Auswirkungen auf das Recruiting sind bei allen Vermögensverwaltern spürbar, werden jedoch unterschiedlich bewertet. Während 7 Orca betont, dass „hoch-spezialisierte und motivierte Mitarbeiter eine Präsenzkultur sehr schätzen“, sieht Scalable klare Vorteile: „Die Möglichkeiten des Homeoffice haben unsere Recruiting-Strategien erheblich beeinflusst. Dank der Flexibilität, die Remote-Arbeit unseren Mitarbeitenden bietet, erhalten wir eine Vielzahl von Bewerbungen von Kandidaten.“
Auch HQ Trust bestätigt, das Remote Work bei ihnen die Möglichkeiten für das Recruiting erweitert habe und sie nun Talente aus einem größeren Talent-Pool ansprechen könnten.
Lupus Alpha wiederum betont, dass sie sich bei der Suche nach neuen Arbeitskräften auf hybride Stellenausschreibungen konzentrieren. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Anwesenheit im Büro. „Ausschließliche Remote-Work-Stellen bietet Lupus Alpha nicht an.“
Kommunikationsherausforderungen in hybriden Teams
Die hybride Arbeitsweise stellt dabei besondere Anforderungen an die Kommunikation – sowohl intern als auch extern mit Kunden und Investoren, da sind sich die Befragten einig. Die Fondsboutiquen setzen hier auf unterschiedliche Strategien. Überwiegend zeigt sich jedoch, dass die interne Kommunikation durch geeignete Tools und regelmäßige virtuelle Meetings zwar gut funktionieren kann, der persönliche Austausch vor Ort aber nach wie vor einen hohen Stellenwert genießt – insbesondere für die strategische Zusammenarbeit und den informellen Wissensaustausch.
Der Koordinations- und Abstimmungsaufwand zwischen Mitarbeitern und Teams wächst jedoch, je mehr remote oder hybrid gearbeitet wird. Besondere Aufmerksamkeit erfordert das Onboarding neuer Mitarbeiter. Hier setzen die befragten Unternehmen auf verschiedene Maßnahmen: Scalable organisiert Onboarding-Tage, bei denen Neuen die Kollegen sowie die Standorte vorgestellt werden sowie gemeinschaftliche Workshops und Teams-Events mehrmals im Jahr. HQ Trust organisiert nach eigener Aussage regelmäßige virtuelle Treffen sowie persönliche Treffen.
Faktenbox: Die befragten unabhängigen Vermögensverwalter im Überblick
Vermögensverwalter |
AuM (in Milliarden Euro, Stand: 2024) |
Mitarbeiter (DE) |
Standorte (DE) |
7 Orca |
21 |
25 |
1 |
HQ Trust |
17 (+40 Mrd. AuA) |
95 |
3 |
Lupus Alpha |
16 |
100 |
1 |
Scalable |
27 |
500 (zu einem sehr großen Anteil arbeiten diese aus Deutschland heraus) |
2 |
Verschiedene Wege können zum Erfolg führen
Die Umfrage zeigt: Vermögensverwalter verfolgen beim Thema Homeoffice unterschiedliche Ansätze – von strikteren Vorschriften bis zu sehr freien Modellen. Das zeigt auch, dass es beim Thema Remote Work keinen Königsweg gibt. Vielmehr scheint der Erfolg davon abzuhängen, ein zur eigenen Unternehmenskultur und den Anforderungen der jeweiligen Tätigkeiten passendes Modell zu entwickeln – und dieses konsequent umzusetzen.
Folgende unabhängigen Vermögensverwalter wurden außerdem angefragt, wollten sich aber nicht an der Umfrage beteiligen (in alphabetischer Reihenfolge):
Acatis, Aramea AM, DJE, Feri, Finvia Capital, Flossbach von Storch, Grüner Fisher Investments, Hartz Regehr, Honestas Finanzmanagement, HRK Lunis, Prime Capital.