Vermögensverwalter Guido vom Schemm warnt „Die Gierphase ist noch nicht zu Ende“
Plötzlich interessieren sich immer mehr Menschen für die Börse. Sie träumen vom schnellen Reichtum durch Aktiengewinne. Um diesem Traum näher zu kommen, wird sogar verstärkt auf Kredit spekuliert. Qualitätsaktien erscheinen Privatanlegern in dieser Börsenphase jedoch zu bieder und träge. Digitale Währungen, wie der Bitcoin, Pennystocks oder in Mode gekommene Cannabis-Aktien versprechen eher den schnellen Gewinn. Die neuen Anleger, meist Personen zwischen 25 und 35 Jahren, haben schlicht Angst, etwas zu verpassen. Wenn diese vermeintlichen Kursraketen mal nicht im Finanzuniversum verglühen.
Investoren und Manager sind aktuell von ihrem Erfolg absolut überzeugt. Dieser emotionale Überschwang zeigt sich vor allem in den Sentimentindikatoren, wie beispielsweise dem für die deutsche Börse relevanten Ifo-Geschäftsklimaindex. Dieser Gradmesser kletterte jüngst auf über 43 Zähler – der beste Wert seit der Jahrtausendwende. Die Münchner Forscher haben knapp 350 Experten aus dem Währungsraum zur Konjunkturentwicklung befragt. Der kräftige Aufschwung dürfte sich laut den Angaben des Ifo-Instituts also fortsetzen.
Ifo-Geschäftsklimaindex
In Amerika ist dies nicht anders. Hier haben zahlreiche Stimmungsbarometer in den letzten Wochen neue Höchststände erreicht. Online-Broker veröffentlichen beispielsweise regelmäßig das Put-Call-Verhältnis ihrer Anleger. Daraus lässt sich ableiten, ob Anleger eher optimistisch oder pessimistisch gestimmt sind. In den ersten Wochen des Jahres 2018 war der starke Optimismus nicht zu übersehen.
Die Massenmedien befeuern die Champagnerlaune, welche anhaltend gute Zeiten an den Finanzmärkten suggerieren soll. Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt jedoch, dass die Stimmung am Ende einer Börsenhausse immer am euphorischsten war.
Dieser berauschende Zustand verleitet Anleger jegliche Vorsicht über Bord zu werfen. Anstatt rational abzuwägen, gewinnt die Gier die Oberhand und die Anlageentscheidungen werden emotionaler. Es entsteht eine Angst, Kursgewinne und den schnellen Reichtum zu verpassen. So wird blind gekauft, was die höchsten Gewinne verspricht. Auf Qualität und Wert wird in dieser Phase nicht geachtet. Ein prominentes Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit ist die Kryptowährung Bitcoin. Im Dezember sprach gefühlt jeder Zweiter über die Chance auf 1000 Prozent Gewinn bei Bitcoins. Der schnelle Reichtum schien so nah, in zahlreichen Fällen wurde sogar auf Kredit gekauft. Der Kurs stieg rasant von 10.000 auf 20.000 US-Dollar an.
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Am Anfang des Jahres 2017 lag der Preis noch bei 1000 US-Dollar. Anfang Februar fiel der Kurs auf 6000 US-Dollar, stabilisierte sich jüngst und notiert aktuell bei 10.000 US-Dollar. Hier dürfte die Mehrzahl der neuen Kryptojünger auf schmerzhaften Verlusten sitzen. Die Kurserholung der letzten Tage zeigt aber eindrucksvoll, dass die „Gierphase“ noch nicht zu Ende ist.
Auch die Aktienanleger wurden jüngst auf den Boden der Realität zurückgeholt. Seit Anfang Februar gab es nämlich eine deutliche Korrektur an den Märkten. Der Dax büßte von seinem Hoch acht Prozent ein, der Dow Jones sechs. Interessant ist, wie schnell die Emotionen auch bei Profis in solchen Phasen umschlagen. Folgende Grafik zeigt, wie viele US-Finanzberater positiv für die Aktienmärkte gestimmt sind. In den letzten zwei Wochen ist eine deutlich Eintrübung zu erkennen.
Anteil der Berater, die positiv auf US-Aktien blicken
in Prozent
Anleger, die nach schnellem Reichtum lechzen, sollten vorsichtig und vor allem realistisch sein. Darüber hinaus sollten sich die Renditeritter auch Gedanken machen, was passiert, wenn die Kurse in die falsche Richtung laufen. Denn die Börse ist keine Einbahnstraße – wer auch noch auf Kredit spekuliert, befindet sich dann auf der Schnellstraße in den finanziellen Ruin.