Vermögensverwalter Joachim Paul Schäfer Warum die gegenwärtige Aktienrally fragil ist
Fast scheint es so, als hätte es die Corona-Pandemie gar nicht gegeben – zumindest nicht an den Aktienmärkten. Der Deutsche Aktienindex Dax notiert schon wieder im Bereich der Marke von 13.000 Punkten und ist nur noch rund 6 Prozent von seinem Allzeithoch von Mitte Februar entfernt. In den USA hat der Nasdaq-100-Index bereits ein Allzeithoch erreicht, der S&P 500 notiert ebenfalls so hoch wie noch nie.
Bekanntlich zählen die Unternehmensgewinne und die Zinsen zu den wichtigsten Einflussfaktoren der Aktienkurse. Zumindest bei den Profiten sieht es derzeit mau aus. In den USA ist die Wirtschaft im zweiten Quartal im Vergleich zu den ersten drei Monaten um 9,5 Prozent eingebrochen, in Japan um 7,8 Prozent. In Deutschland belief sich das Minus sogar auf 10,1 Prozent. Den Vogel schoss jedoch bislang Großbritannien ab. Hier kollabierte die Wirtschaftsleistung in Q2 um sage und schreibe 20,4 Prozent. Damit erlebt das Königreich derzeit die schwerste Rezession seit rund 300 Jahren. Neben Corona entfacht noch der Brexit seine verheerende Wirkung. Die Börsenzeitung nannte die Entwicklung in Großbritannien treffenderweise „Strömungsabriss“.
Corona längst noch nicht im Griff
Mit der weltweiten Rezession implodieren die Gewinne eines Gros der Unternehmen. Restaurants, Hotels, Betreiber von Kreuzfahrtschiffen oder Fluggesellschaften haben erst dann eine Chance auf eine Erholung, wenn es einen Impfstoff gegen Covid-19 gibt. Auch die Autobauer und Chemieunternehmen haben schwer zu kämpfen. Zwar arbeiten weltweit massenhaft Pharma- und Biotech-Unternehmen an der Entwicklung eines wirksamen Vakzins. Doch es wird noch eine Zeit lang dauern, bis es dieses tatsächlich gibt, es in einem ausreichenden Maß produziert wird und Milliarden Menschen auch geimpft sind.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Bis dahin wütet das Virus weiter. Weltweit haben sich derzeit mehr als sieben Millionen Menschen neu infiziert, davon besonders viele in den USA, Brasilien und Südafrika. Das sorgt in den entsprechenden Volkswirtschaften für schwere Schäden.
Spürbar gestiegene Bewertungen
Die stark gestiegenen Aktienkurse und die gleichzeitig massiv unter Druck geratenen Unternehmensgewinne haben bei zahlreichen Firmen die KGVs und andere Bewertungskennziffern in die Höhe schießen lassen. Und Aktien waren bereits vor dem Corona-Crash alles andere als preiswert.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Rally nicht auf breiter Front stattfindet, sondern nur von wenigen Firmen getragen wird. Vor allem in den USA zählen dazu vor allem die Technologietitel und Biotechwerte. So haben fast alle FAANG-Aktien trotz des Corona-Crashs seit dem Jahresanfang zugelegt. Bei Apple und Amazon beläuft sich das Plus (in US-Dollar) sogar auf unglaubliche fast 70 beziehungsweise annähernd 80 Prozent. Das ist allerdings nichts im Vergleich zu Tesla. Die Aktie ist seit Anfang Januar um circa 390 Prozent explodiert. Zuletzt hat der E-Auto-Pionier den Kurs wie auch schon vor Kurzem Apple durch einen Aktiensplit zusätzlich unter Strom gesetzt.