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Vermögensverwalter Johannes Kienzler „Die Autoindustrie wird auf links gedreht“

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Die Kehrseite der Elektromobilität

Der Mobilitätswandel bringt jedoch auch negative Entwicklungen mit sich. Laut einer Studie des Ifo-Instituts gefährden Elektroautos zehntausende Arbeitsplätze bei Automobilzulieferern. Besonders Unternehmen, die Komponenten für herkömmliche Antriebsstränge produzieren, werden in den nächsten Jahren mit zunehmendem Anteil an E-Autos unter Druck geraten. Während bisher der Antrieb inklusive Abgasreinigung den größten Anteil an der Wertschöpfung ausmacht, wird er bei Elektrofahrzeugen nur auf rund 5 Prozent kommen. Demgegenüber liegt hier der größte Wertschöpfungsanteil mit etwa 35 Prozent bei der Batterie.

Zudem gilt die Gewinnung der für die Akkus notwendigen Rohstoffe unter Umweltgesichtspunkten als problematisch. Das gilt für Lithium und noch mehr für Kobalt. Auch das Recycling der Batterien ist noch nicht wirklich geklärt. Zudem ist die Infrastruktur mit Ladesäulen bislang mangelhaft.

Vor diesem Hintergrund scheint eine einseitige Fokussierung ausschließlich auf das Thema Elektroantrieb zu kurz gesprungen. Vielmehr ist damit zu rechnen, dass sich das Thema Mobilität in den kommenden Jahren grundlegend und vielschichtiger verändern wird. Natürlich wird der Elektroantrieb einen größeren Marktanteil und damit auch stark an Bedeutung gewinnen.

Es werden jedoch auch andere Technologien wie synthetische Treibstoffe oder Wasserstoff eine zunehmende Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Hier liegen die Vorteile darin, dass die Speicherung in größerem Umfang beispielsweise durch überschüssige Windenergie gleichzeitig ein weiteres Problem der Energiewende entschärfen kann. Zudem ist das Auftanken der Fahrzeuge deutlich schneller möglich als das Laden der herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus.

Die Autofahrer ändern sich

Nicht zuletzt wird auch der technologische Fortschritt beim autonomen Fahren zu Veränderungen auf der Angebotsseite, aber auch beim Nachfrageverhalten führen. In Deutschland sind derzeit etwa 44 Millionen Autos angemeldet. Damit besitzen zwei von drei volljährigen Bundesbürgern einen PKW. Diese Quote könnte sich in den nächsten Jahren aufgrund veränderter Mobilitätskonzepte grundlegend verändern.

Verschiedene Studien deuten klar darauf hin, dass sich Angebote wie Car- und Bike-Sharing sowie Mitfahrmöglichkeiten wie beispielsweise bei Uber noch stärker durchsetzen werden. Auch der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und die digitale Vernetzung verschiedener Mobilitätskanäle wird dafür sorgen, dass immer weniger Menschen innerhalb der urbanen Zentren ein eigenes Auto für erforderlich halten.

Für die etablierten Automobilhersteller ergibt sich somit eine völlig neue Marktsituation mit verändertem Nachfrageverhalten und völlig neuen, bisher branchenfremden Anbietern. Automobilhersteller und Zulieferer müssen die nächsten Jahre nutzen, um Erträge aus dem klassischen Geschäft in neue Geschäftsfelder und Technologien zu investieren. Unternehmen, die dies konsequent umsetzen und gegebenenfalls auch Kooperationen mit branchenfremden Unternehmen eingehen, haben gute Chancen auch noch in zehn bis 15 Jahren eine gute Marktposition zu behaupten.

Wie immer ist Diversifikation unentbehrlich

Bezogen auf die Wertpapieranlage empfiehlt sich ein breiter Ansatz. Wir investieren derzeit nur sehr begrenzt in klassische Automobilbauer, sondern eher in Unternehmen, die bei den genannten Themenbereichen eine eindeutige Expertise aufweisen. Dies sind oft Unternehmen, die bisher nicht dem klassischen Automobilbereich zugeordnet werden, sondern eher aus dem Dienstleistungs- oder Technologiebereich stammen. Da es sich hierbei neben den großen Big-Data-Unternehmen oft um kleinere stark spezialisierte Technologieunternehmen handelt, ist eine Risikostreuung mit Fonds- oder ETF-Anlagen angebracht.

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