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Vermögensverwalter warnt Aktien sind zu teuer

Börse in New York: Trotz Corona-Krise erreichte der Leitindex S&P 500 im September ein Allzeithoch.
Börse in New York: Trotz Corona-Krise erreichte der Leitindex S&P 500 im September ein Allzeithoch. | Foto: imago images / Rainer Unkel

Die Ertragsperspektiven, bestehend aus Dividenden und erwarteten Kursgewinnen, müssen im Vergleich zu den eingegangenen Risiken somit hinreichend attraktiv sein, um ein Engagement im Aktienmarkt rechtfertigen zu können. Dabei ist bezüglich der Risiken zwischen den bereits bekannten negativen Einflussfaktoren und etwaigen zusätzlichen Gefahrensituationen, die heute nicht absehbar sind, in Zukunft aber durchaus eintreten können, zu unterscheiden. Am gefährlichsten sind in dieser Hinsicht gänzlich unbekannte Risikokomponenten, die es zuvor noch nie gab.

Da es im Portfoliomanagement immer denkbar ist, dass nach dem Erwerb von Wertpapieren neue Risiken auftauchen, die zum Kaufzeitpunkt nicht absehbar waren, muss die Ex-Ante-Rendite-Chance so hoch sein, dass neben den bereits bekannten Risikofaktoren zusätzlich auch noch potenzielle neue Risiken kompensiert werden können. Diese Sicherheitsmarge wird im Fachjargon als Margin of Safety bezeichnet.

Beim Blick auf den amerikanischen, aber auch auf den deutschen Aktienmarkt fällt auf, dass sich viele Notierungen nahe ihrer Tops befinden, während die Firmengewinne aufgrund der Corona-Krise deutlich schrumpfen. Selbst bei sehr optimistischer Betrachtungsweise wird das Ertragsniveau von 2019 wohl frühestens im Jahr 2022 wieder erreicht werden. Zwar nehmen die Aktienbörsen das konjunkturelle Geschehen in der Regel weit vorweg, diesmal ist jedoch eine derart extreme Durchschau – um nicht zu sagen Ignoranz – zu beobachten.

Ein etablierter Bewertungsmaßstab für Aktienmärkte ist das sogenannte Shiller Kurs-Gewinn-Verhältnis, kurz auch CAPE genannt (Cyclically Adjusted Price Earnings Ratio). Bei dieser vom amerikanischen Professor und Nobelpreisträger Robert J. Shiller entwickelten Kennzahl wird eine Glättung der Firmengewinne vorgenommen, indem der Zehn-Jahres-Durchschnittswert verwendet wird (Shiller-KGV = Aktienkurs / durchschnittlicher Gewinn nach Steuern der letzten zehn Jahre).

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Das Shiller-KGV ist zwar nicht geeignet, um kurzfristige Aktienmarktbewegungen anzuzeigen. Es ist aber ein sinnvoller Maßstab, um die mittel- bis langfristigen Return-Perspektiven zu ermitteln. Aktuell liegen wir hier für die Wallstreet bei einem Wert von knapp 30, womit wir uns fast auf dem Niveau von 1929 befinden. Historisch betrachtet war das Shiller-KGV nur ein einziges Mal – nämlich im Jahr 2000 – signifikant höher. Bekanntlich handelte es sich bei 1929 und 2000 jeweils um den Vorabend der größten Baisse-Phasen aller Zeiten.

Ganz offensichtlich ignoriert der Aktienmarkt den größten Wirtschaftseinbruch seit Jahrzehnten oder hat diesen bereits abgehakt, bevor er überhaupt eingetreten ist. Neben den Unsicherheiten hinsichtlich der Dauer und der Tiefe der Rezession bleibt das Thema Covid 19 bis dato noch ohne echte Lösung. Die Infektionszahlen sind in den zurückliegen- den Wochen wieder deutlich angestiegen und wann es einen wirksamen Impfstoff geben wird, steht in den Sternen.

Auch die globalen Handelskriege, das vor der Corona-Pandemie al- les beherrschende Angst-Thema, sind keineswegs vom Tisch, sondern stellen mehr denn je weiterhin schwelende Konfliktpotenziale dar. Somit existieren mindestens drei bekannte ganz elementare Problemfelder, die zumindest derzeit kaum beachtet werden. Etwaige neue Risikofaktoren sind erst recht nicht eingepreist. Die Margin of Safety fehlt beim S&P 500 und beim Dax damit vollständig.

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