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Vermögensverwalter Thomas Wüst Renten-ETFs haben ersten Stresstest gut gemeistert

Medizinisches Personal winkt aus dem Fenster eines Krankenhauses in Vladivostok, Russland: Die Corona-Krise stellte auch Anleihe-ETFs auf die Probe.
Medizinisches Personal winkt aus dem Fenster eines Krankenhauses in Vladivostok, Russland: Die Corona-Krise stellte auch Anleihe-ETFs auf die Probe. | Foto: imago images / ITAR-TASS
Thomas Wüst
Foto: Valorvest

Seit der Umsetzung harter Schutz-Maßnahmen in Verbindung mit der Coronavirus-Pandemie im März 2020 ist an den Anleihemärkten nichts mehr so, wie es vormals war. So war Anfang März sogar das ansonsten äußerst liquide Marktsegment der US-Treasuries plötzlich ausgetrocknet. Die US-Notenbank Fed konnte diesen Brandherd mit der Bereitstellung von Liquidität über ein Anleihekaufprogramm zwar schnell löschen, doch andere Marktsegmente, wie Euro-Unternehmens- oder Schwellenländeranleihen, leiden nach wie vor unter einer nie dagewesenen Dürre. Dieses Umfeld ist die erste richtige Bewährungsprobe für börsengehandelte Indexfonds (ETFs) auf Rentenindizes. Haben sie diese bestanden?

Einige Kritiker von ETFs beantworteten diese Frage negativ, da es während der Krise zum Teil starke Abweichungen zwischen dem Nettoinventarwert („NAV“) eines ETFs und dessen Börsenkurs gab. Doch ist diese Kritik gerechtfertigt? So sind Abweichungen zwischen dem NAV und dem Börsenkurs nicht nur in volatilen Marktphasen üblich. Sie resultieren vielmehr aus der unterschiedlichen Berechnungssystematik beider Größen. So bildet ein Börsenkurs die reale Angebots- und Nachfragesituation innerhalb eines Tages ab, während der NAV nur einmal am Tag – üblicherweise auf Basis der Schlusskurse seiner zugrundeliegenden Assets an der Börse – ermittelt wird.

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Somit werden starke Kursausschläge während des Börsenhandels innerhalb eines Tages von der Berechnung eines NAVs überhaupt nicht erfasst, woraus regelmäßig ein Aufgeld oder ein Abschlag zum Börsenkurs resultiert. Arbitragegeschäfte sorgen in funktionierenden Märkten dafür, dass diese Differenzen relativ überschaubar bleiben.

Doch die Rentenmärkte funktionierten im März nicht mehr. Durch die illiquide Marktsituation kam es zu starken Abschlägen bei den Börsenkursen von ETFs im Vergleich zu deren NAV. Im Unterschied zum Aktienmarkt, an dem üblicherweise ein hohes Maß an Preistransparenz an den Börsenplätzen herrscht, gibt es diese börsliche Preistransparenz am Rentenmarkt in der Form nicht. Denn am Rentenmarkt wird mehr als 90 Prozent des Handels außerbörslich abgewickelt.

Vergleichbar mit dem Immobiliensektor

Fehlt auch diese Orientierungsgröße wie Anfang März, als außerbörslich wie auch an den Börsen so gut wie kein Handel mehr stattfand, mussten die Geld- und Briefkurse an der Börse gezwungenermaßen taxiert werden, was sich auch an einer breiten Geld-Brief-Spanne bemerkbar machte („Spread“). Der Schlusskurs, auf dessen Basis der NAV eines Renten-ETFs berechnet wird, wurde somit auf Basis oftmals umsatzloser Geld-Taxen der im Index enthaltenen Anleihen geschätzt.