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Aktualisiert am 20.03.2020 - 17:43 Uhrin GeldpolitikLesedauer: 5 Minuten

Vermögensverwalter über Epidemie Warum die Aktienkurse trotz Coronavirus steigen

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Zu allererst sind Hotels, Restaurants, Fluggesellschaften und Reiseveranstalter, aber auch Spirituosenhersteller und Casinos in China betroffen. Ladenschließungen im ganzen Land beeinträchtigen den Einzelhandel, der 2018 über 76 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) ausmachte. Doch das ist nicht alles. Die chinesische Regierung rechnet derzeit mit einem Einbruch des Außenhandels in den ersten beiden Monaten des Jahres.

Dabei ist es unter den internationalen Konzernen nicht nur Apple, deren Produktion in China leidet. Zahlreiche internationale Unternehmen haben Vorsorgemaßnahmen getroffen: Airlines streichen Flüge, Autohersteller stoppen die Produktion und Einzelhändler wie Starbucks und Ikea schließen Filialen in China. Viele Unternehmen mussten ihre Produktion bereits einstellen oder zurückfahren, weil es an lokalen Arbeitskräften fehlt. Automobilindustrie und Maschinenbau sind besonders mit der chinesischen Wirtschaft verwoben. Doch überall auf der Welt sind Unternehmen auf chinesische Vorprodukte angewiesen, mit jedem Tag Produktionsstillstand werden die Schäden größer, und die Vorräte werden nicht ewig halten.

Pharma- und Medizinaktien profitieren hingegen vom Ausbruch der Krise. In Erwartung steigender Nachfrage nach Medizin- und Gesundheitsprodukten im Zusammenhang mit der aktuellen und auch mit zukünftigen Epidemien werden Pharmaaktien grundsätzlich positiver bewertet. Langfristig können weltbekannte und breit aufgestellte Klassiker wie Merck, Novartis, Bayer oder auch Roche, die gerade die US-Zulassung für ein Grippemittel für Patienten mit hohem Komplikationsrisiko erhalten haben, profitieren.

Unternehmen wie Drägerwerk, die Produkte im Bereich Atemschutz anbieten, könnten ebenfalls von steigendem Anlegerinteresse profitieren. Vor allem aber kleinere Biotech-und Medizinunternehmen, die sich auf Impfstoffe oder Krankenhaushygiene spezialisiert haben, konnten bereits mit beträchtlichen Kurssteigerungen von der Krise profitieren.

In den Wirtschaftsdaten spiegelt sich die Problematik indes noch nicht so stark wieder. Die EU-Wirtschaft konnte im Februar noch an Fahrt gewinnen und Investoren setzen bereits auf eine Erholung in China, wie der gestiegene dortige Einkaufsmanagerindex jüngst belegt. Dass sich eine Eintrübung auf künftige Wirtschafts- und Unternehmensdaten auswirken wird, ist ohne Zweifel und nur eine Frage der Zeit. Dann könnte noch einmal eine deutliche Korrektur am Aktienmarkt anstehen.

Notenbanken feuern Hausse an

Doch auch wenn sich die Weltwirtschaft im Zuge des Coronavirus verlangsamt, dürften die Aktienkurse langfristig weiter steigen und Investoren die Kurschwächen eher zum Aufbau statt Abbau ihrer Aktienpositionen nutzen. Denn auch wenn es paradox erscheint: Solange sich die weltweiten Notenbanken nicht von ihrer expansiven Politik abwenden, wird mit jeder wirtschaftlichen Beeinträchtigung – egal ob durch Corona-Virus, Nahost-Konflikt oder Handelsbarrieren – die liquiditätsgetriebene Hausse angefeuert.

Dabei wird es zukünftig aber immer wichtiger sein, die richtigen Aktien fürs Portfolio zu selektieren. Wir rechnen 2020 ohnehin mit einem starken Auseinanderklaffen zwischen Börsengewinnern und -verlierern. Der Virus wird diese Entwicklung noch weiter verschärfen. Neben einzelnen situationsbedingten Profiteuren werden vor allem krisenresistente, dividenden- und wachstumsstarke Unternehmen mit einem stabilen Geschäftsmodell bei Investoren gefragt sein.

Über den Autor:
Michael Scholtis ist Vorstand bei der Plutos Vermögensverwaltung.

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