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Vermögensverwalter zur Situation an der Börse Georg von Wallwitz über den August-Crash

Georg von Wallwitz
Georg von Wallwitz
„What if everything is an illusion and nothing exists? In that case, I definitely overpaid for my carpet“, Woody Allen. Die Börse ist nicht zuletzt deswegen ein interessanter Ort, als dort die Grundüberzeugungen immer mal wieder auf Herz und Nieren überprüft werden, ob sie überhaupt noch geglaubt werden. Werden die Überzeugungen in einem Bullenmarkt getestet und halten Stand, so nennt man den Vorgang eine Korrektur. Er geht mit Kursabschlägen zwischen 10 Prozent und 25 Prozent einher. Stellt sich aber heraus, dass das bisherige Weltbild nicht mehr gilt, dass die Umstände sich geändert haben und der Hausse die Basis fehlt, dann ist dies oft der Beginn von etwas finsterem, einem Bärenmarkt. Derzeit sind die wichtigsten Aktien- und Rohstoffmärkte im Korrekturmodus. Der Dax ist so stark gefallen wie seit 2012 nicht mehr, der Dow ist zuletzt im Jahr 2011 über 10 Prozent gefallen. Das bislang gängige Weltbild hat erhebliche Risse bekommen: Die fallenden Ölpreise passen nicht zu einer expandierenden Weltwirtschaft; Schwellenländern wie Brasilien, Malaysia, der Türkei und vor allem China geht die Luft aus – und wo soll das Wachstum in der Welt sonst herkommen?; die amerikanische Zentralbank scheint ernst zu machen mit dem Ende des billigen Geldes; technische Faktoren wie der Umstand, dass DAX und Dow unter ihren 200-Tage-Durchschnitt gefallen sind, ermuntern viele Händler zum Verkauf (ja, vielen Marktteilnehmern reicht das tatsächlich zum Handeln); Chinesische Aktien widersetzen sich den Preisvorstellungen der Regierung und fallen jeden Tag zwischen 4 Prozent  und 8 Prozent . Anselm von Canterbury ist die klassische Feststellung zu verdanken, wonach jeder Erkenntnis ein Glaube zu Grunde liegt: „Denn ich suche nicht zu verstehen, um zu glauben, sondern ich glaube, um zu verstehen.“ Jedes Wissen ist nämlich eine begründete Meinung, aber die Begründung muss wieder eine Begründung haben und diese ebenfalls.
Die Kette der Begründungen kann nicht ewig weiter gehen, und so ist am Ende das Fundament einer jeden Argumentationslinie in einer offenbaren, nicht weiter begründbaren Tatsache oder einer letzten Überzeugung zu finden. Dieses Fundament der Erkenntnis nennt Anselm: Glaube. So verhält es sich aber nicht nur mit religiösen oder philosophischen Überzeugungen, sondern auch mit unserer Lebenswirklichkeit ganz allgemein. Unser Auffassen und Erkennen der Welt ist entscheidend von den Grundüberzeugungen (auf Literaturwissenschaftlerdeutsch: dem Narrativ) abhängig, welche wir haben, bevor wir die Fakten verarbeiten, mit denen wir jeden Tag konfrontiert werden.
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