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Verrat an den Vermittlern BdV-Chef kritisiert Allianz-Leben

Axel Kleinlein, BdV
Axel Kleinlein, BdV
Stellen Sie ich vor, Ihr Job besteht darin, Dinge zu verkaufen. Sie haben bestimmte Anbieter, von denen Sie die Produkte bekommen, die Sie dann an den Endkunden weiterverkaufen sollen. Und ausgerechnet Ihr Anbieter fällt Ihnen in den Rücken und erklärt, dass fast alles, was Sie in den letzten Jahren verkauft haben, eigentlich „sinnlos“ gewesen ist.

Jetzt können Sie nur noch hoffen, dass Ihre alten Kunden nichts davon mitbekommen. Denn natürlich würden die sich ziemlich dumm behandelt fühlen, wenn sie Wind davon bekommen, dass ihnen was Sinnloses angedreht worden ist.

Genau das passiert aber jetzt vielen Versicherungsvermittlern, die in der Vergangenheit gutes Geschäft mit klassischen Lebensversicherungsverträgen geschrieben haben. „Warum hast Du mir eigentlich damals diese klassische Lebensversicherung verkauft, wo doch jetzt selbst der Chef von der Allianz-Leben sagt, dass die eigentlich sinnlos ist?“

Ich beneide niemanden, der sich so einem Gespräch stellen muss

Ich habe noch nicht mitbekommen, wie die Vermittler der Allianz solche Kundengespräche bewältigen. Ich beneide niemanden, der sich diesem Gespräch stellen muss. Die beste Gesprächsstrategie ist in so einem Fall vermutlich, dass dann so getan wird, als würden die heutigen klassischen Tarife deutlich schlechter sein und deutlich schlechter laufen als die alten Angebote.

Das stimmt aber nicht so richtig. Denn gerade die heutigen klassischen Angebote sind zum Beispiel eben bei vielen Unternehmen erheblich kostengünstiger als das, was noch vor zehn oder zwanzig Jahren angeboten wurde. Und die zwar mager erscheinende laufende Gesamtverzinsung ist im Vergleich zur Inflation heute sogar oft besser als es sich in der Vergangenheit darstellt (natürlich noch immer nicht gut, aber immerhin). Das Problem liegt ja nicht in der klassischen Konstruktion mittels Garantiezins, sondern in der unfairen Aufteilung der Gewinne.

Dennoch kann ein Vermittler versuchen, sich im Gespräch mit dem frustrierten Kunden auf diese Erklärungsstrategie festzulegen. In jedem Fall heißt es dann nach einer neuen Devise die Verträge zu verkaufen: „Finger weg von den klassischen Tarifen, die neuartigen Garantien sind die Lösung!“

Haftungsfalle

Klar ist, nachdem selbst der Marktführer vor den klassischen Garantien warnt, muss jeder Vermittler eine Haftungsfalle befürchten, sollte er dennoch solche klassischen Produkte verticken. Wer sich nicht in diese Gefahr begeben will, sollte es also tunlichst vermeiden, solche Produkte zu verkaufen, die klassisch kalkuliert sind. Also besonders für alle Vermittler gilt: „Finger weg von Angeboten, bei denen ein klassischer Garantiezins die Basis für die Kalkulation ist.“

Und jetzt wird es richtig gemein: Denn die Versicherungsunternehmen bieten so etwas in der Lebensversicherung eigentlich gar nicht an! Lautstark wettern sie gegen die klassische Konstruktion. Nimmt man die Angebote aber unter die Lupe, dann münden alle Verträge in einen klassischen Vertrag (ausgenommen ganz, ganz exotische Konstruktionen, die aber keine echte Marktrelevanz haben). Fondsgebundene Verträge? Mehrtopfhybride? Select-Tarife? Neuartige Garantien? Ab dem Rentenbezug läuft alles klassisch. Klassische Kalkulation, klassischer Garantiezins, klassische Kapitalanlage. Alles wie gehabt.

Der schwarze Peter

Eine Abkehr von der klassischen Lebensversicherung findet im Rentenbezug also nicht statt. Das „Sinnlose“ ist also auch weiterhin fester, tragender Bestandteil der Altersvorsorge. Nur wird jetzt der schwarze Peter den Vermittlern in die Hand gedrückt. Die müssen ihren Kunden jetzt erklären, warum die klassische Konstruktion mit Garantiezins vor dem Rentenbeginn Mist ist und danach auf einmal doch wieder gut sein soll.
Das kann aber niemand seinen Kunden erklären.

Die Versicherungsunternehmen haben die klassischen Produkte durch ihre Unternehmenspolitik heruntergewirtschaftet. Jetzt erklären die Versicherer höchstselbst die klassischen Produkte für gescheitert. Echte Alternativen geben sie nicht, denn die Verrentung läuft immer noch klassisch. Die Vermittler stehen mit dem Problem alleine, das den Kunden zu erklären. Ich beneide die Vermittler nicht um diese Aufgabe.

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