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Versicherungsvertrieb Pandemie beschleunigt digitale Assekuranz

Von in Corona-KriseLesedauer: 4 Minuten
Digital Natives: Als Millennials gelten junge Erwachsene, die zwischen 1980 und 1999 geboren wurden und mit dem Internet aufgewachsen sind.
Digital Natives: Als Millennials gelten junge Erwachsene, die zwischen 1980 und 1999 geboren wurden und mit dem Internet aufgewachsen sind. | Foto: Foto von Buro Millennial von Pexels
Joachim Rawolle Capgemini

Verbraucher aller Altersgruppen entwickeln ein sogenanntes „Millennial Mindset“, schreiben die Autoren des aktuell veröffentlichten World Insurance Report 2020 der weltweit tätigen Management- und IT-Beratung Capgemini und Efma, einer globalen Non-Profit-Organisation, die Banken und Versicherungsunternehmen vernetzen soll. Das heißt, die Menschen vertrauen zunehmend der selbständigen Online-Recherche, um sich über Versicherungen zu informieren. Dazu wenden sie sich an nicht-traditionelle Akteure der Assekuranz multinationale Technologiefirmen wie zum Beispiel Google, Amazon und Facebook. Dort suchten die Internetnutzer „innovative, personalisierte Angebote mit einem gesteigerten Kundenerlebnis“.

„Millennial Mindset“ in allen Altersgruppen

Die digitale Begeisterung ist der Studie zufolge auch nicht länger eine Frage des Alters. Für diejenigen, die Zugang zum Internet und zu sozialen Medien haben, sind die Online-Recherche und der direkte Versicherungsabschluss online über alle Generationen hinweg zur Normalität geworden. Der Kundenanteil der bis zum Jahr 1980 Geborenen, die täglich online beziehungsweise mobil Transaktionen wie Einkäufe oder Überweisungen tätigen, hat sich international verdoppelt. Von 30 Prozent der Befragten dieser Generationen im Jahr 2018 ist er auf jetzt 64 Prozent gestiegen. In Deutschland hat dieser Anteil sich im selben Zeitraum auf niedrigerem Niveau fast verdreifacht – von 18 auf jetzt 53 Prozent. Tendenz steigend: „Die Covid-19-Pandemie beschleunigt diese Entwicklungen.“

Vertrauen bei Versicherungen neu verteilt

Die Studie gruppiert die Versicherungskunden nach ihren sozialen Verhaltensweisen und ihren Einkaufsvorlieben in folgende vier Kategorien:

  • Pioniere suchen aktiv in Online-Bewertungen nach Informationen und konsultieren ihre Freunde beziehungsweise Familie, bevor sie ein Produkt kaufen. Sie begrüßen neue Versicherungsangebote und sind bereit, für einen ausgezeichneten Service nach dem Kauf mehr zu zahlen.
  • Neugierige Kunden sind versiert mit sozialen Medien und recherchieren Online-Bewertungen. Sie sind allerdings nur dann bereit, neue Produkte und zusätzliche Dienstleistungen zu einem höheren Preis zu testen, wenn sie darin einen Wert sehen.
  • Experimentierfreudige Kunden sind weder sehr aktiv in sozialen Medien noch sonderlich an einer Beratung durch Familie oder Freunde interessiert – doch sie sind bereit dazu, neue Produkte auszuprobieren.
  • Für Nachzügler ist es unwahrscheinlich, dass sie proaktiv auf Produkt- oder Dienstleistungsinformationen zugreifen, Online-Bewertungen suchen oder Ratschläge von Familie beziehungsweise Freunden einholen. Sie werden auch kaum neue Produkte ausprobieren oder für zusätzliche Dienstleistungen mehr bezahlen.

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Vor ihren Kaufentscheidungen informieren sich die Kunden über mehrere Kanäle: eigene Online-Recherche inklusive Bewertungen, Erfahrungsberichte von Familie und Freunden sowie Ratschläge von Versicherungsmaklern- und vertretern. Doch potenzielle Kunden wünschen sich heutzutage auch besondere Nutzerfreundlichkeit – und nicht-traditionelle Firmen wie die sogenannten Big Techs böten laut Capgemini ein „unübertroffenes Kundenerlebnis“. Das verlocke immer mehr Kunden dazu, neue Anbieter auszuprobieren: Während nur 17 Prozent der Befragten im Jahr 2016 angaben, dass sie den Abschluss einer Versicherung bei einem Big Tech in Erwägung ziehen würden, hat sich die Zahl bis 2020 mehr als verdoppelt (36 Prozent). Deutsche Versicherungskunden sind hierbei deutlich zurückhaltender: Von lediglich 7 Prozent im Jahr 2016 hat sich der Anteil der an einer Big-Tech-Versicherung Interessierten bis zum Jahr 2018 auf 21 Prozent verdreifacht und stagniert seitdem.

„Das heutige wettbewerbsorientierte und sich schnell verändernde Umfeld hat sich durch Covid-19 unumkehrbar fortentwickelt. Die generationsübergreifende Digital-Orientierung und die beispiellosen Auswirkungen der Pandemie zwingen etablierte Versicherer ihre Betriebsmodelle zu transformieren“, sagt Joachim Rawolle, Head of Business Technology Solutions für Versicherungen bei Capgemini. „Am Ende geht es darum, der Versicherer zu sein, der die stark personalisierten Kundenerlebnisse bietet, um mit den BigTechs konkurrieren zu können. Versicherer müssen den Verbrauchern Gründe bieten, damit sie sich von neuen digitalen Versicherungsanbietern nicht abwerben lassen. Neben Zuverlässigkeit kann Individualisierung der entscheidende Grund sein.“

Ökosysteme bieten Daten für den Vertrieb

Laut der Studie suchen viele Verbraucher nach Flexibilität und Benutzerfreundlichkeit, wenn sie sich Versicherungsanbieter genauer ansehen. So wünschen sich beispielsweise 47 Prozent der deutschen Umfrageteilnehmer eine nutzungsbasierte Versicherung, weil sie stark personalisiert ist und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis hat. Aber nur knapp zwei Drittel der Versicherer in Deutschland bietet diese Option an. Und nur 25 Prozent der deutschen Gesellschaften stellen ihren Vermittlern digitale Werkzeuge zur Verfügung, mit denen sie die Lebensereignisse der Versicherungsnehmer – wie Heirat, ein neues Kind oder einen Hauskauf – leichter herausfinden können. Laut der Studie glaubt nur ein Viertel der Versicherer, dass die Einbeziehung externer Daten nützlich sei.

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