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Auf dem Weg zum Netto-Null-Ziel Versorgungsunternehmen können eine wichtige Quelle für „Übergangs-Alpha“ sein

Montage einer Windenergieanlage in Nordrhein-Westfalen
Montage einer Windenergieanlage in Nordrhein-Westfalen: In vielen Fällen haben Energieversorger die Erwartungen hinsichtlich ihrer Übergangspläne erfüllt und mitunter sogar übertroffen. | Foto: Imago Images / Rupert Oberhäuser

Energieversorger stehen wegen ihrer exorbitanten Auswirkungen auf den Klimawandel immer wieder im Mittelpunkt der Kontroverse. Der Sektor ist nicht nur für ein Drittel der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, sondern geriet auch kürzlich in die Kritik, nachdem mehrere Energieunternehmen infolge des Ukraine-Krieges wieder Kohlekraftwerke in Betrieb genommen haben.

Für klimabewusste Investoren könnte das ein Grund sein, Energieversorger aus ihren Portfolios zu verbannen. Das wäre jedoch kontraproduktiv. Solchen Unternehmen Kapital zu entziehen, würde die Erreichung des Netto-Null-Ziels gefährden. Mit der Eliminierung ihrer eigenen Emissionen leisten Versorgungsunternehmen einen entscheidenden Beitrag zur Dekarbonisierung anderer energieintensiver Branchen. Wenn Energieunternehmen ihren CO2-Fußabdruck reduzieren können, dann können es auch ihre Kunden aus der Transport-, Fertigungs- und Baubranche.

Wir sind uns bewusst, dass sich nicht jedes Versorgungsunternehmen voll und ganz dem ökologischen Wandel verpflichtet hat. Doch wir sehen Anzeichen dafür, dass immer mehr Unternehmen dieses Sektors ihre diesbezügliche Verantwortung ernst nehmen. Einige der fortschrittlichsten Versorger unternehmen große Anstrengungen, um ihren eigenen Geschäftsbetrieb zu dekarbonisieren. Viele fahren auch Investitionen in erneuerbare Energien und Stromnetze hoch.

Diese Veränderungen kommen nicht nur der Umwelt zugute. Die Umstellung auf ein CO2-armes Geschäftsmodell kann auch rentabel sein. Versorger, die voll und ganz auf die Dekarbonisierung setzen, können ihre Gewinne erheblich steigern, da die Wachstumsaussichten für erneuerbare Energien immer besser werden. 

Darüber hinaus können Unternehmen, die traditionelle Heizkraftwerke stilllegen, es auch vermeiden, den Wert veralteter fossiler Anlagen abschreiben zu müssen. Daher könnten Versorgungstitel in den kommenden Jahren zu einer reichhaltigen Quelle für „Übergangs-Alpha“ werden. 

Grüne Marschroute

Die Dekarbonisierung des globalen Energiesystems ist für die Welt immens wichtig, da sie in Verbindung mit der Elektrifizierung des Straßenverkehrs und von Gebäuden das Potenzial hat, die globalen Treibhausgasemissionen zu halbieren.

Die Scope-1-Emissionen des Sektors – also die Emissionen, die aus den Aktivitäten der Unternehmen und den Ressourcen, die sie besitzen oder kontrollieren, wie zum Beispiel das von einem Kohlekraftwerk erzeugte Kohlendioxid, stammen – sind für andere Branchen Scope-2-Emissionen, das heißt solche, die aus eingekaufter Energie resultieren.

 

Kauft zum Beispiel ein Autohersteller Strom von einem Energieversorger, entsprechen seine Scope-2-Emissionen den Scope-1-Emissionen des Versorgungsunternehmens. Das bedeutet, wenn Versorger ihre Scope-1-Emissionen aus fossilen Brennstoffen reduzieren, sie gleichzeitig effektiv die Scope-2-Emissionen anderer Sektoren reduzieren.

In vielen Fällen haben Energieversorger die Erwartungen hinsichtlich ihrer Übergangspläne erfüllt und mitunter sogar übertroffen. In Europa hat beispielsweise ein Energieversorgungsunternehmen seinen Anteil an erneuerbaren Energien im Jahr 2023 auf 80 Prozent seiner installierten Nettokapazität bzw. 32 Gigawatt (GW) erhöht, gegenüber 42 Prozent im Jahr 2016 (Grafik 1). Außerdem plant es, die Kohle- und Kernenergieaktivitäten in den kommenden Jahren einzustellen. Spätestens 2030 sollen alle Erträge aus nichtfossilen Quellen erzielt werden.

Grafik 1: Fallstudie, Unternehmen A

Darüber hinaus plant das Unternehmen, bis zum Ende des Jahrzehnts jährlich mehr als 4,5 Milliarden Euro für grüne Projekte auszugeben, indem es Cashflows aus dem operativen Geschäft umlenkt.

Ein großer US-Versorger hat seine Erzeugungskapazität bei erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne in den fünf Jahren bis 2022 mehr als verdreifacht (Grafik 2). Ein gewichteter Durchschnitt von 93 Prozent der geplanten Investitionen in Wachstum (statt in operative Bereiche) – 78 Milliarden US-Dollar –, fließt in den vier Jahren bis 2025 in grüne Projekte, zu denen auch die Batterie- und Wasserstoffspeicherung gehört. Darüber hinaus plant das Unternehmen, alle Scope-1- und Scope-2- CO2-Emissionen bis 2045 ohne zusätzliche Kosten für die Kunden zu eliminieren. Es möchte von der Dekarbonisierung der US-Wirtschaft profitieren, die nach seiner Einschätzung eine Marktchance von 4 Billionen US-Dollar darstellt.

Grafik 2: Fallstudie, US-Versorgungsunternehmen

Ein anderes europäisches Versorgungsunternehmen hat seit 2001 17 Kohle- und Ölheizkraftwerke geschlossen und seine Emissionsintensität gemessen an gCO2/KWh seit 2007 um mehr als zwei Drittel reduziert. Geplant sind zwischen 2023 und 2025 organische Investitionen von 36 Milliarden Euro in die Energiewende. Das Unternehmen geht davon aus, dass sein EBITDA und sein Nettogewinn in den kommenden zwei Jahren um 8 bis 9 Prozent pro Jahr steigen werden.