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Provisionsrückforderungen: Worauf Vermittler achten sollten

Ein ehemaliger Vertreter der Vertriebsorganisation der Ergo, Ergo Beratung und Vertrieb, konnte in einem Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth erreichen, dass er deutlich weniger Provisionen aus Vertragsstornos zurückzahlen muss als zunächst gefordert. Über den Fall berichtet Rechtsanwalt Jens Reichow in einem Blogartikel. Die Kanzlei Jöhnke & Reichow hat den beklagten Vermittler vertreten.
Vermittler sollte fünfstelligen Betrag an Provisionen zurückzahlen
Demnach hatte die Ergo Beratung und Vertrieb von einem ehemaligen Mitarbeiter einen mittleren fünfstelligen Betrag zurückverlangt: Der Versicherungsvertreter, der mehrere Jahre für das Unternehmen tätig gewesen war, hatte für vermittelte Verträge Provisionen im Voraus erhalten. Im Nachgang wurden einige Verträge jedoch storniert – die Ergo verlangte daraufhin die Vermittlungsprovision aus den betroffenen Verträgen zurück.
Die Rückforderungssumme hatte die Ergo in mehreren Schritten ermittelt: Zunächst verrechnete sie das Guthaben, das sich auf einem Stornoreservekonto des Vermittlers befand, mit dem negativen Saldo seines Provisionskontos. Das Stornoreservekonto war als Sicherheit für mögliche Stornofälle angelegt worden. Während der aktiven Zeit des Vermittlers wurde es mit einem Teil der verdienten Provisionen befüllt.
Nach Verrechnung blieb jedoch immer noch eine hohe Summe übrig. Diese forderte die Ergo vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth von ihrem Ex-Mitarbeiter zurück. Dabei wollte die Vertriebsorganisation zunächst nur den Gesamtsaldo einklagen, ohne auf die einzelnen Stornierungsvorgänge detailliert einzugehen.
Bei Stornofällen zählen Details
Aus Sicht der Verteidigung ein Versäumnis: „Wenn wir prüfen, ob ein Vermittler Provisionen zurückzahlen muss, müssen wir uns jeden einzelnen Fall ansehen, in dem ein Kunde seinen Vertrag gekündigt hat“, erläutert Rechtsanwalt Jens Reichow von der Kanzlei Jöhnke & Reichow, die den Vermittler vertrat. „Dabei müssen wir nicht nur nachrechnen, ob die Beträge stimmen, sondern auch untersuchen, ob der Versicherer genug unternommen hat, um zu verhindern, dass Kunden kündigen.“

Hallo, Herr Kaiser!
Denn die weitere Krux in dem Fall: Nachdem der Vermittler bei der Ergo ausgeschieden war, hatte die Vertriebsorganisation ihm keine Mitteilungen über drohende Vertragsstornos mehr zugesendet, auf die er hätte reagieren können. Vielmehr habe man selbst wie geboten nachgearbeitet, behauptete die Ergo vor Gericht.
Welche Maßnahmen ein Versicherer ergreifen muss, um drohende Vertragsstornos abzuwenden, hat Reichow bereits anderweitig erläutert: Als Maßstab gelten die Bemühungen, die der Vermittler selbst betreiben würde, wie das LG Köln in einem Urteil festgestellt hat (Urteil vom 09. September 2005 – Az.: 19 U 174/04 – Rn. 12). Ein einfaches Mahnschreiben an den Kunden zu senden, reiche nicht aus.
Vermittler und Versicherer einigten sich auf Vergleich
Rechtsanwalt Reichow betont somit zwei Umstände, auf die die Verteidigung des beklagten Vermittlers besonders achtete: Jede Rückforderung von Provision aus einer Stornierung muss für sich genommen begründet werden. Zudem sei zu klären, ob der Versicherer ausreichende Maßnahmen unternommen habe, um die drohenden Vertragsstornos abzuwenden.
Im vorliegenden Fall entspannte sich die Situation, als die Anwälte vor der mündlichen Verhandlung Gespräche führten, um einen Vergleich zu erreichen. Reichow berichtet: „Die Ergo war am Ende bereit, sich zu einigen und ihre ursprüngliche Forderung deutlich zu senken." Ein positives Ergebnis für den Vermittler.