Sven Rambau
25.06.2021

Erfolglose Volksaktie Vertrauen in die Aktienmärkte nachhaltig beschädigt

Filiale von T-Mobile US am Times Square in New York
Filiale von T-Mobile US am Times Square in New York: Der Kurssturz hat dafür gesorgt, dass die Aktienmüdigkeit der Deutschen noch heute anhält
© IMAGO / Levine-Roberts

Warum investieren die Deutschen nicht stärker in Aktien, obwohl diese langfristig die besten Renditen versprechen? Dieser Frage sind Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Universität Bonn anhand der Telekom-Aktie nachgegangen. Mit seinen drei Börsengängen Ende der 1990er-Jahre wollte das ehemalige Staatsunternehmen Deutsche Telekom eine zuverlässige Aktie für die breite Bevölkerung anbieten. Schauspieler Manfred Krug warb mit den Worten „die machen das“ für die Volksaktie – ein Engagement, das er heute bereut. Die Resonanz aber war riesig: In Kombination mit dem Hype um den Neuen Markt verdoppelte sich die Aktienquote in Deutschland von 21 Prozent im Jahr 1990 auf knapp 40 Prozent im Jahr 2000.

Die Liebe zur Börse währte jedoch nicht lange: Zu Beginn der 2000er-Jahre schickten Missmanagement und das Platzen der Dotcom-Blase die T-Aktie auf Talfahrt. Viele Kleinanleger mussten herbe Verluste hinnehmen. Das erschütterte nicht nur ihr Vertrauen in den Staat, sondern auch in Aktienanlagen. Und dieses hat sich Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zufolge bis heute nicht erholt

Kleinanleger, die den Kursabsturz damals miterlebt haben, investieren 60 Prozent seltener in Aktien als jüngere Haushalte. „Der Kurssturz hat die Aktienmüdigkeit der Deutschen bis heute verstärkt. Das ist fatal für den langfristigen Vermögensaufbau, vor allem bei der Altersvorsorge“, sagt Studienautorin Chi Hyun Kim von der Universität Bonn.

Trendwende mit Kehrseite

Neugierig geworden?

Dann abonniere unseren Newsletter „Clever anlegen“!
Das Wichtigste zum Investieren, 3x wöchentlich, direkt in dein E-Mail-Postfach.

Neuere Zahlen deuten allerdings eine Trendwende an – steigende Aktienkurse und der leichtere Zugang zum Markt per Smartphone verleiten vor allem jüngere Menschen zum Investieren. Das löse aber nicht das grundsätzliche Problem. „Das steigende Interesse an Aktien ist ein zweischneidiges Schwert“, warnt DIW-Studienautor Alexander Kriwoluzky. „Viele gehen kurzfristig riskante Wetten ein wie bei Gamestop.“

Das Problem: „Scheitern solche Investments, die häufig aus dem Bauch heraus getroffen wurden, ist die Gefahr groß, dass diese Personen auch langfristig nicht mehr auf Aktien für den langfristigen Vermögensaufbau setzen“, ist Kriwoluzky überzeugt.

Er fordert daher: „Die Gefahr von Crashs, wie jüngst bei Wirecard, kann nur durch eine bessere Regulierung und eine strengere Finanzmarktaufsicht verringert werden. Außerdem brauchen wir eine breitere finanzielle Bildung schon in der Schule sowie transparente und allgemeinverständliche Informationen für Kleinanleger. Nur dann können diese ihre Investmententscheidung möglichst rational fundiert treffen.“

Wie hat dir der Artikel gefallen?

Danke für deine Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Nächste Schritte Zur kompletten Übersicht
03 | Investieren und profitieren
...
Vertrauen in die Aktienmärkte nachhaltig beschädigt
Auch interessant
Academy Adventskalender Investieren und sparen: 24 Geldtipps für 2024
Weihnachtszeit ist Geschenkezeit. Dass diese nicht immer nur viel kosten, sondern sich ...
Börsenabenteuer 2023 Vom roten Oktober zum grünen Dezember
An den Börsen bewegen sich Anleger ständig in unruhigem Fahrwasser. In seiner ...
UN-Klimakonferenz 2023 Good COP or bad COP? Warum die Klimawende im Gefangenendilemma feststeckt
Auf der Erde wird es von Jahr zu Jahr wärmer und auf ...
Mehr zum Thema
Erik Podzuweit, Gründer und Co-CEO von Scalable Capital
Balderton Capital steigt ein Neobroker Scalable Capital bekommt 60 Millionen Euro
Scalable Capital hat sich bei einer Finanzierungsrunde 60 Millionen Euro gesichert. Neu ...
Junge Frau parkt ihr Erspartes am Geldmarkt statt auf dem Konto
Tagesgeld ade Das sind die besten Geldmarktfonds und -ETFs für hohe Zinsen
Die ständige Jagd nach den besten Zinsangeboten kann auf Dauer nerven. Denn ...
Schufa-Logo vor einem Schreibtisch mit Tablet, Taschenrechner und Kontoauszügen
Wegweisendes Urteil Europäischer Gerichtshof begrenzt die Schufa-Befugnisse
Ob Mietvertrag, Mobilfunkanbieter, Stromversorger oder Online-Händler: Wer bei der Schufa einen schlechten ...
Jetzt Newsletter abonnieren
Hier findest du uns