Vertriebs-Roundtable „Unsere Industrie denkt immer noch zu wenig vom Kunden her“
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DAS INVESTMENT: Meine Herren, der Fondsvertrieb befindet sich im Umbruch. Digitalisierung, veränderte Kundenerwartungen und regulatorische Anforderungen prägen das Bild. Wie sehen Sie die aktuelle Situation: Was läuft gut, wo drückt der Schuh?
Werner Kolitsch: Die Herausforderungen sind vielfältig. Als aktives Haus spüren wir den erhöhten Margendruck und verstärkten Wettbewerb, insbesondere von kostengünstigen Anbietern, aber wir sind als rein aktiver Player gut positioniert und wir profitieren von unserer sehr umfangreichen Fixed-Income-Expertise, weil Credit nach vielen Jahren wieder im Fokus der Anleger steht. Wir haben in den letzten Jahren unser Geschäft mit Private Assets und institutionellen Investoren ausgebaut, in Deutschland und europaweit in unsere Vertriebsstrukturen investiert und auch auf Beraterseite viel in Schulungen allokiert. Das alles hilft uns, unser Angebot, aber auch unsere Vertriebskanäle zu diversifizieren und dem Markt etwas entgegenzusetzen.
Oliver Morath: Wir haben bei Squad Fonds gerade ein Rekordjahr, dennoch sehe ich die Situation ehrlich gesagt kritischer. Wir können nicht so tun, als wäre das ein großartiges Fondsjahr. Der klassische Fondsabsatz bei den großen Vertriebsbanken ist um 70 bis 90 Prozent in Fremdfonds gegenüber vor zwei Jahren eingebrochen. Als aktiver Manager bringst du die Fonds zwar auf die Empfehlungsliste, aber ob dann wirklich Geld reinkommt, ist eine ganz andere Frage. Überspitzt könnte man sagen: Der klassische Fonds-Vertrieb ist in diesem Jahr kaum existent.
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DAS INVESTMENT: Meine Herren, der Fondsvertrieb befindet sich im Umbruch. Digitalisierung, veränderte Kundenerwartungen und regulatorische Anforderungen prägen das Bild. Wie sehen Sie die aktuelle Situation: Was läuft gut, wo drückt der Schuh?
Werner Kolitsch: Die Herausforderungen sind vielfältig. Als aktives Haus spüren wir den erhöhten Margendruck und verstärkten Wettbewerb, insbesondere von kostengünstigen Anbietern, aber wir sind als rein aktiver Player gut positioniert und wir profitieren von unserer sehr umfangreichen Fixed-Income-Expertise, weil Credit nach vielen Jahren wieder im Fokus der Anleger steht. Wir haben in den letzten Jahren unser Geschäft mit Private Assets und institutionellen Investoren ausgebaut, in Deutschland und europaweit in unsere Vertriebsstrukturen investiert und auch auf Beraterseite viel in Schulungen allokiert. Das alles hilft uns, unser Angebot, aber auch unsere Vertriebskanäle zu diversifizieren und dem Markt etwas entgegenzusetzen.
Oliver Morath: Wir haben bei Squad Fonds gerade ein Rekordjahr, dennoch sehe ich die Situation ehrlich gesagt kritischer. Wir können nicht so tun, als wäre das ein großartiges Fondsjahr. Der klassische Fondsabsatz bei den großen Vertriebsbanken ist um 70 bis 90 Prozent in Fremdfonds gegenüber vor zwei Jahren eingebrochen. Als aktiver Manager bringst du die Fonds zwar auf die Empfehlungsliste, aber ob dann wirklich Geld reinkommt, ist eine ganz andere Frage. Überspitzt könnte man sagen: Der klassische Fonds-Vertrieb ist in diesem Jahr kaum existent.
Herr Prawitz, teilen Sie diese düstere Einschätzung?
Alexander Prawitz: Nein, so schwarzweiß würde ich das nicht sehen. Man muss differenzieren: Richtig ist, der Einzelfondsvertrieb in Deutschland ist seit Jahren eher träge. Das Dachfonds-Geschäft wächst weniger stark, was jeder aktive Anbieter in seinen Absätzen spürt. Das Geschäft mit Banken läuft nach wie vor gut, insbesondere wenn es sparplangetrieben ist. Es kommt zunehmend darauf an, wie diversifiziert man aufgestellt ist, welche Vertriebsunterstützung man den Partnern bieten und ihnen die passende Produktlösung anbieten kann.
Herr Böhmer, Sie vertreten hier ein kleineres Haus. Wie gehen Sie mit diesen Herausforderungen um?
Heiko Böhmer: Für uns ist die Digitalisierung das große Thema. Wir nutzen CRM-Systeme, mit denen wir viele Prozesse automatisieren können. So können wir mit wenig Aufwand unglaublich viel erreichen. Wir sind dadurch digital sehr präsent und aktiv – das wird uns oft gespiegelt. Gerade als kleines Haus müssen wir diese Möglichkeiten nutzen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Digitalisierung scheint also ein Schlüsselfaktor zu sein. Herr Kolitsch, wie sieht das bei einem größeren Haus wie M&G aus?
Kolitsch: Digitalisierung ist in der Tat ein wichtiger Faktor, aber ich würde sagen, es ist nur eines von vielen Themen. Wir müssen natürlich effizienter werden und die verfügbaren Tools nutzen – sei es für Datenanalysen oder für die Kundenansprache. Aber genauso wichtig ist es, die richtige Balance zu finden. Der persönliche Kontakt und die Beratung bleiben entscheidend, gerade wenn es um komplexere Produkte wie Private Assets geht.
Apropos Produkte – welche verkaufen sich denn im Retail gerade gut?
Morath: Das ist der Knackpunkt: Es gibt keinen klaren Favoriten, kein „Winner takes it all“-Produkt, wie wir es in den Vorjahren im Wholesale oft hatten. Selbst große Anbieter beziehungsweise die Platzhirsche der vergangenen Jahre struggeln. Der Absatz zieht nur vereinzelt an. Von den Zuflüssen vergangener Jahre sind wir weit entfernt. Es gibt keinen Fonds, der draußen wirklich die Massen bewegt.
Prawitz: Mischfonds und Themenfonds haben es derzeit schwer, das stimmt. Dafür läuft Credit gut und Rentenfonds profitieren generell von der Zinswende. Auch Absolute Return und globale Mischfonds können punkten, wenn sie einen guten Track Record haben. Aber einfach ist es nicht.
Herr Kolitsch, wie sehen Sie das?
Kolitsch: Es stimmt schon, dass es nicht mehr die eine große Welle gibt, auf der alle reiten. Aber es gibt durchaus Nischen und Spezialthemen, die gut laufen. Ich würde das deshalb etwas differenzierter betrachten. Wir konnten uns 2023 und 2024 gegen den Trend stemmen, auch weil wir in vielen Kanälen und Märkten mit Anleiheprodukten erfolgreich waren. Fixed-Income-Strategien, die wir früher ausschließlich für institutionelle Kunden aufgelegt haben, werden inzwischen auch im Wholesale-Segment stark nachgefragt. Unsere DNA als Credit-Spezialist mit Versicherungshistorie hilft uns da.
Prawitz: Was wir definitiv sehen, ist ein Trend zu privaten Märkten. Das Segment wird sehr gut angenommen. Es zeigt, dass Anleger nach Alternativen suchen, gerade in Zeiten niedriger Zinsen und volatiler Aktienmärkte.
Das Thema Private Markets ist sehr präsent. Wie stehen Sie zur Demokratisierung dieser Anlageklasse?
Morath: Ich bin da noch nicht ganz überzeugt. Wir machen als Industrie oft den Fehler, Themen marketingtechnisch so auszuschlachten, bis die Leute es nicht mehr hören können. Das könnte uns bei der Demokratisierung von Private Markets auch passieren.
Wie meinen Sie das?
Morath: Man suggeriert Privatanlegern eine Liquidität, die eigentlich nicht da ist. Auch die Regulierung der neuen AIFs geht meines Erachtens nicht weit genug.
Kolitsch: Natürlich muss man transparent kommunizieren. Aber ich bin überzeugt, dass Privatkunden langfristig von alternativen Investments profitieren können. Private Markets können ein zusätzlicher Diversifier für das Portfolio sein, weil sie häufig asymmetrische Renditeprofile aufweisen und einen Renditeaufschlag bieten – wegen der höheren Komplexität und in der Regel geringeren Liquidität. Früher konnten sie gar nicht in diese Anlageformen investieren. Die neuen Vehikel schaffen dafür erstmals einen Zugang. Auch der Beratungsbedarf ist hoch - das macht es für Vermittler interessant. Es ist wichtig, dass wir den Kunden die Vorteile, aber auch die Risiken klar kommunizieren. Langfristigkeit muss gewährleistet sein. Ich denke, bei gewissen Anlagestrategien sollten wir von einem Anlagehorizont von 7 bis 10 Jahren sprechen.
Das erfordert sicher auch eine andere Art der Kundenansprache. Welche Rolle spielt dabei das Storytelling?
Böhmer: Storytelling ist enorm wichtig, gerade in der aktuellen Marktphase. Wir haben wenige Titel, die das ganze Geschehen bestimmen. Man muss dem Kunden erklären können, warum man bestimmte Entscheidungen trifft und wie sich das Portfolio von einem einfachen Indexprodukt unterscheidet. Es geht darum, Zusammenhänge darzustellen und klar zu machen, dass ein klassisches Indexprodukt mit starker Gewichtung in Einzeltiteln auch Risiken birgt.
Prawitz: Storytelling ist wichtig, aber es muss authentisch sein. Wir verkaufen ja kein begehrenswertes Luxusgut, sondern ein Finanzprodukt. Der Kunde will damit einen Zweck erfüllen. Gute Storys helfen, zu emotionalisieren und Vertrauen aufzubauen. Aber am Ende muss die Performance stimmen.
Wie wichtig ist die Performance wirklich im Vertrieb?
Morath: Am Ende verkauft die Performance. Nichts anderes. Wir können uns noch so sehr Gedanken über Storytelling machen, aber nach einigen Monaten schauen die Leute auf die Zahlen. Es wird Performance gekauft, die Absatzstatistik zeigt das deutlich.
Kolitsch: Ich denke, es ist eine Kombination. Eine gute Story zur rechten Zeit plus Performance – das macht den Erfolg aus. Nur mit einer guten Geschichte, aber schlechter Performance, wirst du langfristig keinen Erfolg haben.
Kommen wir zum Abschluss noch einmal auf den Vertrieb zu sprechen. Was zeichnet erfolgreichen Vertrieb in der nahen Zukunft aus?
Morath: Eine wirklich schwierige Frage. Du brauchst heute Vertriebler, die ähnliches Know-how haben wie ein Portfoliomanager oder ein guter Private Banker – die aber trotzdem verkaufen können, den Sack am Ende also auch zumachen. Diese Kombination zu finden, ist die große Herausforderung. Es kommt auf Durchhaltevermögen an – und Leidensfähigkeit. Das ist und bleibt eine Kernkompetenz im Vertrieb.
Prawitz: Absolut. Kunden wollen echte Partner an ihrer Seite. Es reicht nicht mehr, abends an der Bar zu stehen. Qualität, Verlässlichkeit und echte Partnerschaft sind entscheidend. Wir sind in einem Langfristgeschäft. Der Kunde, mit dem ich heute arbeite, kann morgen in einer ganz anderen Position sein. Die Branche ist nicht so groß, man trifft sich immer wieder. Wer nur schöne Hochglanzbroschüren verteilt, wird es künftig schwer haben.
Böhmer: Als kleines Haus punkten wir mit der Freiheit, die wir unseren Mitarbeitern geben. Wenn jemand kurzfristig etwas an einer Präsentation ändern will, muss das nicht durch zwei Compliance-Abteilungen. Diese Flexibilität ist ein großer Vorteil. Auch 'rauszugehen und nah bei Kunden und Beratern zu sein, bleibt enorm wichtig, trotz aller Digitalisierung.
Kolitsch: Dem stimme ich zu. Die persönliche Note macht häufig den Unterschied. Ebenso die Fähigkeit, Kundenbedürfnisse ganzheitlich zu verstehen und darauf basierend maßgeschneiderte Lösungen anzubieten.
Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was frustriert Sie am meisten an der aktuellen Situation im Fondsvertrieb?
Morath: Unsere Industrie denkt immer noch zu wenig vom Kunden her. Wir legen Fonds auf, wenn die Performance schon gelaufen ist – das kann ja nicht im Sinne des Anlegers sein. Wer es schafft, wirklich antizyklisch zu arbeiten, wird langfristig mehr Erfolg haben. Aber das traut sich kaum jemand.
Kolitsch: Ich verstehe den Punkt: Als Asset Manager müssen wir noch stärker darauf hinarbeiten, dass der Kunde die Vorteile eines antizyklischen Ansatzes versteht.
Prawitz: Was mich manchmal frustriert, ist die kurzfristige Denkweise, die oft vorherrscht. Wir reden von langfristigen Anlagezielen, aber viele schauen trotzdem auf die Performance der letzten drei Monate. Da müssen wir als Industrie noch besser werden in der Kommunikation.
Böhmer: Für mich ist es die zunehmende Regulierung, die manchmal mehr schadet als nützt. Wir wollen Produkte demokratisieren und allen zugänglich machen, aber die Regulierung macht es oft so kompliziert, dass am Ende nur noch Profis durchblicken.