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Embedded Insurance: Frisches Futter im Versicherungsvertrieb

Luna hat die Schnauze vorn und ist der beliebteste Name – für Hunde. Das geht aus einer Analyse aller Hundeversicherungen hervor, die Herrchen und Frauchen 2022 über Deutschlands größtes Vergleichsportal Check24 abgeschlossen haben. Das Interesse der Münchner für dieses vermeintliche Nischenprodukt kommt nicht von ungefähr: „Tierversicherungen haben in Deutschland lange ein träges Schattendasein geführt“, schreiben die Marktforscher von Nordlight Research.
Sie haben mehr als 1.200 erwachsene Besitzer von Hunden, Katzen oder Pferden ausführlich zu ihren Erwartungen und Wünschen an die Anbieter von Policen für Tierhalter befragt. Demnach plant rund jeder Zweite einen Neuabschluss, und im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn seien die Wachstumspotenziale hierzulande kaum ausgeschöpft.

Am weitesten verbreitet sind Haftpflichtversicherungen, mit denen sich die Tierhalter gegen Ansprüche der Opfer von Personen-, Sach- und Vermögensschäden finanziell absichern können – und teilweise müssen: Die Police ist Pflicht für alle Hundehalter in Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen sowie für bestimmte Hunderassen in neun weiteren Bundesländern. Nur in Mecklenburg-Vorpommern herrscht aktuell keine solche Versicherungspflicht, weder für kleine Kläffer noch für kolossale Kampfhunde.
Darüber hinaus bietet der deutsche Markt für Tierversicherungen laut Nordlight weitere Chancen für die Assekuranz. Sie sollte demnach „Kundenbedarfe besser kennen, adressieren und differenzieren, raus aus der Nische treten. Die Anbieter von Tiernahrung und Tierbedarf haben diesen Weg längst erfolgreich vorgemacht.“
Ökosysteme schaffen
Wie das in der Praxis aussehen könnte, zeigt die Zurich Gruppe Deutschland. Der Kölner Versicherer hat mit Dentolo nach eigenen Angaben das wachstumsstärkste Insurtech-Unternehmen Deutschlands entwickelt. Die 2019 übernommene Berliner Tochtergesellschaft ergänzte ihr Angebot von Zahnzusatz-Policen 2021 auch um Tierkrankenversicherungen.
Unter der Marke Petolo habe man „ein Leistungspaket für Haustiere geschnürt, das den klassischen Versicherungsschutz mit Servicekomponenten aus der Telemedizin verbinden“ solle. „Wir bieten unseren Kunden mehr als nur eine Versicherung. Mit unserem digitalen Angebot des Online-Tierarztes sind wir Vorreiter im Markt“, erklärt der zuständige Zurich-Manager René Billing. Um neue Kundengruppen anzusprechen, setze man auf die „enge Zusammenarbeit mit Content Creators auf Social-Media-Plattformen, insbesondere Instagram und Tiktok“.
Zurich Partner von Fressnapf

„Ein weiterer Treiber war die exklusive Partnerschaft mit der Fressnapf-Gruppe im vorigen Jahr“, sagt Dentolo-Gründer Philipp Krause. Der Krefelder Zoohändler mit allein 923 Märkten in Deutschland ermögliche seinem Kooperationspartner „Schnittstellen für die Kommunikation im Fressnapf-Ökosystem.“
Beim Stichwort Ökosystem denken Biologen an komplexe Zusammenhänge von Flora und Fauna. Manager bei Versicherern benennen so hingegen ihre Kooperationen mit branchenfremden Partnern. Das Ziel: Der gemeinsam geschaffene Wert für die Kunden übersteigt den Wert ihrer einzelnen Services. So können Tierhalter die Petolo-Policen auf der gleichen als sogenannter One-Stop-Shop eingerichteten Internetseite abschließen, auf der sie auch Nass- und Trockenfutter bestellen oder eine Visite beim Online-Veterinär Dr. Fressnapf buchen können.
Steigende Kosten beim Tierarzt
Dieses Angebot für 19,90 Euro pro Beratung erfreut sich wachsender Beliebtheit, denn der klassische Praxisbesuch verteuerte sich mit der seit November geltenden neuen Gebührenordnung für Tierärzte um durchschnittlich 40 Prozent. Aktuell gibt jeder fünfte Hundebesitzer hierzulande mehr als 500 Euro pro Jahr beim Tierarzt aus, zeigt eine Umfrage im Auftrag der Gothaer.
„Erleidet der Hund etwa einen Kreuzbandriss, werden schnell mehr als 2.000 Euro fällig“, erklärt Gothaer-Produktmanager Christian Prachar. „Die Möglichkeiten der Tiermedizin unterscheiden sich inzwischen kaum noch von denen der Humanmedizin.“ Das führe zu höheren Kosten, die auch freigiebig bezahlt würden. Denn „insbesondere Hunde werden oft als vollwertiges Familienmitglied angesehen, das eine genauso gute medizinische Versorgung erhalten soll wie Herrchen oder Frauchen.“

„Als Hund eine Katastrophe, aber als Mensch unersetzlich“, beschrieb beispielsweise der verstorbene Altbundespräsident Johannes Rau Riesenschnauzermischling Scooter, der sein Revier im Schloss Bellevue hatte. Diese vermenschlichte Sicht auf die vierbeinigen Mitbewohner sieht Stefan Knoll inzwischen weit verbreitet. Die 15,2 Millionen Katzen und 10,6 Millionen Hunde in deutschen Haushalten seien „längst vollwertige Familienmitglieder“, so der Chef und Gründer der Deutschen Familienversicherung (DFV).
„Die Absicherung der Vierbeiner ist daher von Emotionen getrieben und tierärztliche Versorgung zur Herzenssache geworden.“ Dies berücksichtige der Frankfurter Direktversicherer bei seiner aktuellen Marketingkampagne zur neuen Police DFV-Tierkrankenschutz. Eine solche Vollversicherung haben derzeit erst 30 Prozent der Hunde- und 23 Prozent der Katzenhalter abgeschlossen.