Umfrage unter Verbrauchern Viele Aktivitäten zur Nachhaltigkeit wirken unglaubwürdig
Auf Nachhaltigkeit will rund jeder Zweite hierzulande auch bei der Risikovorsorge und beim Sparen für den Ruhestand achten: 54 Prozent der 18 bis 69 Jahre alten Entscheider und Mitentscheider beim Abschluss von Versicherungen halten Nachhaltigkeit für wichtig. Damit befindet sich die Assekuranz im Vergleich zu anderen Branchen allerdings eher auf den hinteren Rängen: Bei Lebensmitteln (91 Prozent), Energieversorgung (87) sowie bei Urlaubsreisen (66) beispielsweise kommt dem Thema eine ungleich höhere Bedeutung zu.
Dieses Ungleichgewicht zeigt sich auch anhand konkreter Erwartungen. Generell geben 72 Prozent an, von Unternehmen, bei denen sie Kunde sind, konkrete Maßnahmen zum Schutz von Mensch, Klima und Natur zu erwarten. Zum Vergleich: Der gleichen Aussage – lediglich auf Versicherungsgesellschaften umformuliert (also: „Von Versicherungsgesellschaften, bei denen ich Kunde bin, erwarte ich konkrete Maßnahmen zum Schutz von Mensch, Klima und Natur.“) – stimmen hingegen nur 51 Prozent zu.
Das sind die Ergebnisse des 90-seitigen Schwerpunktberichts „Nachhaltigkeit“ aus dem Kundenmonitor Assekuranz 2021, für den 2.000 Verbraucher befragt wurden. Die Studie erstellten die Analysten der Beratungshäuser Sirius Campus aus Köln und Aeiforia aus Montabaur. Sie fokussieren sich darin auf die Einstellungen und Erwartungen von Versicherungskunden. Die Befragten sollten daneben die Nachhaltigkeitsaktivitäten von Versicherern sowie ihren persönlichen Nachhaltigkeitsbeitrag beurteilen.
Nachhaltigkeit generell positiv
Das Thema Nachhaltigkeit betrifft neben der Versicherungsbranche inzwischen immer mehr Lebensbereiche. Generell sehen 51 Prozent das Thema Nachhaltigkeit positiv. Auf der anderen Seite ist es ein gutes Drittel, welches Nachhaltigkeit auch oder vorwiegend negativ beurteilt. Mit 48 Prozent misst etwas weniger als die Hälfte der Teilnehmer dem Thema Nachhaltigkeit in ihrem Leben grundsätzlich eine hohe Bedeutung bei, während 51 Prozent nur eine mittlere oder gar geringe Bedeutung des Themas angeben.
Präferenz für Nachhaltigkeit
Deutlich wichtiger sind hingegen andere Lebensziele wie zum Beispiel Gesundheit, finanzielle Unabhängigkeit und Zeit für Privates, Sitchwort „Work-Life-Balance“. Betrachtet man alle untersuchten Lebensziele in der Gesamtschau, so zeigt sich, dass die Präferenz von Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein kaum mit anderen Lebenszielen zusammenhängen. Nachhaltigkeit & Umweltbewusstsein ist vielmehr ein eigener unabhängiger Faktor neben Beruf & Bildung, Freizeit & Familie sowie Vorsorge & Gesundheit.
Viele Aktivitäten unglaubwürdig
Hallo, Herr Kaiser!
Ein weiterer Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf einer detaillierten Analyse verschiedener Nachhaltigkeitsaktivitäten von Versicherern. Diese reichen von unternehmensinternen Maßnahmen über produktbezogene bis hin zu externen Maßnahmen, die nur einen geringen Bezug zur Versicherungsgesellschaft oder zu einem konkreten Produkt haben. Besonders gut kommen bei den Befragten die internen Nachhaltigkeitsaktivitäten von Versicherern an.
Vom fairen Umgang mit Mitarbeitern, internen umweltbewussten Arbeiten bis hin zum Lieferantenkodex – mehr als jeder Zweite hält diese firmeninternen Maßnahmen nicht nur für glaubwürdig, sondern auch für wirksam. Den eher schwach eingeschätzten Maßnahmen mangelt es vor allem an Glaubwürdigkeit. Dies betrifft zum Beispiel die Unterstützung sozialer und ökologischer Projekte, das Pflanzen eines Baumes nach einem Vertragsabschluss oder der Verzicht auf Geldanlage in umstrittene Branchen.
Mehr zahlen für Nachhaltigkeit?
Doch auch wenn einzelne Maßnahmen als glaubwürdig und wirksam eingeschätzt werden – nur wenige wären bereit, dies auch mit höheren Beiträgen zu honorieren. Nur 13 Prozent wären bereit, höhere Kosten für das Angebot nachhaltiger Versicherungen in Kauf zu nehmen. Immerhin 16 Prozent würden für die Verpflichtung von Lieferanten und Geschäftspartnern zum nachhaltigen Umgang tiefer in die Tasche greifen. Ähnlich sieht es bei der Präferenz für regionale Lösung in der Schadenregulierung aus.
„Die Versicherungsgesellschaften stehen vor einer schwierigen Herausforderung“, so Christoph Müller, Geschäftsführer und Gründer von Sirius Campus. „Einerseits die immer vernehmlicher werdenden Rufe nach mehr Nachhaltigkeit zu hören und in konkrete zielgerichtete Aktivitäten umzusetzen. Andererseits jedoch auch das Thema nicht überzubetonen, so dass es bei den Kunden als reine Marketingmasche ankommt.“ Hierzu solle die Untersuchung relevante Informationen liefern.
„Die Untersuchungsergebnisse zeigen deutlich, dass die Idee von Nachhaltigkeit allein nicht ausreicht, um das Verhalten der Menschen zu prägen“, ergänzt Martin Gattung, Gründer und Geschäftsführer von Aeiforia. „Nur wenn der Vorteil von Nachhaltigkeit im Alltag erfassbar wird, wird sie als erstrebenswert angenommen. Bei Versicherungsprodukten ist der Vorteil nachhaltiger Produkte noch nicht deutlich genug geworden. Hier gilt es nun, aktiv zu werden.“