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Value, Renditen, Freiheiten „Viele Anleger unterschätzen die Inflationsgefahr“

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Inwiefern?

Przewlocka: Als ich 2006 anfing, waren Multi-Asset-Fonds meist eine ausbalancierte Sache aus Aktien und Anleihen. Seit einigen Jahren schaut man viel stärker in die Anlageklassen hinein. Die Frage lautet nicht mehr einfach nur, ob Sie Rohstoffe haben wollen, sondern welche. Edelmetalle, Energieträger oder etwas anderes? Alles ist kleinteiliger geworden. Man muss Multi-Asset heute viel intensiver bearbeiten als früher.

Das sagen auch andere Mischfondsmanager, versuchen sich im Markt-Timing und scheitern daran.

Przewlocka: Ich bin schon recht lange am Markt tätig und alle meine Fonds sind relativ transparent. Ich habe Werte geschaffen, indem ich Markt-Timing betreibe. Deshalb traue ich mir zu, das auch zukünftig hinzubekommen. Aber um es mal auf eine andere Ebene zu heben, muss ich Ihnen sagen, dass sich doch jeder Fondsmanager im Timing versucht. Bei jeder Frage, wann einer was kauft oder verkauft, geht es darum, den Markt zu timen.

Wie ruhig ist Ihre Hand in Bezug auf einerseits die Asset Allocation und andererseits auf die Positionen in den einzelnen Anlageklassen?

Przewlocka: Wir haben einen Core-Satellite-Ansatz. Der Kern sind unsere strategischen Ansichten, die recht langfristig sind. Mindestens auf Zwölf-Monatssicht oder wesentlich länger.

Das ist nicht das, was ich unter langfristig verstehe.

Przewlocka: Wir müssen realistisch bleiben. Wenn jemand etwas für fünf Jahre vorhersagt, wie wahrscheinlich ist es, dass es auch tatsächlich so eintrifft? Glauben Sie, dass jemand vor 18 Monaten geahnt hätte, dass wir heute im Homeoffice sitzen und es eine tolle Sache ist, abends mal wegzugehen?

Schwer vorstellbar.

Przewlocka: Eben. Wenn Sie ein bis zwei Jahre strategisch sauber abdecken können, dann sind Sie schon sehr gut. Weiter möchte ich mich einfach nicht aus dem Fenster lehnen. Zusätzlich ändern sich aber auch kurzfristig Dinge, auf die wir taktisch flexibel reagieren müssen. Das sind dann Zeiträume von drei bis sechs Monaten.

Wie sieht das dann im Fonds aus?

Przewlocka: Wir fahren zum Beispiel seit September eine durchweg recht hohe Aktienquote. Sie liegt zwischen 40 und den maximal möglichen 50 Prozent. Aber innerhalb dieser Quote haben wir einiges verändert. Wir hatten Energie-Aktien, weil wir recht früh mit steigenden Ölpreisen gerechnet hatten. Außerdem haben wir im Herbst von Wachstums- in Value-Aktien umgeschichtet. In den USA hatten wir Aktien für diskretionären Konsum, weil sie nach der Covid-Krise am schnellsten wieder öffneten. Das haben wir dann aber wieder in denselben Sektor auf europäischer Ebene getauscht. So etwas machen wir durchaus häufiger. Ich kann Ihnen aber keine bestimmte Zahl dazu nennen, weil alles von den Marktgegebenheiten abhängt. Das sind Zusammenhänge, die viele Investoren übersehen, weil sie noch in dem alten, starren Multi-Asset-Modell festhängen.

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