Volker Schilling über aktives Management „Viele Fondsmanager kann ich mühelos durch einen ETF ersetzen“
Volker Schilling, Gründer und Vorstand der Greiff Capital AG, blickt auf eine bewegte Karriere in der Finanzbranche zurück. Im Interview mit DAS INVESTMENT gibt er im Podcast „The Portfolio People“ Einblicke in seinen Werdegang und seine Sicht auf die Fondsbranche.
Die Anfänge: Vom Bankschalter zum Fondsshop
Schillings Karriere begann in den frühen 1990er Jahren bei der Deutschen Bank in München. Doch schon bald wagte er den Sprung in die Selbstständigkeit und gründete einen der ersten Investmentfonds-Shops in Deutschland. „Wir waren so naiv damals zu glauben, wenn wir einen Shop aufmachen mit Fensterfront in der Fußgängerzone, dass dann Menschen reinkommen und sich überlegen: 'Oh, da gibt es Fonds, da kauf ich mir vielleicht welche'“, erinnert sich Schilling schmunzelnd.
Die Realität sah zunächst anders aus. Erst ein Testsieger-Titel der Stiftung Warentest brachte den Durchbruch. „Danach war tatsächlich der Laden voll. Da kamen die goldenen 90er, würde ich mal sagen. Telekom-Börsengang, Technologieblase damals. Die Hütte war voll“, erzählt Schilling.
Die Geburtsstunde von Greiff Capital: Lehren aus der Dotcom-Blase
Die Erfahrungen aus dieser Zeit, insbesondere das Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000, prägten Schillings weiteren Weg. „Ich habe gemerkt, dass es nicht ausreicht, nur gute Fonds zu finden und die miteinander zu kombinieren. Sondern dass es auch darum geht, unterschiedliche Strategien zu finden und sich Gedanken zu machen über das Risiko, das auch in einem Gesamtportfolio schlummert, selbst wenn man es nicht sieht.“
Diese Erkenntnis führte 2004 zur Gründung von Greiff Capital. Der Name, abgeleitet vom Wappentier Baden-Württembergs, steht für Verlässlichkeit und Bodenständigkeit – Werte, die Schilling in der volatilen Finanzwelt hochhalten möchte.
Die Greiff-Philosophie: Aktivität statt Index-Schmuserei
Ein Herzstück von Greiffs Arbeit ist die regelmäßige Analyse von Fondsmanagern. Schilling erklärt: „Wir haben es bis heute in der Fondsindustrie nicht geschafft, eine Definition zu haben: Was ist denn eigentlich ein aktiver Fondsmanager? Wie messe ich denn Aktivität?“
Er kritisiert: „Das ist die große Lüge dieser Fondsindustrie. Ganz viele Fondsmanager sind sogenannte Index-Schmuser, die so nahe am Index arbeiten, dass ich sie eigentlich nahtlos durch einen ETF ersetzen kann. Aber sie werden immer schlechter sein, weil sie Kosten produzieren, und zwar höhere Kosten als ein passives Produkt.“
Die regelmäßig aufgelegte Greiff-Studie zeigt jedoch auch: Bei wirklich aktiv gemanagten Fonds kann sich das Bild drehen. „Dann gibt es Peer Groups, bei denen hast du eine 80-prozentige Chance, einen Fonds zu finden, der den Index dauerhaft schlägt“, so Schilling.
Blick in die Zukunft: KI, Kohle und unbeliebte Sektoren
Auf die Frage nach spannenden Investmenttrends für die kommenden Jahre hat Schilling einige überraschende Antworten parat. Neben dem offensichtlichen Thema Künstliche Intelligenz, das er als „langtragendes Thema“ sieht, nennt er auch unbeliebte Sektoren wie die Kohleförderung.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
„Alles, was mit Kohle zu tun hat, also klassische Steinkohleförderungen, Minen - wenn ich mir die ganzen Unternehmen in Australien oder in Kanada anschaue, dann sehe ich dort, dass die Kurse im Keller liegen“, erklärt Schilling. „Zugleich haben diese Werte Umsätze wie selten zuvor, weil weltweit mehr Kohle verbraucht wird als jemals zuvor.“
Ratschläge für den Branchennachwuchs: Fehler verzeihen und daraus lernen
Für junge Menschen, die in die Finanzbranche einsteigen wollen, hat Schilling einen wichtigen Rat: „Die wichtigste Eigenschaft ist, sich selbst verzeihen zu können. Weil ich kann den jungen Leuten jetzt schon sagen: Ihr werdet Fehler machen. Es lässt sich nämlich nicht vermeiden, es geht nicht anders.“
Er betont die Bedeutung des Lernens aus Fehlern: „Man muss zurückblicken und sich sagen, ich habe damals unter bestem Wissen und Gewissen Entscheidungen getroffen, und diese Entscheidung war falsch. Aber ich verzeihe mir das und versuche heute ein besserer Anleger, ein besserer Investor zu werden.“
Der Universaldilettant: Schillings Selbstbild als Multi-Asset
Auf die Frage, mit welchem Finanzprodukt er sich selbst vergleichen würde, hat Schilling eine interessante Antwort: „Ich würde sagen, ich bin ein klassischer Multi-Asset-Fonds. Denn ich bezeichne mich gerne als Universaldilettant.“ Was zunächst wenig schmeichelhaft klingt erklärt er wie folgt: „Das Wort leitet sich vom Lateinischen ab, es kommt von 'delectare', also „sich erfreuen“. Ich interessiere mich für unglaublich viele Sachen gleichzeitig. Und deswegen dieses Universal und Dilettant. Also ich erfreue mich gleichzeitig an ganz, ganz vielen Dingen.“
Hier gibt es die Episode mit Volker Schilling ...
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Visionen für die Zukunft: Weniger, aber größere Fonds
Zum Abschluss des Gesprächs teilt Schilling seine Vision für die Zukunft der Fondsbranche: „Ich würde mir wünschen, dass wir in der europäischen Landschaft tatsächlich viel mehr große Fonds haben, die nicht so zerklüftet, nicht so kleinteilig unterwegs sind, sondern eine gewisse Qualität einfach haben.“
Er sieht darin Vorteile für alle Beteiligten: "Es würde sowohl den Asset Managern nutzen, die diese Fonds verwalten, als auch den Anlegern, die in diese Fonds investieren, weil wir dadurch einfach ein besseres Kosten-Performance-Verhältnis haben."
Volker Schillings Karriere spiegelt die Entwicklung der deutschen Fondsbranche in den letzten drei Jahrzehnten wider. Seine Einsichten und Visionen zeigen, dass trotz aller Herausforderungen die Branche weiterhin spannende Chancen bietet – für diejenigen, die bereit sind, aktiv zu managen, aus Fehlern zu lernen und stets neugierig zu bleiben.
Exklusiver Sponsor dieser Folge ist Edmond de Rothschild Asset Management
Dieser Podcast enthält Ansichten, Meinungen und Empfehlungen anderer Investment Manager, die nicht die Ansichten von Edmond de Rothschild Asset Management darstellen. Die von Edmond de Rothschild Asset Management geäußerten Ansichten stellen keine Anlageberatung dar, waren zum Zeitpunkt der Aufzeichnung korrekt und können sich ändern. Mehr über Edmond de Rothschild Asset Management erfahren.