Skandal bei Volksbank Düsseldorf Neuss Bafin schickt zweiten Sonderbeauftragten und mahnt
Der Skandal um den spektakulären 100-Millionen-Euro-Betrugsfall bei der Volksbank Düsseldorf Neuss (siehe unten) führt zu weiteren Personaländerungen: Die Finanzaufsicht Bafin hat mit Heiner Arnoldi (61) den zweiten Sonderbeauftragten ins Kreditinstitut beordert. Der erfahrene Bankkaufmann soll sich um Marktfolgethemen kümmern.
Am 15. November hatte die Bafin bereits Michael Horf (51) als Sonderbeauftragten in die Bank entsandt. Damit ist die neue Geschäftsleitung der Volksbank komplett, teilte die Bank mit. Nach Vorstandschef Rainer Mellis hatte auch Vorständin Jessica Jüntgen ihr Amt niederlegen müssen.
Die veruntreute Summe entspricht etwa 7 Prozent der Spareinlagen des Instituts. Bafin-Präsident Mark Branson kritisierte im Handelsblatt nach den jüngsten Skandalen (siehe unten) den genossenschaftlichen Bankensektor: „Einige der Banken sind nicht gut geführt worden und hatten kein gutes Risikomanagement.“
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Der Skandal um den spektakulären 100-Millionen-Euro-Betrugsfall bei der Volksbank Düsseldorf Neuss (siehe unten) führt zu weiteren Personaländerungen: Die Finanzaufsicht Bafin hat mit Heiner Arnoldi (61) den zweiten Sonderbeauftragten ins Kreditinstitut beordert. Der erfahrene Bankkaufmann soll sich um Marktfolgethemen kümmern.
Am 15. November hatte die Bafin bereits Michael Horf (51) als Sonderbeauftragten in die Bank entsandt. Damit ist die neue Geschäftsleitung der Volksbank komplett, teilte die Bank mit. Nach Vorstandschef Rainer Mellis hatte auch Vorständin Jessica Jüntgen ihr Amt niederlegen müssen.
Die veruntreute Summe entspricht etwa 7 Prozent der Spareinlagen des Instituts. Bafin-Präsident Mark Branson kritisierte im Handelsblatt nach den jüngsten Skandalen (siehe unten) den genossenschaftlichen Bankensektor: „Einige der Banken sind nicht gut geführt worden und hatten kein gutes Risikomanagement.“
Skandal bei Volksbank Düsseldorf Neuss – was bisher geschah
Im Mai 2023 soll die Finanzverantwortliche des französischen Modekonzerns Kiabi, Aurélie B., ein Konto bei der Volksbank Düsseldorf Neuss eingerichtet haben. Unter dem Vorwand einer Festgeldanlage überwies sie 100 Millionen Euro dorthin.
Nur wenige Wochen später schaffte es die Beschuldigte, das Geld von der Volksbank Düsseldorf Neuss – ohne ausreichende Prüfung – auf ein Konto der türkischen Nurol Bank transferieren zu lassen. Das Geld verschwand auf wundersame Weise, das Konto wurde kurz darauf geschlossen.
Die Volksbank Düsseldorf Neuss, die sich unter Mellis' Führung als „oldschool“ und besonders vorsichtig bei der Kreditvergabe präsentierte, wickelte die außergewöhnliche 100-Millionen-Überweisung ohne Vorstandsfreigabe ab.
„Der Vorstand greift nicht in operative Vorgänge ein“, erklärte die Bank noch im Oktober. Für die Transaktion soll das Institut rund 300.000 Euro Gebühren kassiert haben.
Wer ist die Millionen-Betrügerin?
Die mutmaßliche Täterin stand zum Zeitpunkt des Vorfalls bereits unter Bewährung. Sie hatte bei ihrem vorherigen Arbeitgeber, der Wirtschaftshochschule Inseec, bereits 750.000 Euro veruntreut.
Für die Überweisung der 100 Millionen Euro nutzte sie offenbar eine gefälschte E-Mail-Domain „@kiabiworldwidetreasury.com“ und soll die Unterschrift der Kiabi-Chefin Elisabeth Cunin gefälscht haben. Ihre Festnahme erfolgte Ende September 2024 nach der Landung eines Privatjets auf Korsika.
Kiabi hat seine ehemalige Buchhalterin wegen des Betrugfalls in den USA verklagt.
Staatsanwaltschaft ermittelt, Vorstand Mellis tritt ab
Für den 58-jährigen Rainer Mellis, der die Bank 20 Jahre im Vorstand und davon 13 Jahre als Vorstandschef führte, bedeutete der Skandal das abrupte Karriereende.
Dabei galt der gebürtige Düsseldorfer als Vorzeige-Banker: Seine Karriere startete er 1985 bei der Sparkasse Oberhausen, nach einer Management-Ausbildung bei der Citibank wechselte er 2002 als Generalbevollmächtigter zur Volksbank Düsseldorf Neuss.
Ursprünglich geholt, um das Institut zu sanieren, stieg er 2004 in den Vorstand auf. Noch im September 2023 wurde er einstimmig zum Präsidenten der Bankenvereinigung Düsseldorf gewählt – auch dieses Amt muss er nun niederlegen.
Bafin erhöht Druck: Horf und Arnoldi kommen
Mit der Entsendung der Sonderbeauftragten Horf und Arnoldi erreicht der Fall bei der Volksbank Düsseldorf Neuss neue Dimensionen.
Der 51 Jahre alte Horf bringt „mehr als 25 Jahre Bankenerfahrung“ mit, davon „allein rund 20 Jahre in verschiedenen Führungspositionen, unter anderem als Marktvorstand der ehemaligen Degussa Bank AG“, wie die Volksbank Düsseldorf Neuss in einer Pressemitteilung mitteilte. Er übernimmt die Aufgaben eines Vorstandssprechers.
Der 61 Jahre alte Arnoldi soll sich vor allem um die Bereiche Risikocontrolling, Firmenkundenfinanzierung und Compliance kümmern. Der promovierte Diplom-Kaufmann war zuletzt Finanzvorstand bei Fleet Company, einer Tochtergesellschaft der VW Financial Services. Zuvor arbeitete er unter anderem fürs Deutsche Oppenheim Family Office, die West LB und die Deutsche Bank.
Nur Timo Zimmermann ist noch übrig
Als einziger aus der ursprünglichen Führungsriege verbleibt Timo Zimmermann, der erst zum 1. Januar 2024 zum Generalbevollmächtigten berufen wurde.
Der gelernte Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann startete nach seiner Ausbildung bei der West LB und Stationen bei der DZ Bank und der heutigen Volksbank Köln Bonn im Februar 2015 als Prokurist bei der Volksbank Düsseldorf Neuss. Dort verantwortete er die Gesamtbanksteuerung und das Controlling.
Bei seiner Berufung lobte Aufsichtsratschef Theodor Leuchten den gebürtigen Neusser als „höchst kompetenten Manager“. Nun soll er gemeinsam mit Sonderbeauftragtem Horf die Bank „wieder in normale Fahrwasser führen“ – so formuliert es die Bank.
Fun Fact: Bei Linkedin hat Zimmermann bislang nur einen Beitrag mit einem „Gefällt mir“ versehen: Als Christian Gervais im Dezember 2024 zum Bafin-Sonderbeauftragten der „Effenberg-Bank“ (siehe unten) ernannt wurde.
Welche Konsequenzen hat der Betrug für die Volksbank?
Für das mittelgroße Genossenschaftsinstitut wäre der Fall existenzbedrohend, wenn es nicht Teil der genossenschaftlichen Finanzgruppe der Volksbanken Raiffeisenbanken wäre.
Mit einer Bilanzsumme von rund 2 Milliarden Euro, einem Eigenkapital von 110 Millionen Euro und einem Jahresüberschuss von lediglich 2,55 Millionen Euro im Jahr 2023 wäre eine vollständige Haftung für die verschwundenen 100 Millionen Euro kaum zu stemmen.
Die Volksbank Düsseldorf Neuss ist zwar kein Branchenriese, aber eine bedeutende Kraft in der Region. Das Institut betreut mit über 300 Mitarbeitern in 22 Filialen rund 25.000 Genossenschaftsmitglieder.
Die nun verschwundenen 100 Millionen Euro entsprechen etwa fünf Prozent der Bilanzsumme – eine Summe, die für eine Bank dieser Größenordnung durchaus bedrohlich sein kann. Mit einem Kundenkredit- und Einlagenvolumen von jeweils rund 1,35 Milliarden Euro versteht sich das Institut als klassische Regionalbank.
Die Bank hat bereits vorsorglich 30 Millionen Euro zurückgestellt und Garantien der genossenschaftlichen Sicherungseinrichtung erhalten. Ob die Volksbank Düsseldorf Neuss für das verschwundene Geld haften muss, ist bislang unklar.
Parallel zu den Maßnahmen der Bafin führt der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken „bereits auf eigene Initiative eine Sonderprüfung durch, um die Vorkehrungen der Volksbank Düsseldorf Neuss auf ihre Funktionsfähigkeit hin zu überprüfen“, teilte die Volksbank mit.
Weitere Volksbank-Skandale kratzen am Image
Der Fall der Volksbank Düsseldorf Neuss reiht sich ein in eine besorgniserregende Serie von Vorfällen im genossenschaftlichen Bankensektor. Allein in diesem Jahr musste der Bundesverband der Deutschen Volksbank und Raiffeisenbanken (BVR) bei drei Instituten mit dreistelligen Millionenbeträgen einspringen.
„Wir screenen alle der Sicherungseinrichtung angeschlossenen Banken stetig und proaktiv“, zitiert das Handelsblatt den BVR: „Wenn wir warnende Hinweise haben, gehen wir dem sofort nach.“
VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden – die „Effenberg-Bank“
Die Bafin-Intervention bei der Volksbank Düsseldorf Neuss ist erst der zweite Fall überhaupt, in dem die Finanzaufsicht einen Sonderbeauftragten in eine Volksbank entsendet. Der erste Fall betraf die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden – auch bekannt als „Effenberg-Bank“.
Dort investierte der ehemalige Chef Stefan Siebert in Bison-Weideflächen, Rotlichtimmobilien und eine Wasserquelle in der Mönchsrepublik Athos.
Die Kosten für den Bankenverband könnten bis zu 500 Millionen Euro betragen. Siebert musste erst Ende 2023 nach massivem Druck von Bafin und Verband seinen Posten räumen.
Volksbank Dortmund-Nordwest – Millionenverluste mit Immobilienfonds
Als „Musterschüler“ galten lange die Vorstände der Volksbank Dortmund-Nordwest, Armin Schwarze (64) und Stephan Schäffer (56). Doch dann investierten sie ein Viertel ihrer 1,1-Milliarden-Euro-Bilanzsumme in zwei Immobilienfonds – teilweise hedgefondsgleich gehebelt über Kredite.
Die steigenden Zinsen und fallenden Immobilienpreise führten zu Verlusten von 134 Millionen Euro. Nicht einmal das komplette Eigenkapital der Bank hätte das Loch stopfen können. Beide Vorstände wurden entlassen, nun steht eine Notfusion mit der Dortmunder Volksbank an, berichtet das Manager Magazin.
Haben die VR-Banken ein strukturelles Problem?
Allein diese drei aktuellen Fälle könnten den Sicherungsfonds der Volksbanken zwischen 500 und 700 Millionen Euro kosten. Laut BVR soll der Notfallfonds mit 4,6 Milliarden Euro „sehr gut gefüllt“ sein.
Was beim Fall der Volksbank Düsseldorf Neuss besonders aufhorchen lässt: Anders als bei den Skandalen in Bad Salzungen und Dortmund geht es nicht um riskante Investments, sondern um grundlegende Fragen der Transaktionskontrolle. Eine vorbestrafte Buchhalterin konnte mit gefälschter E-Mail-Adresse und Unterschrift eine Summe überweisen, die 7 Prozent der Spareinlagen entspricht.
Die parallel laufenden Sonderprüfungen von Bafin und Bankenverband dürften die internen Kontrollmechanismen der Volksbanken grundsätzlich auf den Prüfstand stellen. Manche Insider sprechen von einem strukturellen Problem, das auf dem „Alte-weiße-Männer-Syndrom“ gepaart mit „Größenwahn“ basiere.
Bafin-Boss Branson drückte sich vorsichtiger aus, mahnte aber: „Die sorgfältige Auswahl des Führungspersonals ist extrem wichtig.“