Bank-Vorstand Alexander Eberan
Der Brexit-Schaden für alle ist bereits eingetreten
Alexander Eberan: Der Marktexperte ist Vorstand beim österreichischen Bankhaus Krentschker, einer Unternehmenstochter der Steiermärkischen Bank und Sparkassen. Foto: Bankhaus Krentschker
Auch wenn momentan alles gebannt auf die Entwicklung rund um den Brexit blickt, so wird die EU wohl gut daran tun, sich möglichst bald mit den schwerwiegenden Folgen des Austritts der Briten aus der Europäischen Union auseinanderzusetzen.
Mit Ausscheiden Großbritanniens, der zweitgrößten Volkswirtschaft der EU, reduziert sich das Bruttoinlandprodukt (BIP) der Europäischen Union (EU) um beachtliche 17,3 Prozent und die Machtverhältnisse werden sich im Rat der EU zugunsten der südlichen Länder, deren Haushaltsdisziplin zu wünschen übrig lässt, verschieben. Auch im EU-Parlament werden finanzschwache Staaten an Einfluss gewinnen und die EU wird sich rascher in Richtung Schuldenunion entwickeln.
Niedrige Zinsen
Eine der augenfälligsten Auswirkungen: Bei den kurzfristigen Zinsen sei für einen längeren Zeitraum keine Erhöhung zu erwarten – zum Leidwesen vieler Sparer. An den mageren Renditen sicherer Staatsanleihen...
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Mit Ausscheiden Großbritanniens, der zweitgrößten Volkswirtschaft der EU, reduziert sich das Bruttoinlandprodukt (BIP) der Europäischen Union (EU) um beachtliche 17,3 Prozent und die Machtverhältnisse werden sich im Rat der EU zugunsten der südlichen Länder, deren Haushaltsdisziplin zu wünschen übrig lässt, verschieben. Auch im EU-Parlament werden finanzschwache Staaten an Einfluss gewinnen und die EU wird sich rascher in Richtung Schuldenunion entwickeln.
Niedrige Zinsen
Eine der augenfälligsten Auswirkungen: Bei den kurzfristigen Zinsen sei für einen längeren Zeitraum keine Erhöhung zu erwarten – zum Leidwesen vieler Sparer. An den mageren Renditen sicherer Staatsanleihen – zum Beispiel aktuell für zehnjährige deutsche Staatsanleihen rund 0 Prozent oder für zehnjährige österreichische Bundesanleihen rund 0,3 Prozent - werde sich in absehbarer Zeit wenig ändern. Gleichzeitig wird das Risiko hoch verschuldeter Staaten wie Italien (Rendite zehnjähriger Staatspapiere aktuell rund 2,55 Prozent) nur mehr teilweise durch einen Aufschlag zu sicheren Anleihen abgegolten, weil viele große Anleger Renditen suchen.
Inhomogenität der EU
Die Inhomogenität der EU zeigt sich auch an den unterschiedlichen Problemen der einzelnen Staaten: In Deutschland sind die Arbeitskosten stark gestiegen. Frankreich hat zunehmend politische Spannungen zu bewältigen beziehungsweise ein Haushaltsproblem. In den Niederlanden steigt die private Verschuldung, während die Politik in Belgien von der demografischen Entwicklung beeinflusst wird. Irlands Wirtschaft leidet unter dem Brexit und Spanien weist eine hohe Arbeitslosenquote auf. Am ungünstigsten ist die Situation in Italien, wo gleich mehrere Faktoren belasten: hohe Gesamt- und Neuverschuldung, hohe uneinbringliche Kreditforderungen sowie eine geringe Produktivität.
Berücksichtigt man auch noch die Rahmenbedingungen außerhalb der EU – etwa das Hegemoniestreben Chinas, die Handelspolitik der USA oder die abgeschwächten globalen Wachstumsaussichten – kann man nur hoffen, dass die künftigen politischen Fraktionen nach den Wahlen zum EU-Parlament (23. bis 26. Mai 2019) im Sinne Europas Kompromisse finden werden. Die nachfolgende Zusammenstellung der wichtigsten EU-Netto-Zahler sowie -Empfänger samt ergänzenden Informationen (nur Euroraum) erläutert die Inhomogenität sehr eindrucksvoll:
Brexit: Schaden für alle bereits eingetreten
Unabhängig davon ob es einen „Hard Brexit“ am 12. April (GB-Premierministerin May hat um Fristverlängerung bis 22. Mai gebeten), einen „Brexit“ am 22. Mai oder „No Brexit“ und eine Teilnahme an der EU-Wahl geben wird, hat die Vorgangsweise der Verhandler auf beiden Seiten die zukünftige Zusammenarbeit zwischen der EU und Großbritannien schwer belastet. Der Schaden ist bereits jetzt groß.
Großbritannien bekommt die wirtschaftlichen Folgen, etwa wegen der Abwanderung von Arbeitsplätzen, bereits zu spüren. Währenddessen hat die EU offenbar nicht verstanden, dass sich der Integrationsprozess in einer Krise befindet, auch wenn nach außen hin Einigkeit demonstriert wurde. Im Zuge des Brexit wurde aus Furcht vor einer Gefährdung der Institution EU auch kaum über wirtschaftliche oder demokratische Verluste innerhalb der EU diskutiert.
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