Bantleon-Chefvolkswirt Daniel Hartmann
Die Zinserhöhungen der EZB kommen spät und dürften schnell vorbei sein
Daniel Hartmann ist Chefvolkswirt bei Bantleon. Foto: Bantleon
Es ist gar nicht so einfach, die aktuellen EZB-Aussagen zu steigenden Zinsen zu deuten. Wann steigen sie denn nun? Und welcher Leitzins wäre eigentlich wirklich angemessen? Bantleon-Chefvolkswirt Daniel Hartmann erklärt die Lage.
Der bedeutendste Schwenk zeichnet sich indes bei der Lohninflation ab. Sie hat Ende 2017 den Tiefpunkt überwunden und dreht seit Anfang 2018 nach oben. Nicht zuletzt haben die deutschen Tarifabschlüsse diesen Prozess weiter vorangetrieben (vgl. Abb. 7). Den davon ausgehenden Kostendruck werden die Unternehmen in den nächsten Quartalen zunehmend auf die Verbraucher überwälzen. Wir prognostizieren daher einen Anstieg der Kerninflation im kommenden Jahr auf durchschnittlich 1,5 Prozent.
Mit anderen Worten: Die EZB sollte Mitte 2019 ihrem Inflationsziel schon recht nahe sein. Gleichzeitig wird die Arbeitslosenrate auf die Rekordtiefststände von Ende 2007 zulaufen (7,3 Prozent). Negativzinsen...
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Der bedeutendste Schwenk zeichnet sich indes bei der Lohninflation ab. Sie hat Ende 2017 den Tiefpunkt überwunden und dreht seit Anfang 2018 nach oben. Nicht zuletzt haben die deutschen Tarifabschlüsse diesen Prozess weiter vorangetrieben (vgl. Abb. 7). Den davon ausgehenden Kostendruck werden die Unternehmen in den nächsten Quartalen zunehmend auf die Verbraucher überwälzen. Wir prognostizieren daher einen Anstieg der Kerninflation im kommenden Jahr auf durchschnittlich 1,5 Prozent.
Mit anderen Worten: Die EZB sollte Mitte 2019 ihrem Inflationsziel schon recht nahe sein. Gleichzeitig wird die Arbeitslosenrate auf die Rekordtiefststände von Ende 2007 zulaufen (7,3 Prozent). Negativzinsen gehören in einem solchen Umfeld endgültig der Vergangenheit an. Wir erwarten daher, dass die EZB den Leitzins nicht nur in Schritten zu 10 Bp, sondern zu 20 Bp (bzw. ab 0,00 Prozent um 25 Bp) anhebt. Ausserdem sollte sie mindestens im 3‑Monats-Rhythmus agieren, sodass Ende 2019 0,00 Prozent erreicht sein könnten. Bis Mitte 2020 ist dann eine Erhöhung auf 0,50 Prozent möglich.
Dem Leitzinserhöhungszyklus dürfte schon bald die Luft ausgehen
Je weiter der Blick allerdings in die Ferne schweift, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Weltwirtschaft von einem kräftigen Abschwung erfasst wird. Die USA würden 2020 in das elfte Jahr des Aufschwungs gehen. Bereits jetzt sind dort indes die Kapazitäten gut ausgelastet und am Arbeitsmarkt herrscht Überbeschäftigung. Das Gemisch aus Überhitzung, hoch bewerteten Aktienmärkten und einer immer strafferen Geldpolitik wird irgendwann implodieren und die Weltwirtschaft mit nach unten ziehen.
In Anbetracht dessen spricht vieles dafür, dass die EZB in diesem Leitzinserhöhungszyklus nicht einmal die 1,00 Prozent-Marke erreicht. Auf den nächsten Abschwung kann sie damit kaum reagieren (in den zwei vergangenen Rezessionen wurde der Leitzins um 275 bis 300 Bp reduziert). Es sei denn, die Leitzinsen werden noch tiefer als -0,40 Prozent gesenkt und/oder die Wertpapierankäufe erreichen schwindelerregende Höhen. Ersteres wird aber vor allem die Banken in noch grössere Schwierigkeiten bringen und Letzteres ist technisch kaum umsetzbar.
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