Die „hanseatische Liga“
Sowohl politisch wie auch spieltheoretisch bemerkenswert ist aktuell das koordinierte Auftreten einer Gruppe kleinerer, überwiegend nördlicher EU-Mitgliedsländer: Diese haben sich, unter Führung der Niederlande, zur sogenannten „Hanseatischen Liga“ zusammengeschlossen und tragen gegenüber EU und EMU zunehmend resolute Bedenken vor. Die Kritik richtet sich vor allem gegen aktuelle Versuche der EU-Kommission, die Währungsunion faktisch in eine „Transferunion“ zu verwandeln, in der starke Länder dauerhaft Transferzahlungen an andere zu leisten hätten.
Interessanterweise entspricht die Zusammensetzung der „Hanseatischen Liga“ exakt dem typischen Schema von Ländern...
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Die „hanseatische Liga“
Sowohl politisch wie auch spieltheoretisch bemerkenswert ist aktuell das koordinierte Auftreten einer Gruppe kleinerer, überwiegend nördlicher EU-Mitgliedsländer: Diese haben sich, unter Führung der Niederlande, zur sogenannten „Hanseatischen Liga“ zusammengeschlossen und tragen gegenüber EU und EMU zunehmend resolute Bedenken vor. Die Kritik richtet sich vor allem gegen aktuelle Versuche der EU-Kommission, die Währungsunion faktisch in eine „Transferunion“ zu verwandeln, in der starke Länder dauerhaft Transferzahlungen an andere zu leisten hätten.
Interessanterweise entspricht die Zusammensetzung der „Hanseatischen Liga“ exakt dem typischen Schema von Ländern („klein, aber wirtschaftlich stark“), die auch in früheren Währungsunionen meist als Erste ausgetreten sind und so letztlich deren Scheitern herbeigeführt haben. Somit sollte sehr genau beobachtet werden, ob und wie diese Gruppe (faktisch ein „neuer Spieler“) den weiteren Entwicklungspfad und damit auch das spieltheoretisch relevante Spielfeld von EU/EMU beeinflusst.
Ausstieg aus der QE-Politik
Auch im „Spielaufbau“ der EMU wird sich bereits Ende 2018 eine deutliche Veränderung vollziehen: Der angekündigte Ausstieg der EZB aus ihrer bisherigen „QE-Politik“ (massive Käufe von Staatsanleihen) reduziert den bisherigen „free lunch“ in der EMU und erhöht die Kosten der EMU-Teilnahme, speziell für „schwache“ (also hoch verschuldete) Länder.
Als Konsequenz könnte dies zu einem „Umkippen“ bisheriger Risikokalküle führen, speziell bei „schwachen“ Spielern wie Italien sowie „starken“ Spielern wie Deutschland. Deutschland müsste wieder stärker auf die Einhaltung der „Spielregeln“ pochen, während sich für Italien der Anreiz zu einem gefährlichen „Game of Chicken“ erhöhen würde.
Da Italien nicht nur die höchsten Staatsschulden in Europa hat, sondern zusätzlich anderen Mitgliedern – insbesondere Deutschland – noch rund 490 Milliarden Euro an negativen Target-Salden schuldet, könnte eine solche Drohkulisse im Ernstfall kaum ignoriert werden. Sollte Italien 2019 ernsthaft ein „Game of Chicken“ beginnen, dürfte dies Politik und Finanzmärkte massiv unter Druck setzen.
Fazit aus Sicht der Spieltheorie
Die Europäische Währungsunion ist derzeit ein widersprüchliches, komplexes und zunehmend fragiles Gebilde, das mit traditionellen Methoden der ökonomischen Analyse nur noch sehr begrenzt erklärbar oder gar in seiner weiteren Entwicklung prognostizierbar ist.
Ein signifikanter Erkenntnisgewinn lässt sich jedoch durch Anwendung spieltheoretischer Verfahren erzielen. Auf Grundlage spieltheoretischer Modelle und Betrachtungen können viele der internen Konflikte und scheinbaren „Anomalien“ innerhalb der EMU sehr plastisch herausgearbeitet werden.