Volkswirte Henning Vöpel und Jörn Quitzau
Zwischenruf zur Reform des Profifußballs
Aktualisiert am 03.03.2021 - 14:16 Uhr
Henning Vöpel, Direktor und Geschäftsführer des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) Foto: HWWI
Die Bereitschaft für Reformen scheint angesichts der zum Teil existenzbedrohenden Krise des deutschen Fußballs aktuell hoch zu sein. Henning Vöpel, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), und Jörn Quitzau, leitender Volkswirt bei der Berenberg Bank in Hamburg, präsentieren ihre Reformideen.
Um künftige Einnahmeausfälle besser abfedern zu können, wären höhere Eigenkapitalpolster der Klubs wünschenswert und gegen eine erneute Systemkrise könnte ein kapitalgedeckter Sicherungsfonds aufgelegt werden – idealerweise gespeist aus einem Teil der TV-Gelder.
Eine solche Lösung würde nicht nur den Profifußball krisenfester machen, sondern würde auch zu etwas mehr Bodenhaftung führen: Durch einen Sicherungsfonds würde ein Teil des Geldes dem Geldkreislauf entzogen, was mäßigend auf den Anstieg der Spielergehälter wirkt. Zudem könnten etwaige Erträge aus der Anlage des Fondsvermögens für soziale Zwecke zur Verfügung gestellt werden – gegebenenfalls für Projekte mit Fußballbezug. Die...
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Um künftige Einnahmeausfälle besser abfedern zu können, wären höhere Eigenkapitalpolster der Klubs wünschenswert und gegen eine erneute Systemkrise könnte ein kapitalgedeckter Sicherungsfonds aufgelegt werden – idealerweise gespeist aus einem Teil der TV-Gelder.
Eine solche Lösung würde nicht nur den Profifußball krisenfester machen, sondern würde auch zu etwas mehr Bodenhaftung führen: Durch einen Sicherungsfonds würde ein Teil des Geldes dem Geldkreislauf entzogen, was mäßigend auf den Anstieg der Spielergehälter wirkt. Zudem könnten etwaige Erträge aus der Anlage des Fondsvermögens für soziale Zwecke zur Verfügung gestellt werden – gegebenenfalls für Projekte mit Fußballbezug. Die Liga würde damit die Produktion eines kollektiven Gutes stärken: nämlich das positive Image der Liga.
Investitionswettlauf
Zu den unveränderlichen Eigenschaften des Wettkampfsports gehört das Streben nach größtmöglichem sportlichem Erfolg. Im Ligasport führt dies zu einem Positions- bzw. Verdrängungswettbewerb zwischen den Klubs. Daran lässt sich nichts ändern und daran sollte auch nichts geändert werden. Denn letztlich geht es im Sport darum, die beste bzw. erfolgreichste Mannschaft zu ermitteln.
Da der Wettbewerb um die besten Tabellenplätze ein konstitutives Merkmal des Ligasports ist, werden die Klubs immer versuchen, sich durch Investitionen in die Qualität des Spielerkaders zu verbessern. Allerdings verstärkt die finanzielle Anreizstruktur den Investitionswettlauf, was in den vergangenen Jahren zu einem regelrechten „Wettrüsten“ geführt hat (in der Sportökonomie als „Rattenrennen“ bekannt). Die platzierungsabhängige Verteilung der Fernsehgelder und vor allem die Einnahmesprünge bei Erreichen von Europa League oder Champions League verstärken die Anreize für aggressive Investitionswettläufe massiv.
Ähnliche Erlösstrukturen gibt es bei Auf- und Abstieg zwischen der ersten und zweiten Liga. In diesen Tabellenregionen können sich Vereine kaum konsolidieren, was den Anreiz verstärkt, stattdessen noch stärker ins Risiko zu gehen. Wirksame Reformen müssten deshalb auch bei der Erlösverteilung ansetzen.
Ausgeglichenheit der Liga
Die Ungewissheit über den Ausgang eines einzelnen Spiels oder der Saison insgesamt tragen wesentlich zur Attraktivität des Fußballs bei. In den letzten Jahren hat die Spannung in der Bundesliga zumindest in der Spitze deutlich abgenommen. Die letzten acht Spielzeiten endeten allesamt mit dem FC Bayern München als Deutschem Meister – häufig war die Saison bereits lange vor Saisonende vorzeitig entschieden.
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