J.P.-Morgan-Volkswirte Karen Ward und Tilmann Galler
2019 wird ein Jahr der Konvergenz
Aktualisiert am 21.08.2019 - 15:09 Uhr
Tillmann Galler (l.) und Karen Ward, J.P. Morgan Asset Management: Die beiden Volkswirte analysieren die weltweiten Kapitalmärkte. Foto: J.P. Morgan Asset Management
Die deutliche Outperformance der US-Wirtschaft dürfte in diesem Jahr wohl kaum anhalten, da der Zuckerrausch der fiskalpolitischen Anreizmaßnahmen abklingen wird. Das Wachstum in den bedeutenden Industrieländern sollte im Laufe des Jahres wieder konvergieren und eher schwächer ausfallen.
Chinesische Behörden treten wieder aufs Gaspedal
Während die fiskalpolitischen Anreize in den USA abklingen, haben die politischen Entscheidungsträger in Peking wieder ordentlich Gas gegeben, um die Auswirkungen der sinkenden Exporte auszugleichen. Das Emissionsvolumen lokaler Staatsanleihen nimmt derzeit zu, um so inländische Infrastrukturprojekte zu finanzieren (siehe Abbildung 4).
Die chinesischen Behörden stehen vor einem schwierigen Balanceakt: Einerseits müssen sie an ihrer Agenda „Qualität vor Quantität“ festhalten und exzessive Ausgaben sowie eine übermäßige Verschuldung in bestimmten Segmenten der Wirtschaft abbauen, andererseits müssen sie jedoch auch...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
Da diese Artikel nur für Profis gedacht sind, bitten wir Sie, sich einmalig anzumelden und einige berufliche Angaben zu machen. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Chinesische Behörden treten wieder aufs Gaspedal
Während die fiskalpolitischen Anreize in den USA abklingen, haben die politischen Entscheidungsträger in Peking wieder ordentlich Gas gegeben, um die Auswirkungen der sinkenden Exporte auszugleichen. Das Emissionsvolumen lokaler Staatsanleihen nimmt derzeit zu, um so inländische Infrastrukturprojekte zu finanzieren (siehe Abbildung 4).
Die chinesischen Behörden stehen vor einem schwierigen Balanceakt: Einerseits müssen sie an ihrer Agenda „Qualität vor Quantität“ festhalten und exzessive Ausgaben sowie eine übermäßige Verschuldung in bestimmten Segmenten der Wirtschaft abbauen, andererseits müssen sie jedoch auch eine angemessene Wachstumsrate wahren, um den Arbeitsmarkt zu stützen.
Die Lockerungsmaßnahmen werden zielgerichtet und in einem geringeren Umfang als im Jahr 2008 erfolgen, wir gehen jedoch davon aus, dass sich das Wachstum bei ungefähr 6 % halten wird. Ein stabiles Wachstum in China dürfte auch die asiatischen Nachbarländer stützen. In anderen Teilen der Schwellenländer hingegen dürften sich das Wachstum und die Gewinne als Reaktion auf die 2018 umgesetzten Straffungsmaßnahmen zur Stützung der Währungen weiter abschwächen. Der Ausblick für die Schwellenländer fällt weiterhin sehr uneinheitlich aus.
Fortschritte beim Brexit – aber die politischen Herausforderungen in Europa bleiben bestehen
Europäische Unternehmen haben nicht nur unter geopolitischer Unsicherheit, sondern auch unter politischen Schwierigkeiten in ihrer Heimatregion zu leiden. Zum jetzigen Zeitpunkt besteht nach wie vor erhebliche Unsicherheit, ob es der britischen Premierministerin Theresa May gelingen wird, einen Brexit-Plan im britischen Parlament durchzusetzen. Unser Basisszenario geht davon aus, dass sich angesichts der Gefahr eines weiteren Referendums oder neuerlicher Parlamentswahlen früher oder später eine Mehrheit im Unterhaus finden wird, um dem Abkommen zuzustimmen.
Abgesehen vom Brexit warten 2019 noch weitere Herausforderungen auf die europäischen Institutionen. Politiker der Mitte tun sich immer noch schwer damit, populistische Parteien abzuwehren. Da im Mai entscheidende Wahlen für das Europäische Parlament anstehen, steigt die Gefahr, dass sich euroskeptische Allianzen einen höheren Anteil der Stimmen sichern. In diesem Fall könnten die Anleger sowohl im Hinblick auf die längerfristigen Integrationsaussichten als auch auf die Fähigkeit Brüssels, beim nächsten Abschwung eine klare Führungsrolle zu übernehmen, skeptisch werden.
Auch die Pattsituation zwischen Brüssel und Rom dürfte sich fortsetzen. Für Italien könnte ein Verfahren aufgrund eines übermäßigen Defizits eingeleitet werden, was allerdings kein allzu seltenes Ereignis ist. Frankreich hat sich in 15 der letzten 17 Jahre in einer ähnlichen Situation befunden (siehe Abbildung 5). Wir rechnen nicht damit, dass Italien einen Ausstieg aus dem Euro in Erwägung ziehen wird. Das Wachstum der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone verlangsamt sich derzeit jedoch deutlich, während sich die Kreditbedingungen verschärfen.
Über die Autorin