J.P.-Morgan-Volkswirte Karen Ward und Tilmann Galler
2019 wird ein Jahr der Konvergenz
Aktualisiert am 21.08.2019 - 15:09 Uhr
Tillmann Galler (l.) und Karen Ward, J.P. Morgan Asset Management: Die beiden Volkswirte analysieren die weltweiten Kapitalmärkte. Foto: J.P. Morgan Asset Management
Die deutliche Outperformance der US-Wirtschaft dürfte in diesem Jahr wohl kaum anhalten, da der Zuckerrausch der fiskalpolitischen Anreizmaßnahmen abklingen wird. Das Wachstum in den bedeutenden Industrieländern sollte im Laufe des Jahres wieder konvergieren und eher schwächer ausfallen.
Fazit
Es ist nicht davon auszugehen, dass die US-Wirtschaft 2019 eine so starke Outperformance erzielen wird wie im Jahr 2018. Daher ist eine regionale Diversifizierung des Portfolios sinnvoll, insbesondere in Anbetracht der Möglichkeit einer Richtungsänderung des US-Dollars.
Auch wenn die Risiken für die Unternehmensgewinne weltweit zunehmen, ist für europäische Anleger die relative Attraktivität von Anleihen als Alternative zu Aktien beschränkt. Daher sollten wir bezüglich der kurzfristigen Renditen, die wir von einem ausgewogenen Portfolio im Jahr 2019 erwarten können, eine konservativere Haltung einnehmen.
Außerdem dürfen wir auf politische Turbulenzen...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Fazit
Es ist nicht davon auszugehen, dass die US-Wirtschaft 2019 eine so starke Outperformance erzielen wird wie im Jahr 2018. Daher ist eine regionale Diversifizierung des Portfolios sinnvoll, insbesondere in Anbetracht der Möglichkeit einer Richtungsänderung des US-Dollars.
Auch wenn die Risiken für die Unternehmensgewinne weltweit zunehmen, ist für europäische Anleger die relative Attraktivität von Anleihen als Alternative zu Aktien beschränkt. Daher sollten wir bezüglich der kurzfristigen Renditen, die wir von einem ausgewogenen Portfolio im Jahr 2019 erwarten können, eine konservativere Haltung einnehmen.
Außerdem dürfen wir auf politische Turbulenzen nicht überreagieren und nicht vorschnell dramatische Verlagerungen der Allokationen vornehmen. Entscheidungen und Stimmungen können sich schnell ändern. Die US-amerikanischen und chinesischen Entscheidungsträger könnten durchaus an den Verhandlungstisch zurückkehren und die Handelsstreitigkeiten beenden. Denn je mehr schlechte Nachrichten demnächst von der Wirtschaft oder von den Märkten ausgehen, desto höher ist der Anreiz für Politiker, eine freundlichere Tonart anzustimmen.
In dieser Phase würden wir daher relativ geringfügige Änderungen zur Steigerung der Stabilität eines Portfolios in Erwägung ziehen. Bei Aktien ist eine breite regionale Diversifizierung und eine mögliche Verlagerung hin zu Unternehmen mit höherer Marktkapitalisierung zu empfehlen, wobei der Schwerpunkt eher auf qualitäts- und substanzorientierten Aktien und weniger auf Wachstumswerten liegen sollte. Anleihen sollten eine größere Rolle spielen, wobei hier allerdings ein selektives Vorgehen zu empfehlen ist. Zudem sollten alternative Anlagen wie etwa Makrofonds in Erwägung gezogen werden, um zusätzliche Diversifikationseffekte im Portfolio zu erzielen (siehe "Was bewegt die Anleger? – Wie sollten wir Portfolios auf den nächsten Abschwung vorbereiten?" 3).
Der wahrscheinlich längste Konjunkturzyklus der letzten 100 Jahre ist seinem Ende wieder etwas näher gekommen. Wenn wir ausschließlich damit beschäftigt sind, uns auf eine harte Landung vorzubereiten, könnten wir unser langfristiges Anlageziel aus den Augen verlieren und die Fähigkeit einbüßen, aus Turbulenzen entstehende Chancen optimal zu nutzen.
Zusammenfassung
- Die deutliche Outperformance der US-Wirtschaft dürfte 2019 wohl kaum anhalten, da der Zuckerrausch der fiskalpolitischen Anreizmaßnahmen abklingen wird. Das Wachstum in den bedeutenden Industrieländern sollte im Laufe des Jahres 2019 wieder konvergieren und – im Vergleich zur jüngsten Entwicklung – eher schwächer ausfallen. Grund hierfür ist vor allem der handelsfeindliche Kurs, den die Regierung in Washington eingeschlagen hat. Unternehmen weltweit verschieben Investitionen und zeigen sich bei der Einstellung neuer Mitarbeiter zunehmend zurückhaltend.
- Die Wachstumsrate der Unternehmensgewinne sollte ebenfalls auf eine niedrigere, aber weiterhin positive Rate konvergieren. Aktienanleger sollten in Erwägung ziehen, die regionale Diversifizierung ihrer Portfolios zu erhöhen und ihr Risiko zu verringern, indem sie sich auf qualitativ hochwertige Large-Cap-Werte in historisch defensiven Sektoren konzentrieren.
- Die US-Notenbank (Federal Reserve, Fed) könnte ihr weiteres Vorgehen zunehmend von der Entwicklung der Daten abhängig machen, und ein weiterer Anstieg der Zinsen in der zweiten Hälfte des Jahres ist eher unwahrscheinlich. Ein schleppendes Wachstum könnte die Europäische Zentralbank (EZB) bei dem Versuch, ihre Geldpolitik zu normalisieren, behindern. Die monetären Bedingungen werden weltweit relativ locker bleiben und sollten damit Anlegern, die sich über die bremsenden Maßnahmen der Fed Sorgen gemacht hatten, Trost bieten.
- Britische Anleger stehen vor dem größten Dilemma. Eine Beilegung der aktuellen Pattsituation beim Brexit wird positive Auswirkungen auf die Wirtschaft haben, dürfte britische Staatsanleihen (Gilts) und international ausgerichtete britische Aktien 2019 jedoch auf die Probe stellen.
- Eine Navigation durch den Marktzyklus ähnelt ein wenig der Steuerung eines Flugzeugs. Die gefährlichen Phasen – d. h. die Zeitpunkte, in denen man auf jeden Fall alles richtig machen muss – sind Start und Landung. Anleger müssen die Instrumente genau im Auge behalten und dürfen sich nicht durch die üblichen Turbulenzen ablenken lassen, während wir durch die Wolken herabgleiten.
3 Was bewegt die Anleger? – Wie sollten wir Portfolios auf den nächsten Abschwung vorbereiten? Michael Bell, J.P Morgan Asset Management, Oktober 2018.
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