Wirecard-Spezialist Markus Eichinger
Voice Commerce – wann verschwindet die Benutzeroberfläche?
Markus Eichinger ist Executive Vice President Group Strategy beim Technologieunternehmen Wirecard. Foto: Wirecard
„Omnichannel“ ist im Handel derzeit in aller Munde. Das wundert nicht, denn für Kunden von heute spielt das Einkaufs-Erlebnis eine immer stärkere Rolle – mehr als Produkt, Preis, Ort oder Werbemaßnahmen. Markus Eichinger von Wirecard hat sich auf die Spur des Phänomens begeben.
Warum man ein mobiles Erlebnis mit einem physischen verbinden sollte
Smartphones sind unsere ständigen Begleiter geworden und es ist viel einfacher, sie spontan für einen virtuellen Einkaufsbummel zu nutzen, als erst einmal den PC einschalten zu müssen. Allerdings machen es die kleinen Displays noch schwieriger, ein echtes Produkterlebnis zu schaffen, da sie die Möglichkeiten visueller Darstellung noch weiter einschränken.
Die verschiedenen Formfaktoren und Bildschirmgrößen machen es für Entwickler außerdem immer komplexer, eine gute native Benutzeroberfläche zu liefern. Im Jahr 2016 verkaufte Apple alleine laut The Verge Geräte mit 22 verschiedenen Bildschirmgrößen...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Warum man ein mobiles Erlebnis mit einem physischen verbinden sollte
Smartphones sind unsere ständigen Begleiter geworden und es ist viel einfacher, sie spontan für einen virtuellen Einkaufsbummel zu nutzen, als erst einmal den PC einschalten zu müssen. Allerdings machen es die kleinen Displays noch schwieriger, ein echtes Produkterlebnis zu schaffen, da sie die Möglichkeiten visueller Darstellung noch weiter einschränken.
Die verschiedenen Formfaktoren und Bildschirmgrößen machen es für Entwickler außerdem immer komplexer, eine gute native Benutzeroberfläche zu liefern. Im Jahr 2016 verkaufte Apple alleine laut The Verge Geräte mit 22 verschiedenen Bildschirmgrößen und ‑auflösungen (einschließlich Macs). Und man bedenke, Apple ist noch immer der Vorreiter von schlankem Design. Moderne UI-Frameworks wie react and react native können das Formfaktorproblem etwas entschärfen, aber erfordern noch mehr Standardisierung – was es sehr schwierig macht, wirklich einzigartige mobile Anwendungen zu entwickeln, die das Einkaufserlebnis unterstützen. Viele Apps für mobiles Einkaufen sehen ziemlich gleich aus.
Rein mobiler Handel funktioniert meiner Meinung nach am besten, wenn die Waren eher standardisiert sind und man genau weiß, was man erwarten kann, z.B. bei der Bestellung von Pizza oder Lebensmitteln des täglichen Bedarfs über einen der neuen Lieferdienste.
Viel besser wird es hingegen, wenn weitergehende Sensorik involviert ist: Ortung, Beschleunigungssensoren und Kameras sind gerade prädestiniert dazu, ein Einkaufserlebnis aus der zweidimensionalen Fläche des Bildschirms zu heben und in der physischen Welt zu verankern. Shopping ist sicherlich auch ein wichtiger Grund, warum Hersteller von Smartphones auf Technologien wie Augmented Reality setzen.
Das Verschwinden der visuellen Benutzeroberfläche: Voice Commerce
Alexa und der Google Assistant kamen praktisch über Nacht. Ich erinnere mich noch an diesen unvergesslichen Moment, als ich vor zwei Jahren zum ersten Mal den neuen Sprachdienst von Amazon ausprobierte. Seitdem sind sicherlich einige nützliche und praktische Anwendungen entstanden, aber die meisten von uns sind die meisten Anwendungsszenarien sicherlich noch immer auf Spaß-Anwendungen, Smart Home und Einkaufslisten beschränkt. Warum ist das so, wenn man bedenkt, dass hinter diesen Diensten eine so mächtige Künstliche Intelligenz arbeitet?
Ich denke, es entsteht gerade eine völlig neue Form der Benutzeroberfläche, und zwar eine Benutzeroberfläche ohne Visualisierung. Seit jeher stand meist der visuelle Informationsaustausch im Zentrum einer jeden UI, auch und insbesondere in Bezug auf UI im Handel: Im physischen Geschäft, auf dem PC und sogar auf dem Smartphone. Alle anderen Sinne wie Hören, Berühren, Riechen – sie tragen zum Erlebnis bei, sind aber nicht dominant.
Mit der Stimme als einzigem Interaktionskanal ändert sich dieses Paradigma völlig: Der einzige Sinn, auf den sich Entwickler verlassen können, ist das Hören – das weniger Dimensionen bietet als die visuellen und taktilen Oberflächen, auf die sich der Handel bisher verlassen hat. Ein witziges Beispiel dafür, wie schwierig es sein könnte, eine visuelle Benutzeroberfläche in eine Sprachoberfläche zu verwandeln, ist Bethesda‘s Skyrim „Very Special Edition“ – eine reine (und offensichtlich nicht ganz ernst gemeinte) Sprachversion des berühmten Rollenspiel-Videospiels „The Elder Scrolls – Skyrim“.
Und was kommt nach der Sprachsteuerung?
Meine Meinung ist, dass die Sprachsteuerung nur ein weiterer Schritt zum völligen Verschwinden der Benutzeroberfläche ist. Schon bald werden Sprachkanäle genutzt werden, um die Bestätigungen der Benutzer für Entscheidungen zu erhalten, die eigentlich von einer Künstlichen Intelligenz vorbereitet wurden. Und genau hier ergibt Sprachsteuerung auch vollkommen Sinn: Ein einfaches „Ja“ zum Voice Assistant ist eben viel leichter, als umständlich zu erklären, welche Ware man denn nun genau in den Warenkorb legen möchte. Auf mittelfristige Sicht könnte die Benutzeroberfläche, zumindest für den Kauf von Gütern des täglichen Lebens, somit vollständig verschwinden.
Wie sieht die UI der Zukunft im Handel aus?
In den letzten zehn Jahren ist die Anzahl der verschiedenen Benutzeroberflächen im Handel enorm gestiegen. Jegliche Strategien, die sich auf eine einzelne UI oder einen einzelnen Kanal fokussieren, müssen also zwangsweise zu Reichweitenverlusten führen.
Eine sinnvolle Kombination von Kanälen ist aber nur möglich, wenn es im Hintergrund ein verbindendes System zur zentralen Datenverarbeitung und -haltung gibt. Denn anders lässt sich kein positives Einkaufserlebnis schaffen, welches mehrere Kanäle, anders ausgedrückt mehrere UIs, wiederum anders ausgedrückt mehrere Sinne, umfasst.
Händler müssen also zunächst das Einkaufserlebnis an sich entwickeln, bevor es um Fragestellungen zur praktischen Umsetzung wie „In-Store vs. Online vs. Mobile“, „Bargeld vs. Kartenzahlung“ oder „Click & Collect vs. Same Day Delivery“ geht. Leider ist das heute noch nicht immer der Fall, und so entstehen Insellösungen, die vom Nutzer wiederum nicht angenommen werden. Hieraus dann einen Rückschluss zu ziehen, dass Kunden z.B. mobile Kanäle nicht annehmen, führt zu einem fatalen und manchmal sogar existenzgefährdenden Fehlschluss.
Für diejenigen aber, die die Zeichen erkannt haben und auf volldigitale Prozesse sowie zentrale Datenhaltung setzen, bieten die neuen Benutzeroberflächen jedoch alle Möglichkeiten, mehrere Kanäle und Sinne zu bedienen, um die Kunden mit einem positiven Einkaufs-Erlebnis zu begeistern und neue Kunden zu gewinnen.
Dieser Artikel ist zuerst im Blog von Wirecard auf Englisch erschienen, auf dem Experten regelmäßig zum Thema Bezahlen der Zukunft schreiben. Hier finden Sie weitere Artikel von Markus Eichinger.
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