Robert Habeck zur Hartz-IV-Debatte
Robert Habeck zur Hartz-IV-Debatte
Als vor eineinhalb Jahrzehnten die Hartz-IV-Regelungen in Kraft traten, sah es in Deutschland anders aus als heute. Motorola brachte das erste internetfähige Klapphandy auf den Markt, über 5 Millionen Menschen suchten Arbeit, und Hartz IV wurde von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Wort des Jahres gekürt. Seitdem hat sich viel verändert. Die Digitalisierung bringt nicht nur Smartphones und den 5G-Netzausbau mit sich – sie lässt auch erahnen, in welchem Ausmaß die Weiterentwicklung von Robotik und Künstlicher Intelligenz unsere Gesellschaft und den Arbeitsmarkt umwälzen wird.
Wir haben also eine völlig andere Situation als bei der Einführung von Hartz IV: Unser Problem ist nicht mehr die Massenarbeitslosigkeit, sondern der Fachkräftemangel – einige Prognosen gehen von 6 Millionen fehlender Fachkräfte bis 2030 aus –, unsere Herausforderung ist nicht mehr der Stillstand, sondern sehr viel Wandel, und die wichtigste politische Aufgabe unserer Zeit ist nicht mehr die Haushaltskonsolidierung, sondern der gesellschaftliche Zusammenhalt.
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Als vor eineinhalb Jahrzehnten die Hartz-IV-Regelungen in Kraft traten, sah es in Deutschland anders aus als heute. Motorola brachte das erste internetfähige Klapphandy auf den Markt, über 5 Millionen Menschen suchten Arbeit, und Hartz IV wurde von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Wort des Jahres gekürt. Seitdem hat sich viel verändert. Die Digitalisierung bringt nicht nur Smartphones und den 5G-Netzausbau mit sich – sie lässt auch erahnen, in welchem Ausmaß die Weiterentwicklung von Robotik und Künstlicher Intelligenz unsere Gesellschaft und den Arbeitsmarkt umwälzen wird.
Wir haben also eine völlig andere Situation als bei der Einführung von Hartz IV: Unser Problem ist nicht mehr die Massenarbeitslosigkeit, sondern der Fachkräftemangel – einige Prognosen gehen von 6 Millionen fehlender Fachkräfte bis 2030 aus –, unsere Herausforderung ist nicht mehr der Stillstand, sondern sehr viel Wandel, und die wichtigste politische Aufgabe unserer Zeit ist nicht mehr die Haushaltskonsolidierung, sondern der gesellschaftliche Zusammenhalt.
Wir sehen bereits jetzt, dass der wirtschaftliche Wohlstand im Land ungerecht verteilt ist, und zwar in einem wachsenden Ausmaß. Die Einkommen klaffen auseinander, was insbesondere die jüngere Generation trifft: je jünger, desto größer die Spreizung. Das Aufstiegsversprechen der sozialen Marktwirtschaft, dass Kinder es besser haben werden als ihre Eltern, ist brüchig geworden. Das gefährdet gesellschaftlichen Konsens und damit letztlich auch die Prosperität der Wirtschaft selbst. Die Angst vor dem Abstieg grassiert und gebiert wiederum Angst vor Veränderung. Das setzt in einer Zeit, in der sich die Arbeitswelt so rasant und radikal verändert, Arbeitsplätze wegfallen und neue entstehen, einen Teufelskreis aus Angst in Gang. Diese Angst ist kein individuelles Problem, sondern ein politisches.
Es ist inzwischen wissenschaftlich sehr gut nachgewiesen, dass die Abstiegsängste seit der Einführung von Hartz IV zugenommen haben und sich die soziale Spaltung in Desintegration niederschlägt. Wenn wir dem begegnen wollen, heißt es, grundlegend etwas zu ändern. Wir müssen die soziale Marktwirtschaft neu begründen und die Wirtschaft von der Gesellschaft her denken.
Kern einer funktionierenden Sozialgemeinschaft ist, dass der lebensnotwendige Bedarf, also das Existenzminimum, abgesichert ist und niemand in Gefahr gerät, an den Rand der Gesellschaft zu rutschen und mit dem Verlust der Arbeit auch seine Würde zu verlieren. Um das zu erfüllen, braucht es ein neues staatliches Garantiesystem, das in Zeiten des radikalen Wandels ermutigt, zur Arbeit anreizt, das Weiterentwicklung fördert und den Niedriglohnsektor eindämmt. Es soll jenen Unterstützung geben, die sie brauchen, aber frei sein von bürokratischen Bedingungen. Und es soll dafür sorgen, dass Leistung sich lohnt.
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