DZ-Bank-Chefvolkswirt Stefan Bielmeier
Der Euro und die Geopolitik …
Stefan Bielmeier, DZ BANK. Foto: DZ BANK
Die Leitwährungen der Welt reflektieren die Machtverhältnisse der großen Ökonomien, erklärt Stefan Bielmeier. Der Chefvolkswirt der DZ Bank erwartet daher, dass sich die internationalen Kräfteverhältnisse nur unter vier bestimmten Voraussetzungen verschieben könnten.
Kurz vor Weihnachten hat die EU-Kommission einen Vorschlag unterbreitet, wie Europa autonomer werden könnte, wenn es gelänge, die internationale Rolle des Euro zu stärken und am Ende sogar den US-Dollar als weltweite Leitwährung abzulösen.
„Es ist an der Zeit, dass der Euro nun auch weltweit mehr an Bedeutung gewinnt“, sagte der zuständige Vizepräsident der EU-Behörde, Valdis Dombrowskis, bei der Vorstellung des Papiers. Die immer aggressiveren Strafmaßnahmen der USA seien „ein Weckruf für Europas wirtschaftliche und finanzielle Souveränität“.
Dominanz des Dollar
Der politische Wunsch mag verständlich sein – doch die Dominanz des Dollar lässt sich nicht „par ordre de mufti“ brechen....
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Kurz vor Weihnachten hat die EU-Kommission einen Vorschlag unterbreitet, wie Europa autonomer werden könnte, wenn es gelänge, die internationale Rolle des Euro zu stärken und am Ende sogar den US-Dollar als weltweite Leitwährung abzulösen.
„Es ist an der Zeit, dass der Euro nun auch weltweit mehr an Bedeutung gewinnt“, sagte der zuständige Vizepräsident der EU-Behörde, Valdis Dombrowskis, bei der Vorstellung des Papiers. Die immer aggressiveren Strafmaßnahmen der USA seien „ein Weckruf für Europas wirtschaftliche und finanzielle Souveränität“.
Dominanz des Dollar
Der politische Wunsch mag verständlich sein – doch die Dominanz des Dollar lässt sich nicht „par ordre de mufti“ brechen. Schließlich lauteten noch Ende letzten Jahres 63 Prozent aller weltweiten Devisenreserven auf Dollar; auf Euro lediglich 20 Prozent. Bei Fremdwährungsanleihen ist das Verhältnis ähnlich: 62 Prozent in Dollar, 23 Prozent in Euro.
Im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr (ohne Intra-Euroraum-Transaktionen) hat der US-Dollar laut EZB-Bericht mit 39,9 Prozent zwar noch den größten Anteil, mit 35,7 Prozent ist ihm der Euro allerdings dicht auf den Fersen.
Und selbst bei den Warenimporten in die EWU wird nur etwa die Hälfte in Euro abgerechnet; in den USA sind es in Dollar mehr als 90 Prozent der Einfuhren. Besonders deutlich ist das Missverhältnis bei Rohstoffen: Etwa 80 Prozent aller europäischen Energieimporte werden in Dollar fakturiert, obwohl nur zwei Prozent aus den USA stammen.
Tiefer liegende Gründe
An dieser Stelle anzusetzen, ist sicher ein richtiges Element im Vorschlag der EU-Kommission. Doch es gibt tiefer liegende Gründe für die Dominanz der US-Währung. Erst einmal war sie – ganz formal – im Bretton-Woods-System als Weltleitwährung definiert.
Zweitens gibt es einen logischen Zusammenhang zwischen dem Welthandel und den Devisenreserven, denn ihr Zweck ist es, den Außenhandel der jeweiligen Volkswirtschaft unterstützen zu können. Der Reservestatus einer Währung ist also Folge ihres Status im Welthandel, nicht umgekehrt. Und schließlich ist es rein ökonomisch schlicht effizient, sich auf eine Weltleitwährung zu einigen – ähnlich wie es effizient ist, sich innerhalb einer Volkswirtschaft auf ein einziges Zahlungsmittel zu verständigen.
Solange also ein anderes – etwa multipolares – Weltwährungssystem weniger effizient ist, haben Abweichler vom Dollar-zentrierten System Effizienzverluste hinzunehmen. So ist es mehr als fraglich, ob ein multipolares Währungssystem in einer zwar immer weiter integrierten, aber dennoch regional unterschiedlich gewichteten Weltwirtschaft überhaupt effizient sein könnte.
Nachteile des US-Dollar
Wenn nicht multipolar, dann vielleicht Euro-zentriert? Richtig ist allemal, dass die Nachteile des US-Dollar im internationalen Zahlungsverkehr zunehmen. Gerade US-Präsident Trump scheint ohne große Rücksicht auf die Partner in der Welt seine Währung für politische Zwecke einzusetzen.
Die Einbußen, die die europäischen Unternehmen im Zuge der Iran-Sanktionen gerade in Kauf nehmen müssen, sind sozusagen Opportunitätskosten des ansonsten effizienten Dollar-zentrierten Währungssystems. Und: Je mehr die US-Sanktionspolitik in Widerspruch zu den Interessen anderer großer Handelsnationen beziehungsweise den Interessen von im Außenhandel tätigen Nicht-US-Unternehmen gerät, desto größer ist also tatsächlich die Chance, den Dollar abzulösen.
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