Asien-Experte Stefan Scheurer
Chinas neue Seidenstraße
Stefan Scheurer ist Asien-Experte und Direktor der Research-Abteilung bei Allianz Global Investors. Foto: Allianz GI
„One Belt, One Road“ – vor mehr als 2.000 Jahren ermöglichte die Seidenstraße einen grenzüberschreitenden Handel zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturkreise über verschiedene Land- und Seewege hinweg. Ein Blick in die Geschichte könnte daher hilfreich sein, um Antworten auf die Herausforderungen der heutigen Zeit zu finden, die durch zunehmenden Protektionismus und wachsende Kritik an Globalisierung und Welthandel geprägt ist.
Die „One Belt, One Road“-Initiative
In Zeiten der Unsicherheit infolge protektionistischer Tendenzen werden jedoch auch mehr und mehr bilaterale Handelsabkommen geschlossen:
− zwischen der Europäischen Union und Kanada (CETA);
− zwischen der Europäischen Union und Japan (European Partnership Agreement, EPA);
− in Asien und anderen Regionen im Zuge der im Oktober 2013 vorgestellten „One Belt, One Road“-Initiative (OBOR).
Ziel der OBOR-Initiative (auch als „Belt and Road Initiative“ (BRI) bezeichnet) ist die Finanzierung und Errichtung von Infrastruktur sowie die Förderung von Handel und Vernetzung zwischen den fast 70 Staaten (überwiegend...
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Die „One Belt, One Road“-Initiative
In Zeiten der Unsicherheit infolge protektionistischer Tendenzen werden jedoch auch mehr und mehr bilaterale Handelsabkommen geschlossen:
− zwischen der Europäischen Union und Kanada (CETA);
− zwischen der Europäischen Union und Japan (European Partnership Agreement, EPA);
− in Asien und anderen Regionen im Zuge der im Oktober 2013 vorgestellten „One Belt, One Road“-Initiative (OBOR).
Ziel der OBOR-Initiative (auch als „Belt and Road Initiative“ (BRI) bezeichnet) ist die Finanzierung und Errichtung von Infrastruktur sowie die Förderung von Handel und Vernetzung zwischen den fast 70 Staaten (überwiegend Entwicklungsländer), die insgesamt mehr als 30 % des globalen BIP und des Welthandels ausmachen und in denen mehr als 60 % der Weltbevölkerung leben.
Die Förderung der regionalen Zusammenarbeit und Vernetzung erfolgt vorrangig auf zwei Wegen: über einen „Wirtschaftsgürtel“ auf dem Landweg (den Silk Road Economic Belt, SREB), der sich mit der historischen Seidenstraße deckt, und über eine „neue Seidenstraße zur See“ (New Maritime Silk Road, MSR) (siehe Schaubild 2).
Konzeptioneller Rahmen
Ziel der OBOR-Initiative ist die Vernetzung Asiens, Europas und Afrikas über fünf Handelsrouten. Die Seidenstraße zu Land (Silk Road Economic Belt) verbindet
1) China und Europa über Zentralasien und Russland;
2) China und den Nahen Osten über Zentralasien, und
3) China mit Südostasien, Südasien und dem Indischen Ozean.
Die Seidenstraße zur See (New Maritime Silk Road) konzentriert sich vor allem auf die chinesischen Küstenhäfen, um
4) China über das Südchinesische Meer und den Indischen Ozean mit Europa zu verbinden, und
5) China über das Südchinesische Meer mit dem Südpazifik zusammenzuführen.
Mit Fokus auf diese fünf Routen führt die OBOR-Initiative internationale Transportwege, wichtige Städte und Häfen zusammen, um die Kooperation weiter zu stärken und sechs internationale Wirtschaftskorridore auf- und auszubauen: Neue eurasische Landbrücke, China-Mongolei-Russland, China-Zentralasien-Westasien, China-Indochina, China-Pakistan und Bangladesch-China-Indien-Myanmar.
Die transkontinentale Verbindung von Entwicklungsländern bei gleichzeitiger Verbesserung der regionalen Zusammenarbeit und der Transportinfrastruktur durch Bau oder Modernisierung von Straßen, Schienenwegen, Hafenanlagen oder Kraftwerken ist natürlich mit entsprechenden Kosten verbunden. Es stellt sich daher die Frage, wie viel Geld China in OBOR zu investieren bereit ist, insbesondere in einer Zeit, in der Handelskonflikte zunehmen und die Binnenwirtschaft an Schwung verliert.
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