Asien-Experte Stefan Scheurer
Chinas neue Seidenstraße
Stefan Scheurer ist Asien-Experte und Direktor der Research-Abteilung bei Allianz Global Investors. Foto: Allianz GI
„One Belt, One Road“ – vor mehr als 2.000 Jahren ermöglichte die Seidenstraße einen grenzüberschreitenden Handel zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturkreise über verschiedene Land- und Seewege hinweg. Ein Blick in die Geschichte könnte daher hilfreich sein, um Antworten auf die Herausforderungen der heutigen Zeit zu finden, die durch zunehmenden Protektionismus und wachsende Kritik an Globalisierung und Welthandel geprägt ist.
Auf dem Belt and Road Forum kündigte Xi Jinping darüber hinaus die weitere Zusammenarbeit mit globalen Organisationen wie der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), der Europäischen Investitionsbank (EIB) oder der Weltbank an. So hat etwa die Weltbank rund 80 Mrd. USD für Infrastrukturprojekte in Ländern entlang der neuen Seidenstraßenrouten sowie für weitere Projekte im Zusammenhang mit Infrastruktur, Handel und Vernetzung zugesagt.4 Eine bessere Infrastruktur kann starke Wachstumsimpulse liefern, entweder direkt über Investitionen oder indirekt über verbesserte Logistik, gestiegene Attraktivität für ausländische Direktinvestitionen oder durch den Tourismus. Die Frage ist daher, wie groß die Infrastrukturlücke...
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Auf dem Belt and Road Forum kündigte Xi Jinping darüber hinaus die weitere Zusammenarbeit mit globalen Organisationen wie der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), der Europäischen Investitionsbank (EIB) oder der Weltbank an. So hat etwa die Weltbank rund 80 Mrd. USD für Infrastrukturprojekte in Ländern entlang der neuen Seidenstraßenrouten sowie für weitere Projekte im Zusammenhang mit Infrastruktur, Handel und Vernetzung zugesagt.4 Eine bessere Infrastruktur kann starke Wachstumsimpulse liefern, entweder direkt über Investitionen oder indirekt über verbesserte Logistik, gestiegene Attraktivität für ausländische Direktinvestitionen oder durch den Tourismus. Die Frage ist daher, wie groß die Infrastrukturlücke im Asien-Pazifik-Raum tatsächlich ist.
Erhebliche Infrastrukturlücke
Der Infrastrukturbedarf in Asien (ohne China) ist enorm: Nach Schätzungen der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) müssen die aufstrebenden Länder Asiens (ohne China) jährliche Infrastrukturinvestitionen in Höhe von rund 4 % des BIP aufbringen, um die aktuelle Wachstumsdynamik Asiens bis 2030 aufrechtzuerhalten (siehe Schaubild 4). Besonders ausgeprägt sind Infrastrukturbedarf und Infrastrukturlücke unter den Schwellenländern der Region, auf die 61 % der im Zeitraum 2016–2030 für die aufstrebenden Länder Asiens prognostizierten Infrastrukturinvestitionen entfallen, angeführt von China (58 %) und Indien (20 %).
Der größte Teil der Investitionen entfällt auf die Sektoren Energie und Transport: 56 % bzw. 32 % unter Berücksichtigung von Klimaschutzmaßnahmen (siehe Schaubild 5). Nach Prognosen der ADB klafft in der Region zwischen 2015 und 2030 eine Finanzierungslücke von insgesamt 21 Bio. USD gegenüber dem auf 40 Bio. USD geschätzten Infrastrukturbedarf und den verfügbaren Finanzierungsressourcen der Region.5
Zuletzt sind allerdings kritische Stimmen gegenüber OBOR lauter geworden:
1) China könnte Zugang zu strategisch und geopolitisch wichtigen Gebieten wie das Südchinesische Meer erhalten;
2) Zahlreiche Länder geraten zunehmend in Abhängigkeit von chinesischen Finanzierungs- und Bauinitiativen, die sich früher oder später rächen könnte.
China arbeitet darauf hin, eines der größten Geberländer in der Entwicklungsfinanzierung zu werden, nicht nur in Afrika, sondern auch in der Asien-Pazifik-Region, wo Entwicklungsgelder primär in Gestalt von Krediten für Infrastrukturprojekte wie Brücken oder Fernstraßen fließen. Damit ist China jedoch in der Lage, seine wirtschaftlichen und (geo)politischen Beziehungen zu vertiefen, um seinen strategischen Einfluss in der Region auszuweiten.
Vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Entwicklungsperspektiven zeigt sich beispielsweise die Regierung von Namibia unzufrieden mit den Kosten mehrerer Infrastrukturprojekte, die höher ausfallen könnten als ursprünglich erwartet. Die neue Regierung von Malaysia strebt aufgrund „ungleicher Vertragsbedingungen“ die Neuverhandlung eines von der Vorgängerregierung mit China abgeschlossenen Infrastrukturprojekts im Volumen von rund 23 Mrd. USD an. Länder wie Pakistan, Laos, Montenegro, Kambodscha, die Malediven und Sri Lanka befinden sich in finanziellen Schwierigkeiten, nachdem steigende Güterimporte durch OBOR-Projekte zu Handelsdefiziten führten, die sich zu Zahlungsbilanzkrisen auswachsen könnten.
4 Quelle: Weltbank (2018): „Belt and Road Initiative“, März 2018.
5 Quelle: Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB), 2017 Business Plan and Budget Summary, Dez. 2016
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