Thorsten Polleit über den Währungswettbewerb
„Die Welt leidet unter Fiat-Geld“
Aktualisiert am 04.09.2018 - 16:28 Uhr
Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel Foto: Degussa Goldhandel
Schon heute ist das Fiat-Geld ein Verlustgeschäft für die, die ihm ihre Ersparnisse anvertrauen, und die Verluste werden ganz sicher zunehmen, wenn der Währungswettbewerb an Fahrt gewinnt.
An dieser Stelle ist es sinnvoll, dass wir uns eine wichtige geldtheoretische Einsicht in Erinnerung rufen: Dass nämlich das Geld – das allgemein akzeptierte Tauschmittel – ein Phänomen des freien Marktes ist. Geld entsteht im freien Markt, und zwar spontan und aus einem Sachgut. Das erklärt der österreichische Ökonom Carl Menger (1840 – 1921) bereits 1871 in seinem Buch Grundsätze der Volkswirtschaftslehre. Mengers Theorie wird von Ludwig von Mises (1881 – 1973) im Jahr 1912 mit einer logischen Begründung versehen.
Geld ist ein Marktphänomen
Der Blick in die Währungsgeschichte zeigt in der Tat, dass Geld stets ein Sachgut war: in Form von Vieh, Muscheln, Salz, Zigaretten, vorzugsweise...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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An dieser Stelle ist es sinnvoll, dass wir uns eine wichtige geldtheoretische Einsicht in Erinnerung rufen: Dass nämlich das Geld – das allgemein akzeptierte Tauschmittel – ein Phänomen des freien Marktes ist. Geld entsteht im freien Markt, und zwar spontan und aus einem Sachgut. Das erklärt der österreichische Ökonom Carl Menger (1840 – 1921) bereits 1871 in seinem Buch Grundsätze der Volkswirtschaftslehre. Mengers Theorie wird von Ludwig von Mises (1881 – 1973) im Jahr 1912 mit einer logischen Begründung versehen.
Geld ist ein Marktphänomen
Der Blick in die Währungsgeschichte zeigt in der Tat, dass Geld stets ein Sachgut war: in Form von Vieh, Muscheln, Salz, Zigaretten, vorzugsweise aber in Form von Edelmetallen wie Gold und Silber. Denn Edelmetalle, allen vor das Gold, haben die physischen Eigenschaften, die es zu einem perfekten Geld machen. Und deshalb wurden sie auch stets, wenn es den Menschen freistand, als Geld ausgewählt.
Mit Mengers Theorie der Geldentstehung können wir wissen, dass Fiat-Geld, oder: ungedecktes Papiergeld, nicht in einem freien Markt durch freiwillige Transaktionen entstehen kann. Der Ökonom Jörg Guido Hülsmann bemerkt dazu: „Papiergeld ist niemals durch freiwillige Kooperation zustande gekommen. In allen bekannten Fällen wurde es durch Zwang und Nötigung eingeführt, manchmal unter Androhung der Todesstrafe.“
Als Fiat-Währungen haben folglich US-Dollar, Euro, chinesischer Renminbi, japanischer Yen, Britisches Pfund oder Schweizer Franken keinen legitimen Ursprung. Ihre Entstehung ist alles andere als eine zivilisatorische Meisterleistung.
Dunkle Seiten des Fiat-Geldes
Vielleicht denken Sie jetzt: Die Entstehung des Fiat-Geldes liegt ja schon lange zurück, warum sollte man den Fall nicht zu den Akten zu legen? Das aber wäre kein umsichtiges Urteil. Denn die Verwendung von Fiat-Geld ist überaus folgenreich: Diese Geldart leidet unter ökonomischen und ethischen Defekten, von denen viele Menschen häufig wenig oder gar nichts wissen. Ich darf daher im Folgenden auf einige dieser Defekte hinweisen.
(i) Fiat-Geld ist inflationär. Es verliert seine Kaufkraft im Zeitablauf, weil seine Menge von den staatlichen Zentralbanken unablässig und nach politischen Erwägungen vermehrt wird. Inflationäres Geld ist jedoch schlechtes Geld, weil es die Wirtschaftsrechnung erschwert und viele Menschen um die Früchte ihrer Arbeit und Sparsamkeit bringt.
(ii) Fiat-Geld begünstigt einige auf Kosten vieler. Es sorgt für eine Umverteilung von Einkommen und Vermögen, indem es die Erstempfänger des neuen Geldes begünstigt auf Kosten derjenigen, die die neue Geldmenge erst später erhalten oder gar nichts von ihr abbekommen (das ist der „Cantillon Effekt“).
Zwar führt jede Erhöhung der Geldmenge zu einer Umverteilung von Einkommen und Vermögen, und zwar notwendigerweise. Das ist beim Warengeld wie auch beim Fiat-Geld der Fall.
Die Umverteilung fällt jedoch beim Fiat-Geld besonders stark aus – und das ist ja auch der Grund, warum der Staat das Warengeld durch sein eigenes, beliebig vermehrbares Fiat-Geld ersetzt hat: Der Staat und die ihm besonders nahestehenden Gruppen profitieren vom inflationären Geld auf Kosten der übrigen.
(iii) Fiat-Geld sorgt für Wirtschaftsstörungen, für Boom-und-Bust. Denn die Vermehrung der Geldmenge durch Bankkreditvergabe senkt die Marktzinsen künstlich ab. Die Ersparnis nimmt dadurch ab, und Investitionen und Konsum nehmen zu. Die Volkswirtschaft beginnt über ihre Verhältnisse zu leben. Früher oder später zerplatzt der monetär angezettelte Scheinaufschwung, und aus dem Boom wird ein Bust.
(iv) Fiat-Geld treibt die Volkswirtschaft in die Überschuldung. Die künstlich gesenkten Zinsen verleiten Private, Unternehmen und Staaten zur Schuldenwirtschaft. Die Schuldenlasten wachsen dabei im Zeitablauf stärker an, als die Einkommen zunehmen.
(v) Fiat-Geld lässt den Staat auswuchern – zu Lasten der Freiheit der Bürger und Unternehmen. Das Fiat-Geld erlaubt es dem Staat, seine Finanzkraft gewaltig auszuweiten, und damit kann er sich im wahrsten Sinne des Wortes eine wachsende Gefolgschaft erkaufen, die Wähler bestechen.
(vi) Das Fiat-Geld beschädigt die Moral- und Wertevorstellungen der Menschen, die mit Fiat-Geld tagtäglich umgehen.
Das Fiat-Geld verlockt zum Leben auf Pump, befördert Konsum zu Lasten der Ersparnisbildung, erhöht die Gegenwartsorientierung der Menschen zu Lasten ihrer Zukunftsorientierung. Das Leben wird kurzatmiger, weniger reflektiert und weniger verantwortungsvoll.
Wer sich in Fiat-Geld verschuldet, entwickelt rasch eine geradezu sklavische Treue zu dem vorherrschenden Wirtschafts- und Politiksystem, in dem er die benötigten Einkommen erzielt, um seinen Schuldendienst leisten zu können.
Je länger Fiat-Geld verwendet wird, desto mehr Arbeitnehmer und Unternehmer werden abhängig von der Fortführung des Fiat-Geldsystems. Arbeitsplätze, Altersvorsorge, Aufträge und Gewinne, die berufliche Karriere und der soziale Status vieler Menschen – alles steht und fällt mit dem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, das vom Fiat-Geld mitgeformt wird.
Eine wachsende Zahl von Menschen wird aufgrund des Eigennutzkalküls zum willigen Unterstützer des Fiat-Geldes. Das eröffnet in Krisen den politischen Spielraum, um „Rettungsmaßnahmen“ in großem Stile auf den Weg zu bringen – in Form von zum Beispiel Kreditgarantien, Niedrigzinsen, Geldspritzen et cetera –, um das Fiat-Geld vor dem Zusammenbruch zu bewahren.
Es sind vor allem die Krisen, für die das Fiat-Geld sorgt, die sich als ein Wachstumselixier für den Staat erweisen. Denn in der Krise werden regelmäßig und fälschlicherweise die freien Märkte als Schuldige an den Pranger gestellt – nicht aber das staatliche Fiat-Geld.
Dem Staat eröffnen sich so Möglichkeiten, neue Ge- und Verbote, neue Gesetze zu erlassen, durch die die freiheitliche Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung immer weiter ausgehöhlt, durch die sie nach und nach in eine Befehls- und Zwangswirtschaft umgeformt wird.
Das Fiat-Geld lässt folglich die Freiheitsgrade der Bürger und Unternehmer schwinden, es untergräbt sie zusehends.
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