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Fonds der Woche
Vom Feld auf den Tisch: Antizyklische Chance im Agrarsektor
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Fonds der Woche Vom Feld auf den Tisch: Antizyklische Chance im Agrarsektor

Weizenäre, Landfrau und Traktor
Weizenäre, Landfrau und Traktor: Die Agrarwirtschaft hat sich weltweit zu einem dynamischen Wachstumsmarkt entwickelt, denn die wachsende Weltbevölkerung will bei abnehmender Pro-Kopf-Anbaufläche ausreichend ernährt werden. | Foto: Sven Stoll mit Canva

Die Jahresendrally hat begonnen, und es dauerte nur gut zwei Wochen, bis die Indizes auf beiden Seiten des Atlantiks das Tal der Tränen verließen. Der amerikanische S&P 500 verzeichnet auf Monatssicht einen Anstieg von 9,6 Prozent, während der deutsche Leitindex Dax um mehr als 8 Prozent zulegte. Die Initialzündung für diesen Aufschwung lieferten die Inflationsdaten aus den USA in der vergangenen Woche. Die Inflation fiel schwächer aus als erwartet und lag bei 3,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Darüber hinaus treiben saisonale Einflüsse die Börsen gegen Jahresende regelmäßig an. Unternehmen schließen ihre Geschäftsjahre häufig zum Ende des Kalenderjahres ab und veröffentlichen zu diesem Zeitpunkt ihre Jahresabschlüsse, die Aufschluss über die finanzielle Gesundheit der Unternehmen geben. Positive Ergebnisse können das Vertrauen der Anleger stärken und zu steigenden Kursen führen. Auch Fondsmanager neigen dazu, ihre Portfolios gegen Jahresende neu auszurichten, um bestimmte Performanceziele zu erreichen.

Saira Malik warnt vor Risiken auf den Kapitalmärkten: Hohe Bewertungen und geldpolitische Unsicherheiten

Saira Malik
Saira Malik © Nuveen

Saira Malik, Investmentchefin des amerikanischen Vermögensverwalters Nuveen, warnt jedoch vor den hohen Bewertungen und anderen Risiken für die Wirtschaft und die Kapitalmärkte. Obwohl die Märkte derzeit drei bis vier Zinssenkungen im Jahr 2024 einpreisen, betont Malik, dass der Fed-Vorsitzende Jerome Powell bestrebt ist, geldpolitische Fehler der Vergangenheit zu vermeiden. Dies schließe verfrühte Zinssenkungen ein, die während des Neunjahreszeitraums von 1973 bis 1982 zu einer Inflation von 9 Prozent auf Jahresbasis und drei separaten Rezessionen führten.

Langfristige Perspektive: Bevölkerungswachstum als treibende Kraft für Agrarinvestitionen

Als Alternative zu traditionellen Aktien und festverzinslichen Wertpapieren empfiehlt Malik die Diversifikation in eine Anlageklasse, die vor steigenden Zinsen und möglichen Rezessionen schützt: Agrarland. Seit 1970 haben Agrarflächen in jedem Rezessionsjahr mit Ausnahme von 2009 eine positive Rendite erzielt. Die durchschnittliche Rendite in Rezessionsjahren betrug +12,6 Prozent und war damit fast doppelt so hoch wie die Inflationsrate von 6,6 Prozent und mehr als 4,5 Prozentpunkte höher als die des S&P 500.

Selbst in rezessionsfreien Jahren übertraf Agrarland die Inflation um fast 6 Prozentpunkte. Die Volatilität der Renditen war dabei seit 1970 deutlich geringer als die von US-Aktien. Aufgrund der Produktion notwendiger Agrarrohstoffe würden sich Agrarflächen in Inflationszeiten besser entwickeln als andere Sachwerte.

 

Für Privatanleger ist es natürlich schwierig, Äcker, Wiesen und Wälder direkt in ihr Portfolio aufzunehmen. Stattdessen bieten sich Investitionsmöglichkeiten über Fonds, ETFs oder ETCs in Agrarrohstoffe oder Aktien aus dem Nahrungsmittelsektor an. Beim Kauf von Agraraktien investieren Anleger in Substanzwerte, zu denen häufig Acker- oder Weideland, Ölmühlen, Verladeanlagen oder Düngemittelvorräte gehören.

Der Agrarsektor wurde in den vergangenen Jahren von vielen Experten als langfristiger Wachstumsmarkt und Megatrend ausgemacht. Das zentrale langfristige Argument für Investitionen in den Agrarsektor liefert das rasante Wachstum der Weltbevölkerung und die damit verbundene steigende Nachfrage nach Nahrungsmitteln. Diese demografische Entwicklung führt zum Megatrend Ernährung.

Vor allem die Schwellenländer, allen voran Indien und der afrikanische Kontinent, spielen dabei eine entscheidende Rolle. Wenn sich die Ernährungsgewohnheiten in diesen Regionen allmählich denen der westlichen Industrieländer angleichen, wird die weltweite Nachfrage nach Nahrungsmitteln nach Angaben der Food and Agriculture Organization bis zum Jahr 2050 voraussichtlich um rund 70 Prozent steigen. Gleichzeitig wird die Weltbevölkerung weiterwachsen. Die Vereinten Nationen prognostizieren, dass ab dem Jahr 2043 rund neun Milliarden Menschen auf der Erde leben werden. Um diese zusätzlichen zwei Milliarden Menschen zu ernähren, sind Produktivitätssteigerungen in der Landwirtschaft dringend erforderlich.

Vom Acker auf den Teller: Agrarinnovationen in Traktoren und Pflanzenschutz-Drohnen

Es überrascht daher kaum, dass einige der reichsten Menschen der Welt, wie Microsoft-Gründer Bill Gates und Investmentlegende Warren Buffett, in Unternehmen der Agrarwirtschaft investieren. Ein Beispiel ist der amerikanische Traktorenhersteller John Deere. Das global agierende Unternehmen hat seine markanten grün-gelben Traktoren mit Spurführungssystemen ausgestattet, um ein doppeltes Befahren bereits bearbeiteter Ackerflächen zu vermeiden. Außerdem arbeitet das Unternehmen aus Illinois an großen Drohnen, die mit Pflanzenschutzmitteln bestückt bis zu sechs Hektar pro Stunde bearbeiten können.

Doch nicht nur auf dem Acker gibt es Neues: Mit wachsendem Wohlstand steigt auch die Nachfrage nach proteinreichen Lebensmitteln, vor allem nach Fleisch und Fisch. Die Herausforderung besteht also nicht nur darin, die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung zu sichern, sondern auch den steigenden Bedarf an Futtermitteln zu decken. Auch die Produzenten von Biokraftstoffen drängen auf den Markt. Damit ist klar, dass die Agrar- und Ernährungswirtschaft in Zukunft erhebliche Investitionen tätigen muss, um den stetig wachsenden Bedarf zu decken.

Agraraktienfonds konzentrieren sich auf Unternehmen, die in vielfältiger Weise in der Landwirtschaft tätig sind. Dazu gehören nicht nur Produzenten landwirtschaftlicher Erzeugnisse, sondern auch Hersteller von Traktoren, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sowie Entwickler von effizienten Anbaumethoden, Bewässerungssystemen und innovativen Transport- und Lagermethoden. Die Wertschöpfungskette in der Agrar- und Ernährungswirtschaft ist lang und vielfältig.

Insbesondere der Agrarsektor stand zuletzt aufgrund des Ukraine-Konflikts im Fokus der Anleger. Die Versorgung mit Weizen war aufgrund der Unsicherheiten bezüglich der Ukraine als Lieferant in Frage gestellt. Agrar- und Landwirtschaftsaktien entwickelten sich daher nach der Ukraine-Krise zu Outperformern, während Technologiewerte im vergangenen Jahr regelrecht einbrachen. Im Jahr 2023 zeichnete sich jedoch eine Konsolidierung der Kurse von Agraraktien ab, nachdem sich die Sorgen etwas gelegt hatten. Das Getreideabkommen wurde verlängert und der Weizenpreis stabilisierte sich.

iShares Agribusiness ETF: Rückgang um 21 Prozent als antizyklische Chance

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Antizyklisch agierende Anleger erkennen hier eine mögliche Einstiegsgelegenheit. Der iShares Agribusiness ETF, der breit in den Agrarsektor investiert, weist auf Jahressicht ein Minus von rund 21 Prozent auf. Diese Underperformance könnte für konträr agierende Investoren eine attraktive Einstiegsmöglichkeit in den Sektor darstellen. Der Schwerpunkt des ETFs liegt auf Aktien aus den USA, Japan und Kanada, als Benchmark dient der S&P Commodity Producers Agribusiness Index.

Innerhalb des ETFs sind Unternehmen wie John Deere, der Agrochemie- und Saatguthersteller Corteva, der Nahrungsmittel- und Agrarkonzern Archer Daniels Midland sowie der Düngemittelhersteller Nutrien am stärksten gewichtet. Über einen Zeitraum von zehn Jahren war der ETF mit einem Plus von 92 Prozent das beste Produkt für Anleger, die in Aktien rund um den Nahrungsmittelsektor investieren wollen.

Diskussion über Abnehmspritzen lastet auf dem Sektor

Ein Grund für die schlechte Performance in jüngerer Vergangenheit sieht Fondsmanager Jörg Dehning, der den DJE Agrar & Ernährung verwaltet, in der aufgeflammten Diskussion über den zukünftigen Einfluss der sogenannten Abnehmspritzen auf das Konsumverhalten im Nahrungsmittelbereich. Dehning kommentiert, dass die Horrorszenarien bezüglich des Absatzes verschiedener Lebensmittel angesichts der Kosten dieser Medikation übertrieben erscheinen. Vielmehr würden Verbraucher in diesem Zusammenhang verstärkt auf gesunde und nachhaltig produzierte Lebensmittel setzen.

Strukturelle Treiber im Blick: DJE Agrar & Ernährung

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Dehning setzt auf eine breite Palette von Investitionen im Bereich der Ernährung, mit besonderem Augenmerk auf die sich abzeichnende Nahrungsmittelknappheit. Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen könnten die weltweiten Ernten in Zukunft aufgrund von Dürren und Überschwemmungen um 20 bis 40 Prozent geringer ausfallen. Um diesem Defizit entgegenzuwirken, erwartet Dehning eine steigende Nachfrage nach modernen Landmaschinen, Bewässerungstechnik, effizientem Saatgut, Pflanzenschutzmitteln, Düngemitteln, Aquakulturen und Futtermitteln, um die Erträge pro Fläche zu steigern.

Der Fondsmanager nutzt auch die Möglichkeit, bei vorübergehend sinkenden Agrarpreisen durch gezielte Investitionen in die Nahrungsmittelindustrie kurzfristig von fallenden Rohstoffpreisen zu profitieren. Strukturelle Treiber für seine Investments sind nach seiner Einschätzung alternative Proteine, pflanzliche Ernährung, Tiergesundheit, ökologischer Pflanzenschutz und nachhaltige Forstwirtschaft.

Dehning investiert derzeit rund 38 Prozent seines Vermögens in Unternehmen der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie. Weitere 20 Prozent sind in Chemieunternehmen investiert, ergänzt durch Unternehmen aus den Bereichen Drogerie, Lebensmittel, Industrie, Gesundheit und Konsumgüter. Zu den Top-Holdings gehören CF Industries Holding, ein Stickstoffdüngerhersteller aus Illinois, und die Asahi Group Holdings aus Japan, die in verschiedenen Bereichen wie Bier, alkoholfreie Getränke, Spirituosen, Lebensmittel und Pharmazeutika tätig ist.

Der Fonds wurde im Juni 2008 aufgelegt und liegt aufgrund seiner defensiveren Grundausrichtung auf Jahressicht mit einem Minus von 9,5 Prozent vor dem iShares-ETF. Was sich kurzfristig positiv auswirkt, bremst jedoch langfristig die Performance. Über einen Zeitraum von 15 Jahren liegt der Fonds mit einem Plus von 113 Prozent deutlich zurück. Dehning betont, das in diesem Zusammenhang auch die ESG-Komponente eine wichtige Rolle spiele, die am Ende für signifikante Performanceunterschiede verantwortlich sein kann. „Beispielsweise war für mich Monsanto schon ein „no Go“ als das Thema ESG noch nicht die Titelseiten bestimmte. Manche Fonds investieren in Palmöl, manche nicht. Das Spektrum ist breit“, so der Manager.

224 Prozent Gewinn in 15 Jahren: DWS-Fonds auf Augenhöhe mit Vergleichssektor

Eine Alternative unter den der aktiv gemanagten Fonds ist der DWS Global Agribusiness, der von Stephan Werner gemanagt wird. In den vergangenen 15 Jahren hat der Fonds um 224 Prozent (8,2 Prozent p.a.) zugelegt und schneidet in etwa auf Augenhöhe zum Vergleichssektor ab. Werner investiert flexibel entlang der agrarwirtschaftlichen Wertschöpfungskette – vom Saatgut bis zum Supermarkt. Im Einzelnen hat er vor allem die Bereiche Düngemittel, Agrarausrüstung, Saatgut und Pflanzenschutz, Agrarlogistik, Verarbeitung und Distribution im Blickfeld.

Risiken und sich ändernde Trends: Die Herausforderungen der Ernährungswirtschaft

Investitionen in die Agrar- und Ernährungswirtschaft sind mit einer Reihe von Herausforderungen verbunden. Extreme Wetterbedingungen beeinflussen die landwirtschaftlichen Erträge, während die Preisvolatilität von Angebotsschwankungen, Wetterbedingungen und politischen Entscheidungen abhängt. Umweltauswirkungen und die globale Ernährungssicherheit sind zunehmend ein Thema, und regulatorische Risiken sowie sich verändernde Gesundheits- und Ernährungstrends können den Sektor beeinflussen. Anleger sollten diese Faktoren berücksichtigen und sich bewusst sein, dass der Nahrungsmittelsektor trotz seines langfristigen Potenzials kurzfristigen Schwankungen und Herausforderungen ausgesetzt ist.

Wie bewerten Sie aktuell die Attraktivität von Investments in Agraraktien bzw. im Agrarsektor?

Sehr attraktiv: Ich sehe großes Potenzial in Agraraktien und halte den Agrarsektor für eine vielversprechende Investitionsmöglichkeit aufgrund von positiven Markttrends und steigender Nachfrage nach Agrarprodukten.
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Neutral: Ich habe keine klare Einschätzung zur Attraktivität von Investments in Agraraktien. Ich beobachte die Entwicklungen im Agrarsektor, bin jedoch unschlüssig darüber, ob dies der richtige Zeitpunkt für Investitionen ist.
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Nicht attraktiv: Ich sehe wenig Potenzial in Agraraktien und halte den Agrarsektor nicht für eine vielversprechende Investitionsmöglichkeit. Meine Bedenken beziehen sich auf mögliche Risiken und Unsicherheiten.
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