Merger-Experte Felix Engelhardt
Von der Krise zur Chance: Wie der Mittelstand fit für die Zukunft wird

Felix Engelhardt ist Gründer und CEO des Beratungsunternehmens Zumera. Foto: Zumera / Canva
Der deutsche Mittelstand wird gern als Wirtschafts- und Beschäftigungsmotor bezeichnet. Doch die Stimmung ist derzeit äußerst schlecht, wie kürzlich eine Umfrage belegte. Felix Engelhardt vom Beratungsunternehmen Zumera kennt die Gründe und weiß, was getan werden sollte.
Jeder zweite mittelständische Betrieb plant in den kommenden zwölf Monaten keine Neueinstellungen, viele wollen sogar Stellen abbauen. Das sind die Ergebnisse der im September veröffentlichten Umfrage des Mittelstandsverbandes. Die Ergebnisse sind ernüchternd, aber in gewisser Weise nicht überraschend. Denn trotz aller Unterschiede zwischen den Unternehmen und Branchen gibt es im Wesentlichen z...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Jeder zweite mittelständische Betrieb plant in den kommenden zwölf Monaten keine Neueinstellungen, viele wollen sogar Stellen abbauen. Das sind die Ergebnisse der im September veröffentlichten Umfrage des Mittelstandsverbandes. Die Ergebnisse sind ernüchternd, aber in gewisser Weise nicht überraschend. Denn trotz aller Unterschiede zwischen den Unternehmen und Branchen gibt es im Wesentlichen zwei Faktoren, die die Stimmung hierzulande trüben: Das derzeit schlechte wirtschaftliche Klima sowie politische Herausforderungen, die die Zukunftsfähigkeit erschweren.
Es besteht vielfältiger Handlungsbedarf
Wer mit mittelständischen Unternehmern spricht, bekommt meist gleich eine ganze Liste an Herausforderungen genannt. Dazu zählen zunächst einmal die Rahmenbedingungen in Form des Fachkräftemangels, steigende Energiekosten und eine stark ausgeprägten Bürokratie beziehungsweise Regulierung. Aber auch ein erhöhter Wettbewerbsdruck, die Abhängigkeit von zunehmend fragil erscheinenden Lieferketten, wachsende Anforderungen an Nachhaltigkeit sowie der Zugang zu Kapital sehen viele Unternehmer als ernstes Problem für das eigene Geschäft.
Doch die Verantwortung nur in externen Einflüssen zu suchen, greift zu kurz. Denn oftmals besteht auch innerbetrieblich Handlungsbedarf. Ein altbekanntes Handlungsfeld ist die Digitalisierung. Obwohl die Corona-Pandemie der Digitalisierung in Deutschland einen kräftigen Schub gegeben hat, besteht besonders im Mittelstand noch viel ungenutztes Potenzial. Denn oft scheuen sich Mittelständler vor den Kosten und dem Aufwand, den Digitalisierung mit sich bringt.
Dabei trägt sie maßgeblich dazu bei, effizienter und flexibler zu arbeiten und somit auch schneller auf Veränderungen am Markt zu reagieren. Eng damit verbunden ist die Automatisierung. Eine intelligente Automatisierung von Geschäftsprozessen ist ein gutes Mittel zur Bewältigung von Qualifikations- und Arbeitskräftelücken. Denn durch (teil)automatisierte Prozesse können Mitarbeiter unterstützt und neue Ressourcen geschaffen werden.
Ein weiterer limitierender Faktor für die Zukunftsfähigkeit des Mittelstandes ist die Unternehmensnachfolge. Der aktuelle Nachfolge-Monitoring Mittelstand der KfW-Bankengruppe zeigt, dass jedes Jahr rund 100.000 Inhaber mittelständischer Unternehmen eine Nachfolge anstreben – bis Ende 2023 werden allein 190.000 Nachfolger in Deutschland gesucht. Jeder vierte kurzfristige Nachfolgewunsch wird sich allerdings laut KfW auch mangels ausreichender Planung nicht erfüllen.
Nicht verzagen, sondern Lösungen finden
Jede der zuvor skizzierten Herausforderungen für sich allein ist bereits eine Mammutaufgabe zu sein. In Kombination erscheint es noch schwieriger. Aber sie lassen sich durch entschlossenes Handeln meistern. Dabei sollten Mittelständler allerdings nicht den Fehler machen und darauf warten, bis der Staat Abhilfe schafft.
Auf den ersten Blick mag es so erscheinen, als ob gewisse Herausforderungen wie der Fachkräftemangel nicht in der Hand des Unternehmers liegen, sondern nur die Politik in der Lage ist, sie zu lösen. Zweifellos können und sollten die politischen Verantwortlichen zum Beispiel durch einen Abbau von Bürokratie, einen leichteren Zugang zu Finanzierungsmitteln oder gezielte Investitionen in die Infrastruktur die Rahmenbedingungen für den Mittelstand attraktiver gestalten. Zukunftsfähig wird aber nur derjenige, der seine Zukunft selbst in die Hand nimmt.
Ein bewährter Lösungsansatz für die genannten Herausforderungen können Mergers and Acquisitions (M&A, Zusammenschlüsse und Übernahmen) sein. Das mag zunächst überraschen, da M&A-Deals häufig vorrangig als Instrument zur Expansion oder zur Trennung von Geschäftsbereichen aufgefasst werden. Doch Zusammenschlüsse und Übernahmen können weit mehr Vorzüge haben, wie das folgende Beispiel beweist.
Im Sommer letzten Jahres wurde der Brandschutz-Marktführer Hhpberlin an Normec, einem niederländischen Spezialisten für Prüfung, Inspektion, Zertifizierung und Konformität, verkauft. Ein Ziel der Transaktion war, dass beide Unternehmen ihren Pool an Fachkräften im Brandschutzbereich vergrößern konnten, um so dem Fachkräftemangel zu trotzen. Der Brandschutz-Marktführer Hhpberlin brachte zudem einen hohen Grad an Digitalexpertise in den Deal mit ein, sodass Normec Impulse für die Digitalisierung der eigenen Prozesse erhielt. Und auch dem steigenden Wettbewerbsdruck können beiden genannten Unternehmen besser begegnen. Denn einerseits erhöhte der Zusammenschluss die Präsenz beider Akteure. Andererseits ergänzen sich die Leistungsportfolios beider Unternehmen so, dass sie ihre Stellung auf dem Markt ausbauen können.
Und noch ein weiteres Beispiel verdeutlicht, wie M&A-Deals Antworten auf Herausforderungen geben können: Im Frühjahr 2022 übernahm der niederländische Technologiekonzern Aalberts die UWS Technologie, einem Innovationstreiber im Wachstumsmarkt der Heizwasseraufbereitung. Durch den Zusammenschluss erhielt die UWS einerseits einen besseren Zugang zu Kapital, das sie für Wachstum und Forschung einsetzen können. Andererseits trägt die erweiterte globale Präsenz beider Unternehmen dazu bei, dass die Lieferkette diversifiziert und so die Abhängigkeit reduziert wurde. Das Beispiel zeigt auch: Durch Megatrends wird der Markt extrem positiv beeinflusst und performt selbst in aktuellen Marktphasen hervorragend. Beide Unternehmen profitieren: UWS hat Zugang zu einem globalen Vertriebsnetz erhalten, Aalberts eine wesentliche Technologie für Energieeffizienz.
Es braucht Mut zur Veränderung
Die beiden geschilderten Fälle stehen exemplarisch für die vielfältigen Möglichkeiten, die sich aus Transaktionen ergeben, lassen sich aber prinzipiell auf jedes Unternehmen übertragen. Sie setzen jedoch voraus, dass Branchentrends frühzeitig erkannt und die eigene Geschäftsstrategie dahingehend angepasst wird. Deswegen ist eine strategische Vorausschau unerlässlich, um zukunftsfähig zu bleiben. Das erfordert auch die Fähigkeit, als Unternehmen offen für Veränderungen zu sein. Unternehmenslenker sollten bereit sein, traditionelle Geschäftsmodelle zu überdenken und auch neue Wege zu beschreiten.
Nicht zu unterschätzen ist zudem die Bedeutung von Netzwerken. Wer Beziehungen auf Augenhöhe zu anderen Unternehmen, Branchenexperten und Beratern pflegt, erhält wertvolle Einblicke – und kann so Chancen frühzeitig erkennen und ergreifen. Der moderne M&A Berater fungiert hier auch als Sparringspartner für wichtige strategische Fragestellungen, auch Jahre vor einem möglichen Unternehmensverkauf oder Zukauf.
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