Martin Braml (links) ist Doktorand am Ifo-Zentrum für Außenwirtschaft und Gabriel Felbermayr ist Leiter des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft und Professor für Volkswirtschaftslehre, insb. Außenwirtschaft, an der Ludwig-Maximilians-Universität München.Foto: Ifo Institut
Die angekündigten und zum Teil bereits eingeleiteten Maßnahmen der USA zum Schutz ihrer Wirtschaft, nicht zuletzt die Einführung von Zusatzzöllen, haben fatale Folgen für das globale Handelssystem. Die USA sind auf dem Weg, die bisherigen Regeln der Weltwirtschaft außer Kraft zu setzen und einen Handelskrieg zu beginnen. Zudem entziehen die USA faktisch der Welthandelsorganisation WTO die Unterstützung. Steht die WTO vor ihrem Ende?
Gefangen in alten Verhandlungsergebnissen
Will die WTO nicht obsolet werden, muss sie alsbald den Nachweis erbringen, dass sie zu weiteren, erfolgreichen Handelsliberalisierungsrunden imstande ist. Dies verunmöglicht jedoch die derzeitige asymmetrische Zollstruktur ihrer Mitgliedstaaten: Vor allem die USA, aber auch die EU machten im Zuge der Uruguay-Runde, die in der Gründung der WTO mündete, weitreichende Konzessionen hinsichtlich der Zollsenkungen. Sie reduzierten ihrerseits die Zölle weit mehr als die damaligen Schwellenländer, um diese überhaupt zum Mitmachen zu bewegen.
Das Verhandlungsergebnis spiegelt somit die Welt von vor 25 Jahren wider, als sich China...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
Da diese Artikel nur für Profis gedacht sind, bitten wir Sie, sich einmalig anzumelden und einige berufliche Angaben zu machen. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Will die WTO nicht obsolet werden, muss sie alsbald den Nachweis erbringen, dass sie zu weiteren, erfolgreichen Handelsliberalisierungsrunden imstande ist. Dies verunmöglicht jedoch die derzeitige asymmetrische Zollstruktur ihrer Mitgliedstaaten: Vor allem die USA, aber auch die EU machten im Zuge der Uruguay-Runde, die in der Gründung der WTO mündete, weitreichende Konzessionen hinsichtlich der Zollsenkungen. Sie reduzierten ihrerseits die Zölle weit mehr als die damaligen Schwellenländer, um diese überhaupt zum Mitmachen zu bewegen.
Das Verhandlungsergebnis spiegelt somit die Welt von vor 25 Jahren wider, als sich China noch nicht geöffnet hatte, als an den breiten Aufstieg Asiens noch nicht zu denken war, als Russland im postkommunistischen Chaos versank und in Südamerika junge Demokratien Militärdiktaturen beerbten. Es war wichtig und richtig, dass unter Federführung des Westens ein multilaterales Handelssystem geschaffen wurde, das die Anpassungskosten vieler Mitgliedstaaten minimierte, indem ihnen weiterhin vergleichsweise hohe Zölle zugestanden wurden.5 Man verschrieb sich dem Prinzip Hoffnung, nämlich dass weitere Zollsenkungen in Zukunft folgen würden, wenn denn alle mal unter einem Dach versammelt sind.
Dieser Ansatz übersah auf fatale Weise seine Langfristfolgen, weil er die Mitgliedstaaten mit unterschiedlicher Verhandlungsmacht bei künftigen Zollsenkungsrunden ausstattete. Da es eine natürliche Untergrenze für Zölle gibt (vollständige Eliminierung), können die USA und die EU den Schwellenländern kaum mehr etwas anbieten, für das diese im Gegenzug ihre hohen Zölle abbauten. Diese Zollasymmetrie trug letztlich zum De-facto-Scheitern der Doha-Runde bei und macht die WTO seitdem weitestgehend handlungsunfähig.
Dieser unzureichenden Situation kommen die Europäer vor allem dadurch bei, dass sie auf bilaterale Handelsliberalisierungen setzen – ein Trend, der global Schule machte, wie der weltweite Bestand an Freihandelsabkommen in der Abbildung zeigt.
5 Gemeint sind MFN-Zölle, also die unter die Meistbegünstigung fallenden Zollsätze.