Von der Ohnmacht zur Obsoleszenz
Die ungewisse Zukunft der WTO

Von der Ohnmacht zur Obsoleszenz
Gefangen in alten Verhandlungsergebnissen
Will die WTO nicht obsolet werden, muss sie alsbald den Nachweis erbringen, dass sie zu weiteren, erfolgreichen Handelsliberalisierungsrunden imstande ist. Dies verunmöglicht jedoch die derzeitige asymmetrische Zollstruktur ihrer Mitgliedstaaten: Vor allem die USA, aber auch die EU machten im Zuge der Uruguay-Runde, die in der Gründung der WTO mündete, weitreichende Konzessionen hinsichtlich der Zollsenkungen. Sie reduzierten ihrerseits die Zölle weit mehr als die damaligen Schwellenländer, um diese überhaupt zum Mitmachen zu bewegen.
Das Verhandlungsergebnis spiegelt somit die Welt von vor 25 Jahren wider, als sich China...
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Gefangen in alten Verhandlungsergebnissen
Will die WTO nicht obsolet werden, muss sie alsbald den Nachweis erbringen, dass sie zu weiteren, erfolgreichen Handelsliberalisierungsrunden imstande ist. Dies verunmöglicht jedoch die derzeitige asymmetrische Zollstruktur ihrer Mitgliedstaaten: Vor allem die USA, aber auch die EU machten im Zuge der Uruguay-Runde, die in der Gründung der WTO mündete, weitreichende Konzessionen hinsichtlich der Zollsenkungen. Sie reduzierten ihrerseits die Zölle weit mehr als die damaligen Schwellenländer, um diese überhaupt zum Mitmachen zu bewegen.
Das Verhandlungsergebnis spiegelt somit die Welt von vor 25 Jahren wider, als sich China noch nicht geöffnet hatte, als an den breiten Aufstieg Asiens noch nicht zu denken war, als Russland im postkommunistischen Chaos versank und in Südamerika junge Demokratien Militärdiktaturen beerbten. Es war wichtig und richtig, dass unter Federführung des Westens ein multilaterales Handelssystem geschaffen wurde, das die Anpassungskosten vieler Mitgliedstaaten minimierte, indem ihnen weiterhin vergleichsweise hohe Zölle zugestanden wurden.5 Man verschrieb sich dem Prinzip Hoffnung, nämlich dass weitere Zollsenkungen in Zukunft folgen würden, wenn denn alle mal unter einem Dach versammelt sind.
Dieser Ansatz übersah auf fatale Weise seine Langfristfolgen, weil er die Mitgliedstaaten mit unterschiedlicher Verhandlungsmacht bei künftigen Zollsenkungsrunden ausstattete. Da es eine natürliche Untergrenze für Zölle gibt (vollständige Eliminierung), können die USA und die EU den Schwellenländern kaum mehr etwas anbieten, für das diese im Gegenzug ihre hohen Zölle abbauten. Diese Zollasymmetrie trug letztlich zum De-facto-Scheitern der Doha-Runde bei und macht die WTO seitdem weitestgehend handlungsunfähig.
Dieser unzureichenden Situation kommen die Europäer vor allem dadurch bei, dass sie auf bilaterale Handelsliberalisierungen setzen – ein Trend, der global Schule machte, wie der weltweite Bestand an Freihandelsabkommen in der Abbildung zeigt.
5 Gemeint sind MFN-Zölle, also die unter die Meistbegünstigung fallenden Zollsätze.
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