Von Rot auf Grün: Wie der Zertifikatemarkt aus der Krise kommt
Quelle: pixelio / Bernhard Thürauf
Hoch geflogen, tief gefallen: Trotz seiner jungen Jahre hat der Zertifikatemarkt bereits ein turbulentes Leben hinter sich. Anfangs waren es eigenständig handelnde Privatanleger, deren Nachfrage das Geschäft mit den vielseitig einsetzbaren Finanzfrischlingen immer lukrativer machte.
Zu wahrer Größe gelangte der Derivatemarkt aber erst, als der Bankvertrieb die neue Produktgattung für sich entdeckte. Aus dem Wachstumsmarkt wurde ein Boom-Markt, in dem wie immer auch einige Anbieter über die Stränge schlugen. In der Hochphase überholten sich die Emittenten mit abenteuerlichen und komplexen Produkten gegenseitig.
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In Massen und mit teils üppiger Vertriebsprovision im Gepäck – 3 Prozent pro Jahr waren keine Seltenheit – wanderten diese Offerten über Bankberater in die Depots ihrer großteils ahnungslosen Kunden. Mit der Lehman-Pleite trat der bis dahin eher theoretische und deshalb auch meistens unter den Teppich gekehrte Makel von Zertifikaten offen zutage: das Emittentenrisiko.
„Die einstürzenden Finanzmärkte lösten eine Fluchtbewegung aus dem Zertifikatemarkt aus“, so Christine Dillinger, die den institutionellen Zertifikatevertrieb bei BNP Paribas leitet. Dillinger weiter: „Die extreme Risikoscheu hat Berater und Kunden gleichermaßen verunsichert und brachte den Zertifikatevertrieb quasi zum Erliegen.“ Innerhalb weniger Monate schrumpfte die Summe der in Zertifikate angelegten Gelder von knapp 140 auf rund 80 Milliarden Euro zusammen.
Blick zurück nach vorn
Für Önder Ciftci, Zertifikatechef bei der Royal Bank of Scotland, hat die Krise auch ihr Gutes: „Nun werden Kunden und Berater bei der Produktauswahl wieder genauer hinsehen und sich besser informieren. Der vielfach ausgegebene Zertifikateschrott wird nach und nach verschwinden.“
Dillinger sieht das ähnlich: „Alle Parteien fordern jetzt verständliche Produkte.“ Dieser Trend komme beiden Seiten zugute – dem Anleger, der nun leichter nachvollziehen kann, wie sein Investment funktioniert, und dem Berater, der sich nicht stundenlang in die Produkteigenschaften einarbeiten muss. „Dies gebietet schon allein die akute Haftungsfrage bei einer möglichen Falschberatung“, so Dillinger.
Bisher bestand das Problem darin, dass simpel gestrickte Zertifikate wie Aktienanleihen oder Bonuszertifikate direkt in den Börsenhandel gingen und so die für den Vermittler notwendige Vertriebsvergütung auf der Strecke blieb. „Dass nun auch vermehrt einfache Produkte zur Zeichnung angeboten werden und der Vermittler somit für seine Beratungsleistung entlohnt wird, ist die logische Konsequenz des Rufes nach Einfachheit“, so Dillinger.
Und langsam, so berichten die Produktanbieter, zieht auch die Nachfrage nach Zertifikaten wieder an. Dillinger beobachtet hier zwei Lager: „Viele Berater sagen: Jetzt erst recht – mit Zertifikaten lassen sich die vielfältigen Kundenwünsche immer noch am besten bedienen.“ Für andere seien Zertifikate vorerst kein Thema: „Hier müssen wir weiter Überzeugungsarbeit leisten.“
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