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Steuer-Experte Andreas Beys Vorabpauschale - 2021 kaum und 2022 gar kein Thema mehr

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Der Anleger wird von der Depotbank aber nur dann mit Kapitalertragssteuer belastet, wenn die steuerpflichtige Bemessungsgrundlage höher als der hinterlegte Freistellungsauftrag liegt. Beträgt dieser den Maximalbetrag in Höhe von 801 Euro (Sparerpauschbetrag) je Anleger, dann kommt es bei den meisten Anlegern zu keiner Steuerbelastung im Rahmen der nächsten Vorabpauschalen-Besteuerung. Man kann mit folgender Formel den Fondsbestand ermitteln, den man haben müsste, damit keine Kapitalertragssteuerbelastung am Jahresanfang erfolgen würde (sofern der maximale Freistellungsauftrag hinterlegt ist):

             Fondsbestand in € = 801 € x (100/Basiszins x 0,70)

Folgt man dieser Berechnung, so müsste das Depot für die Vorabpauschalen-Berechnung 2021 einen Fondsdepotwert von circa 1,63 Millionen Euro (Anzahl der Anteile Anfang 2021 x Fondspreise Anfang 2020) überschreiten, damit der maximal mögliche Freistellungsauftrag in Höhe von 801 Euro überschritten und die Depotbank somit eine Kapitalertragssteuer ermitteln könnte. Wurde ein Großteil der Fondsanteile erst im Laufe des Jahres erworben oder liegt der Bank ein Verlustvortrag aus dem Vorjahr vor, so kann das Depot sogar noch großvolumiger sein, ohne dass Anfang 2021 Kapitalertragssteuern von der Depotbank abgeführt werden könnten.

Gleiches gilt, wenn im Depot zudem auch ausschüttende Fonds liegen oder wenn ein Großteil in Misch-, Aktien- oder Immobilienfonds (Effekt Teilfreistellung) angelegt ist. Die folgende Grafik zeigt auf, wie sich diese Grenz-Fondsdepotbestände je Basiszins verändern können. Mit dieser Übersicht haben Anleger und Anlageberater eine gute Orientierung, zu welchem Vorabpauschalen-Ermittlungszeitpunkt der Freistellungsauftrag in Höhe von 801 Euro ausreichen könnte und wann er es weniger tun würde. Je höher der Basiszins desto eher sind auch Depots mit kleineren Fondsbeständen von einer möglichen Kapitalertragssteuerbelastung betroffen.

So hoch ist das steuerfreie Depotvolumen
in Abhängigkeit vom Basiszins

*für die Berechnung der Vorabpauschale im Folgejahr. Die Abbildung zeigt das steuerfreie Depotvolumen in Bezug auf die Ermittlung der Kapitalertragssteuerbelastung in Verbindung mit der Vorabpauschale. Voraussetzung: Der Freistellungsauftrag liegt in voller Höhe vor (801 €). Bei der Zusammenveranlagung verdoppeln sich die Werte. Für 2021 gilt der Basiszins in Höhe von 0,07 Prozent (Vorjahr: 0,52 Prozent). Quelle: Sauren Fonds-Service AG

 

Aufgrund des sehr geringen Basiszinses kann ein Anleger mindestens bis zu 1,63 Millionen Euro im Fondsbestand haben, ohne dass er zu Jahresbeginn Kapitalertragssteuer abführen muss – zumindest bei Hinterlegung des kompletten Freistellungsauftrags in Höhe von 801 Euro. Der individuelle Fondsbestand kann sogar noch höher ausfallen, wenn verstärkt auf Misch-, Aktien- und/oder offene Immobilienfonds gesetzt wurde (Teilfreistellungseffekt).

Fazit

Aufgrund des mittlerweile sehr geringen Zinsniveaus ergibt sich Anfang 2021 für Anleger in Sachen Vorabpauschalen-Besteuerung nur eine geringe steuerliche Belastung – selbst bei relativ hohen Fondsbeständen. Unter Einsatz des vollständigen Freistellungsauftrags müssen Anleger selbst mit einem Fondsvermögen von bis zu 1,63 Millionen Euro sich keine Gedanken darüber machen, wie viel Geld auf ihren Liquiditätskonten für die Vorabpauschalen-Besteuerung hinterlegt sein muss.

Eine besondere Situation ergibt sich für das kommende Jahr 2022: Am 6. Januar 2021 veröffentlichte das Bundesfinanzministerium den Basiszins für die Berechnung der Vorabpauschale 2022. Weil dieser Zins zum 4. Januar 2021 negativ ist, steht jetzt schon fest, dass für 2022 gar keine Vorabpauschale erhoben wird. Den Basiszins ermittelt die Deutsche Bundesbank regelmäßig anhand der Zinsstrukturdaten für Bundeswertpapiere mit jährlicher Kuponzahlung und einer Restlaufzeit von 15 Jahren.

Ergo: In Zeiten extrem niedriger oder gar negativer Zinsen müssen sich Anleger zum Jahreswechsel kaum oder gar keine Gedanken mehr machen, ob und wie viel Liquidität sie für Steuerzahlungen bereithalten müssen.


Über den Autor:
Andreas Beys ist Finanzvorstand des Kölner Dachfondshauses Sauren. Er ist außerdem Mitglied im Steuerausschuss und im Altersvorsorgeausschuss des deutschen Fondsverbands BVI.

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