Trotz zuletzt starker Performance Vorsicht bei Rohstoffinvestments
Die Aktienmärkte starteten unter starken Schwankungen ins Jahr 2022: Der Krieg in der Ukraine hat zu massiven Verwerfungen am Ölmarkt geführt. Das hat den Druck auf die ohnehin noch mit der Corona-Pandemie und den Problemen in den Lieferketten beschäftigen Kapitalmärkte weiter verstärkt. Eine überdurchschnittliche Performance zeigten indes der Energie- und der Bergbausektor.
Diese beiden Branchen sind am britischen Aktienmarkt hoch gewichtet. Wir sind aber bereits seit langem der Meinung, dass es im Vereinigten Königreich um weit mehr als nur um Rohstoffe (und Banken) geht – was uns von den meisten unserer Mitbewerber unterscheidet. Wir haben große Vorbehalte aufgrund der Unvorhersehbarkeit der Rohstoffpreise und denken nicht, dass wir als aktive Manager einen Vorteil haben. Denn Ölaktien werden meist auf Basis der Ölpreise gehandelt. Daher verfügen Anleger nur über begrenzten Spielraum für Prognosen zur weiteren Entwicklung des Sektors.
Außerdem ist die Volatilität der Rohstoffpreise ein Problem. 2008 lag der Ölpreis beispielsweise zu Beginn des Jahres bei rund 95 US-Dollar, stieg im Sommer auf 150 US-Dollar und sank zum Jahresende auf 50 US-Dollar. Zugegeben: Es war hart, im ersten Halbjahr 2008 nur wenige Öl- und Bergbauunternehmen im Portfolio zu haben. In der zweiten Jahreshälfte aber war das Gegenteil der Fall!
Darüber hinaus sind wir der Auffassung, dass die meisten Unternehmen des Sektors eine schwache Kapitalrendite (Return on Capital Employed, ROCE) aufweisen, während hoher Kapitalbedarf für Investitionen und die Verschuldung Belastungsfaktoren darstellen.
Jeder Ölpreisschock verläuft anders
Obwohl die Mega-Caps aus dem Energie- und Rohstoffsektor einen großen Teil des britischen Index FTSE All Share ausmachen, sehen wir zahlreiche bessere Möglichkeiten für wirklich aktive Manager. Das britische Aktienteam von Columbia Threadneedle versucht daher, durch eine Bottom-up-Aktienanalyse in Bereichen, in denen wir unserer Meinung nach einen echten Vorteil haben, Überrendite zu erzielen. Ein Beispiel ist der Industriesektor. Dort beeinflussen zahlreiche Faktoren die Unternehmensentwicklung, weshalb er viel besser für eine gründliche Fundamentalanalyse geeignet ist.
Wir möchten jedoch darauf hinweisen, dass jeder Ölpreisschock anders verläuft. Es gab in der jüngeren Geschichte vier ähnliche Ereignisse wie jetzt, als der Preis für ein Fass der Nordseesorte Brent das Zweifache seines gleitenden Dreijahresdurchschnitts überstieg: 1974, 1979, 1990 und 2000. Nach jedem dieser Schocks ist der US-amerikanische ISM-Einkaufsmanagerindex gefallen, was auf eine Schrumpfung der Wirtschaft hindeutet. Im Gegensatz dazu weist der aktuelle Wert auf eine starke Dynamik hin, die zur Schadensbegrenzung beitragen dürfte.
Was die Aktienrenditen nach einem Ölpreisschock angeht, fiel der globale MSCI All Country World Index in den 12 Monaten nach den Preisspitzen von 1974 und 2000 um 30 Prozent. In den 12 Monaten nach den Höchstständen von 1979 und 1990 stieg er hingegen um 10 Prozent (siehe Grafik). Steigende Ölpreise sind also nicht immer schlecht für Aktien.
Grafik: Der MSCI All Country World sechs Monate vor und zwölf Monate nach Ölpreisspitzen
Schützen Minenaktien wirklich vor Inflation?
Der Bergbausektor derweil hat sich in den vergangenen drei Monaten 20 Prozent besser entwickelt als der Gesamtmarkt und scheint nun überbewertet. Das dürfte ebenfalls auf die gestiegenen Rohstoffpreise zurückzuführen sein.
Die Metallmärkte mögen zwar kurzfristig einen gewissen Schutz vor Inflation bieten. In Wahrheit aber reagieren die Preise – und damit die Nachfrage – empfindlich auf geldpolitische Straffungen in den USA. Der aktuelle Zinserhöhungszyklus der Fed wird die Realzinsen in die Höhe treiben, was wiederum die Opportunitätskosten von Rohstoffen gegenüber anderen US-Dollar-Anlagen erhöht. Die Anleger werden dann wahrscheinlich ihr Engagement an den Rohstoffmärkten ungeachtet der fundamentalen Unterstützung verringern.
Wie Warren Buffet schon in seinem Jahresbericht 1983 feststellte, „sind die Erträge der Rohstoffunternehmen in den 70er-Jahren trotz der galoppierenden Inflation real deutlich zurückgegangen. Die positiven Auswirkungen steigender Umsätze werden schnell durch ausufernde Ausgaben für laufende Kosten, Investitionen und Übernahmen als Ersatz für schwindende Rohstoffvorkommen zunichte gemacht“.
Bauboom in China ist vorbei
Unabhängig davon ist anzumerken, dass der wichtigste Nachfragetreiber für Bergbauunternehmen in den vergangenen 20 Jahren China war. De Bauboom ist dort aber vorüber. Darüber hinaus könnte die zunehmende Verfügbarkeit und Verwendung von Schrott in der Stahlindustrie die Eisenerznachfrage belasten. Dass sich China gleichzeitig um eine nachhaltigere Entwicklung bemüht, dürfte den Effekt der Infrastrukturausgaben von US-Präsident Joe Biden ausgleichen.
Alles in allem denken wir nicht, dass dies der Beginn eines Superzyklus ist. Vielmehr handelt es sich um eine Reflation nach der Rezession. Diese entsteht durch einen Kreditüberschuss und eine weltweite Aufstockung der Lagerbestände, wobei die Angebotsseite nur langsam reagiert. Solche Phasen dauern in der Regel 12 bis 18 Monate