Referentenentwurf für private Altersvorsorge Vorsorgedepot und Riester-Reform: Die Lindner-Pläne und die Reaktionen darauf
Er ist da – der Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums zur geförderten privaten Altersvorsorge. Sie solle „flexibler, transparenter, renditestärker und kostengünstiger werden, um ihre Attraktivität insgesamt und damit ihren Verbreitungsgrad zu erhöhen“, heißt es in dem gestern an die anderen Ressorts verschickten Dokument, das mehreren Medien wie „BILD“, „F.A.Z“ und „Handelsblatt“ nach eigenen Angaben vorliegt. Wesenskern des Gesetzesvorhabens ist, dass auch bei staatlich geförderten Vorsorgeprodukten ein höheres Risiko möglich sein soll. Über ein Altersvorsorgedepot sollen deshalb auch langfristige Anlagen in Aktienfonds und ETFs ermöglicht werden.
Vorschläge lagen seit über einem Jahr auf dem Tisch
Grundsätzlich bleibt der Dreiklang aus staatlicher, betrieblicher und privater Vorsorge erhalten. Mit der Reform setzt Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ein zentrales Vorhaben der Ampelkoalition um. Die Vorschläge der von der Bundesregierung eingesetzten „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ lagen bereits seit vergangenem Jahr auf dem Tisch. „Ein Ziel dieser Reform ist es, den Wettbewerb zu stärken, um ein effizientes Angebot zur Lebensstandardsicherung nach Renteneintritt für breite Bevölkerungsgruppen zu schaffen“, heißt es in dem Entwurf.
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Er ist da – der Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums zur geförderten privaten Altersvorsorge. Sie solle „flexibler, transparenter, renditestärker und kostengünstiger werden, um ihre Attraktivität insgesamt und damit ihren Verbreitungsgrad zu erhöhen“, heißt es in dem gestern an die anderen Ressorts verschickten Dokument, das mehreren Medien wie „BILD“, „F.A.Z“ und „Handelsblatt“ nach eigenen Angaben vorliegt. Wesenskern des Gesetzesvorhabens ist, dass auch bei staatlich geförderten Vorsorgeprodukten ein höheres Risiko möglich sein soll. Über ein Altersvorsorgedepot sollen deshalb auch langfristige Anlagen in Aktienfonds und ETFs ermöglicht werden.
Vorschläge lagen seit über einem Jahr auf dem Tisch
Grundsätzlich bleibt der Dreiklang aus staatlicher, betrieblicher und privater Vorsorge erhalten. Mit der Reform setzt Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ein zentrales Vorhaben der Ampelkoalition um. Die Vorschläge der von der Bundesregierung eingesetzten „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ lagen bereits seit vergangenem Jahr auf dem Tisch. „Ein Ziel dieser Reform ist es, den Wettbewerb zu stärken, um ein effizientes Angebot zur Lebensstandardsicherung nach Renteneintritt für breite Bevölkerungsgruppen zu schaffen“, heißt es in dem Entwurf.
Riester-Reform statt Abschaffung
Die Reform bedeutet indes keine Abschaffung der seit Jahren stagnierenden Riester-Rente mit noch knapp 16 Millionen, von den viele nicht mehr aktiv bespart werden. Doch zeitgemäß war das einstige Vorzeigeprojekt schon lange nicht mehr. So bemängeln Verbraucherschützer seit Jahren hohe Vertriebs- und Verwaltungskosten und eine unübersichtliche Produktvielfalt. Im Gesetzentwurf heißt es zur Riester-Krise: „Gründe für diese Entwicklung liegen in der langen Niedrigzinsphase, aber auch in kostentreibenden und renditemindernden Vorgaben.“
Mit den Neuerungen haben Arbeitnehmer ab Januar 2026 die Wahl zwischen zwei verschiedenen Anlageformen. Die Garantieprodukte ähneln der bisherigen Riester-Rente und können etwa zertifizierte Rentenversicherungen sein. Neu ist, dass es im Sinne der Renditechancen künftig zwei „Garantiestufen“ von 80 und 100 Prozent geben soll. Der Gesetztgeber erhofft sich laut „Handelsblatt“ eine „Standardisierung, Vergleichbarkeit und einfache Wechselmöglichkeiten“. So soll unter anderem keine Absicherung gegen eine verminderte Erwerbsfähigkeit mehr möglich sein. Mit dem Gesetz sei ein „klarer Fokus auf die Altersvorsorge“ vorgesehen. Das Finanzministerium erhoffe sich dadurch Kostensenkungen.
Altersvorsorgedepot ermöglicht weitgehend freie Geldanlage
Mit dem in den vergangenen Wochen bereits viel diskutierten Altersvorsorgedepot ohne Garantien kommt ein Paradigmenwechsel in die geförderte Altersvorsorge. Sie ist die zentrale Neuerung der Lindner-Reform. Banken oder Versicherungen können das Altersvorsorgedepot als eine Art Hülle anbieten. Vorsorgesparer können dann beispielsweise in Fonds oder ETFs investieren und erhalten wie bei der klassischen Riester-Rente auch eine staatliche Förderung, wenn sie das Depot bis zum Rentenalter halten. Im geplanten Gesetzestext heißt es: „Höhere Risikobereitschaft geht hierbei mit langfristig höheren Renditemöglichkeiten einher.“
Für das neue Produkt soll es eine Positivliste geben mit Produkten, in die investiert werden darf. Pro Förderberechtigten soll nur ein Depot möglich sein. Für alle, die nicht selbst Fonds auswählen wollen, soll es künftig auch ein „Referenzdepot“ geben. Dabei handle es sich um einen „einfachen Sparplan mit reduzierten Wahlrechten für den Vorsorgesparer. Hier soll es „einschränkende Vorgaben hinsichtlich der Risikoklassen der Fonds“ geben, wie es im Entwurfstext heißt.
Förderung wird erhöht
Was die staatliche Förderung angeht, bleibt es bei Zulagen beziehungsweise einer steuerlichen Förderung, wenn dies vorteilhafter ist. Für jeden Euro, der in eines der Vorsorgeprodukte gesteckt wird, gibt es 20 Cent vom Staat als Förderung obendrauf. Dabei gelten Grenzen: Man muss mindestens 120 Euro im Jahr zur Seite legen, die Höchstgrenze liegt bei 3000 Euro. Gefördert wird die private Altersvorsorge also mit maximal 600 Euro im Jahr. Für Gutverdiener könnte es attraktiver sein, statt der Zulage die 3000 Euro als Sonderausgaben steuerlich geltend zu machen. Ab 2030 sollen Eigenbeiträge bis zu 3.500 Euro steuerlich geltend gemacht werden können.
Für Familien ist eine zusätzliche Förderung vorgesehen: Für Eltern gibt es pro Kind eine Zulage von 25 Cent pro Euro Vorsorgebetrag. Maximal beträgt sie 300 Euro pro Kind. Bezieher von Jahreseinkommen unter 26.250 Euro sollen eine Bonuszulage von 175 Euro erhalten. Berufseinsteiger unter 25 Jahren können bis zu drei Jahre einen Bonus von bis zu 200 Euro erhalten.
Früheste Auszahlung erst mit 65 Jahren
An der bisherigen steuerlichen Fördersystematik, also einer steuerlichen Freistellung der Beiträge in der Ansparphase und einer nachgelagerten Besteuerung in der Auszahlungsphase, wird vom Grundsatz her festgehalten. Der Gesetzentwurf sieht vor, die Altersgrenze für den frühestmöglichen Auszahlungszeitpunkt von 62 auf 65 Jahre anzuheben oder wie bisher auf den Beginn der gesetzlichen Rentenzahlung. Damit wolle man „dem ansteigenden Renteneintrittsalter entsprechen“.
Verlierer GDV nur mit gemäßigter Kritik
Für die Versicherer sind die Pläne die erwartete Niederlage, während die Fondsbranche jubeln dürfte. Erste Reaktionen machten dies aber nur bedingt deutlich. Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV, ließ sich mit folgenden Worten zitieren: „So wie die Reform gestaltet ist, bleibt die lebenslange Absicherung auf der Strecke: Altersvorsorge ist mehr als Vermögensaufbau. Die lebenslange Absicherung ist die Stärke der Lebensversicherung.“ Damit knüpfte er an die Worte von GDV-Präsident Norbert Rollinger an, der vergangene Woche beim Versicherungstag seines Interessenverbands und mit einem Interview in der „F.A.Z“ noch einmal den Erhalt der lebenslangen Leistung gefordert hatte.
Im Zuge dessen hatte Rollinger einen reinen Auszahlplan, für die breite Bevölkerung als ungeeignet bezeichnet und im Zuge dessen scharf gegen den BVI Bundesverband Investment und Asset Management ausgeteilt, der das Altersvorsorgedepot befürwortet. Jetzt, wo die ersten Entscheidungen vor dem parlamentarischen Verfahren gefallen sind, klingen die Worte von Asmussen gemäßigter: „Es ist gut, dass die Förderung einfacher werden soll. Das senkt die Zugangsschwellen. Gleichzeitig ist es wichtig darauf zu achten, dass auch weiterhin Geringverdiener, Alleinerziehende und Familien mit Kindern besonders von der Förderung profitieren. Diese Zielgruppen sollten der Kern der geförderten privaten Altersvorsorge sein.“
BVI spricht von Paradigmenwechsel in der privaten Altersvorsorge
Von Hauptgeschäftsführer Thomas Richter vom Fondsverband BVI hieß es erwartungsgemäß: „Das ist ein großer Wurf und bedeutet einen Paradigmenwechsel in der privaten Altersvorsorge. Das bisherige, weltweit längst überholte Mantra, dass Altersvorsorge eine 100 Prozent Beitragsgarantie und eine Leibrente umfassen muss, gilt nicht mehr. Das ist revolutionär und macht die Altersvorsorge für die Sparer attraktiv, weil sie renditestärker anlegen können.“ Die Bürger hätten endlich Wahlfreiheit statt gesetzlichen Zwang. Entsprechend wird die Möglichkeit, den Verzicht auf Garantien und Verrentung auch auf den Bestand der Riester-Verträge anzuwenden, vom BVI befürwortet.
BVK: Lob für Reform, aber Kritik an sogenannter Wahlfreiheit
Der Bundverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) als größter Vermittlerverband sieht wiederum eben diese Wahlfreiheit skeptisch. Es müsse keine Absicherung des Langlebigkeitsrisikos erfolgen. Verbraucher müssten vor einem Abrutschen in den Grundsicherungsbedarf im hohen Alter geschützt werden. Diesbezüglich will sich der BVK nach eigener Aussage dafür einsetzen, dass eine kompetente Beratung der Verbraucher sichergestellt wird.
In Summe gab es aber durchaus Lob für Entwurf. „Als Altersvorsorgeexperten freuen wir uns, dass diese wichtige und überfällige Reform endlich umgesetzt wird und einige der vom BVK in die Fokusgruppe Altersvorsorge eingebrachten Gedanken aufgenommen wurden“, so BVK-Präsident Michael H. Heinz. Man unterstützte insbesondere das Ziel, die geförderte private Altersvorsorge flexibler, transparenter und renditestärker zu machen, um ihre Attraktivität und ihren Verbreitungsgrad zu erhöhen.
Verbraucherschützer sehen Kostenproblem ungelöst
Negativ äußerte sich der Verbraucherzentrale Bundesverband. Sie bezeichnet die private Altersvorsorge als das aus Verbrauchersicht drängendste Thema. Der vorliegende Entwurf bleibt deutlich hinter deren Erwartungen zurück, heißt es in einem veröffentlichten Statement von Dorothea Mohn, Leiterin Team Finanzmarkt bei dem Interessenverein. „Das Problem sind die viel zu hohen Kosten bei den derzeitigen Verträgen: Hohe Kosten verhindern gute Renditen und damit gute Renten. Der Gesetzentwurf gibt keine Antwort darauf, wie das Sparen fürs Alter künftig kostengünstig gelingt. Positiv ist, dass Verbraucher neben einer lebenslangen Rente künftig ihr Riestergeld auch einfach monatlich auszahlen lassen können.“