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Vorsorgelücke Auch Pflege braucht Vollkasko

Illustration der Zahl Pflegebedürftiger in Deutschland in den Jahren 1999 bis 2017.
Illustration der Zahl Pflegebedürftiger in Deutschland in den Jahren 1999 bis 2017. | Foto: Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), Illustration: macrovector / Freepik

Mit einem Heilsversprechen meldete sich das SPD-geführte Bundessozialministerium zwei Wochen vor den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen aus der Sommerpause zurück: Eltern und Kinder von Pflegebedürftigen sollen mit dem geplanten Angehörigen-Entlastungsgesetz „nachhaltig und spürbar“ unterstützt werden: „Wir nehmen ihnen die Angst vor unkalkulierbaren finanziellen Forderungen. Künftig müssen sie erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro einen Beitrag zu den Pflegekosten leisten.“

Aktuell sind Alleinstehende erst ab einem Nettoeinkommen unter 21.600 Euro beziehungsweise bei Familien unter 38.800 Euro pro Jahr von dieser Pflicht befreit. Wer den Eigenanteil seiner Pflegekosten nicht aus seinen Reserven abzüglich eines Schonvermögens von 5.000 Euro stemmen kann, muss beim Sozialamt die sogenannte Hilfe zur Pflege beantragen. Diese Leistung kann das Sozialamt wiederum von den Kindern zurückfordern. Denn sie sind gesetzlich dazu verpflichtet, im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten für den Unterhalt ihrer Eltern zu sorgen.

Grund dieser unangenehmen Überraschung ist, dass die staatliche Pflegekasse vom Gesetzgeber nur als Teilkaskoversiche rung angelegt wurde. Sie deckt also längst nicht alle Kosten ab. Genau das erwarten allerdings 43 Prozent der Teilnehmer einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Postbank. Demnach gehen weitere 21 Prozent der vom Marktforschungsinstitut Kantar Emnid befragten Deutschen über 18 Jahre davon aus, dass der Eigenanteil für einen Platz im Pflegeheim unter 1.000 Euro liegt.

Damit unterschätzen sie deutlich den bundesweiten Durchschnittswert von 1.891 Euro: Im regionalen Vergleich schwankt die Höhe der finanziellen Belastung eines Pflegebedürftigen in der stationären Pflege zwischen 2.337 Euro pro Monat in Nordrhein-Westfalen und 1.331 Euro in Sachsen-Anhalt, berichtet der Verband der Ersatzkassen zum Stichtag 1. Juli. „In Summe verkennen zwei Drittel aller Deutschen die Kosten, die sie im Pflegefall selbst zu tragen hätten“, kommentiert der Verband der Privaten Krankenversicherung die Umfrageergebnisse. Selbst bei den über 60-Jährigen ist das Unwissen erschreckend groß.

Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), Illustration: macrovector / Freepik

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Noch steht die Generation der bis zur Mitte der 60er Jahre geborenen Babyboomer zwar im Berufsleben und zahlt damit auch in die umlagefinanzierten Sozialversicherungen ein. Doch die sogenannte demografische Dividende nähere sich ihrem Ende, warnt Manuel Slupina vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Der Anteil älterer Menschen werde in den kommenden 20 Jahren deutlich wachsen. Dadurch sei auch ein Anstieg der Pflegefälle in Deutschland zu erwarten. So prognostizieren die Experten der Bertelsmann Stiftung 5 Millionen Pflegebedürftige im Jahr 2045. Das wären 1,6 Millionen Menschen mehr als Ende 2017.

Durch den demografischen Wandel droht in der Folge eine enorme Mehrbelastung der Beitragszahler, schätzt das Wissenschaftliche Institut des PKV-Verbands. „Die schon bald überforderte Umlagefinanzierung der Pflegeversicherung darf nicht noch mehr ausgeweitet, sondern muss sinnvoll ergänzt werden“, forderte daher auch der ehemalige PKV-Verbands-präsident Uwe Laue zu seinem Abschied im Juni. Menschenwürdige Pflege bleibe hierzulande nur finanzierbar, wenn die Politik die Eigenvorsorge stärke.

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