Vorteile antizyklischer Investments „Aktueller Gegenwind macht Aktienhausse nicht den Garaus“
Wie ist Ihr Ausblick für internationale Aktien?
Steve Watson: Viele Beobachter sprechen über das Ende der Aktienhausse. Der neunjährige Aufschwung gerate in Gefahr – durch hohe Bewertungen, steigende Zinsen und weltpolitische Unsicherheiten, sagen sie. Manche schlagen sogar vor, die Barmittelquote zu erhöhen. Andere empfehlen, Wachstumswerte zu verkaufen und stattdessen auf sichere Häfen zu setzen. Ich sehe das anders. Natürlich sind die Bewertungen amerikanischer Aktien gestiegen, aber viele Märkte sind noch immer attraktiv bewertet. Beispielsweise versprechen Emerging-Market-Aktien höhere Langfristerträge als der Standard & Poor’s 500 Index, einfach nur weil sie zurzeit recht günstig sind.
Ja es stimmt. Wir sind vermutlich in der Endphase der recht synchronen und stabilen Weltkonjunktur, und doch könnte der Aufschwung noch einige Zeit weitergehen. Viele Unternehmen sind nicht organisch gewachsen, sondern haben Kapital gehortet oder es für Aktienrückkäufe, Fusionen und Übernahmen genutzt. Erst in den letzten ein oder zwei Jahren haben sie wieder begonnen, eigene Kapazitäten aufzubauen. Ich glaube, dass das Wachstum noch einige Zeit anhalten kann. Deshalb bin ich voll investiert und halte nur wenig Kasse.
Aber gibt es denn keinen Gegenwind für die Aktienmärkte?
Watson: Verstehen Sie mich nicht falsch. Natürlich gibt es überall Herausforderungen. Sie gibt es immer. Es drohen Handelskonflikte, insbesondere zwischen den USA und China; das Ideal des Freihandels wird in Frage gestellt. Die anhaltende Volatilität der Aktienmärkte spiegelt diese Unsicherheit wider. Ein ausgewachsener Handelskrieg wäre für Aktien eine Herausforderung. Aber vielleicht traue ich den Regierungen mehr als andere Kollegen zu, ihre Differenzen zu lösen.
Man sollte auch nicht vergessen, dass es bei den Handelskonflikten meist um Güter geht. Der grenzüberschreitende Daten- und Kapitalfluss wächst hingegen enorm. Dies dürfte das Weltwirtschaftswachstum weiter sehr voranbringen. Viele der stabilen internationalen Unternehmen im New-Perspective-Portfolio, etwa Alphabet, Microsoft und JPMorgan Chase, profitieren von diesen Daten- und Kapitalströmen und könnten sich daher als krisenfest erweisen.
Und so richtig es ist, dass die Zinsen steigen: Die Geschichte lehrt uns, dass höhere Zinsen nicht unbedingt schlecht für Aktien sein müssen – es sei denn, sie steigen zu schnell. Ich glaube, dass die Inflation noch einige Zeit niedrig bleiben wird. Die Notenbanken dürften die Leitzinsen daher nur maßvoll anheben.
Alles in allem gibt es also durchaus Dinge, die schieflaufen können. Aber ich glaube nicht, dass sie der Aktienhausse den Garaus machen. Wie heißt die alte Börsenweisheit? ‚Die Hausse wächst in der Skepsis‘. Ich bin vorsichtig optimistisch, dass die Aktienkurse in den nächsten Jahren weiter steigen. Als einzelwertorientierter Investor setze ich auf ausgewählte Unternehmen, und als bewertungsorientierter Antizykliker meide ich Unternehmen, für die man meiner Ansicht nach zu optimistisch ist. Stattdessen interessieren mich Firmen, die aufgrund von übertriebenem Pessimismus unterbewertet sind.