Quantex-Manager Peter Frech über Emerging Markets „Die Vorurteile gegenüber Schwellenländern sind falsch!“
Als die Inflationsrate im Februar 2021 erstmals nach dem Corona-Crash wieder die Marke von 5 Prozent durchbrach, reagierte die Notenbank entschlossen und erhöhte die Zinsen um 0,75 Prozent. Die Rede ist natürlich von der brasilianischen Zentralbank, nicht den Schnarchnasen der amerikanischen Federale Reserve (Fed) oder der Europäischen Zentralbank (EZB), welche das ganze Jahr 2021 noch mit Träumereien über „transitorische Inflation“ verbrachten.
Fed und EZB mit späten Zinsschritten
Erst mehr als ein Jahr später im März 2022 begann die US-Notenbank mit dem ersten Zinsschritt auf 0,5 Prozent, als die Teuerung bereits 7,9 Prozent erreicht hatte. Die EZB verharrte noch länger im Tiefschlaf und erhöhte die Zinsen erstmals im Juli dieses Jahres aus dem negativen Bereich auf 0 Prozent – bei einer Inflationsrate von damals schon 8,6 Prozent. Die Notenbanker der Industrieländer hatten offensichtlich nach zwei Jahrzehnten mit sehr tiefer Inflation ihre Fähigkeiten oder gar den Willen zur Inflationsbekämpfung verloren und müssen sie nun „on the job“ neu erlernen. Die Notenbanker der Emerging Markets dagegen konnten sich diesen Luxus nicht erlauben.
Brasilien kam nie in den zweifelhaften Genuss von Nullzinsen oder gar Negativzinsen – doch entsprechend gut können Staat und Wirtschaft nun mit hohen Zinsen umgehen, man kennt es ja nicht anders. Aktuell liegt die Teuerung im Amazonasstaat bei 7,2 Prozent mit sinkender Tendenz und damit deutlich unter der Inflationsrate in den USA oder der Eurozone. Auch Länder wie Mexiko oder Indonesien haben die Inflation viel besser im Griff als die großen Industriestaaten.
Wegen generell geringerer Verschuldungen von Staat und Haushalten dürften die Länder des Südens auch weniger zukünftige Probleme mit den Zinsen bekommen. In den meisten Industriestaaten droht dagegen eine gefährliche Spirale aus überbordenden Staatsschulden, Fiskaldefiziten und Inflation – oder ein deflationärer Crash mit Bankenpleiten.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Doch warum ist es trotz eklatant besserer Fundamentaldaten der Emerging Markets so, dass die meisten Anleger kaum an Investments in diese Länder denken und wir als Fondsmanager ständig mit kritischen Fragen zu unseren Aktien in Brasilien, Mexiko oder Indonesien konfrontiert werden?
Der Home Bias spielt eine große Rolle, also die allzu menschliche Tendenz, dass die Vertrautheit mit etwas ein Gefühl der Sicherheit gibt. Der Anleger glaubt, die politischen Risiken oder die Führung eines Unternehmens im eigenen Land besser einschätzen zu können als in Ländern auf der anderen Seite des Globus. Von diesen hört man in den Nachrichten ohnehin meist nur die schlechten News, was die falschen Vorurteile nährt. Das Kapitol wurde allerdings kürzlich in Washington gestürmt und nicht in Brasilia. Und der größte Finanzbetrug der letzten Jahre fand mit Wirecard in Deutschland statt. Ganz zu schweigen von den Pleiten und Betrügereien, die aus dem irren Krypto- und Startup-Boom noch ans Tageslicht kommen dürften.