Vorwurf der Schleichwerbung „Finanztip handelt quasi als Provisionsvertrieb“
Die Richter am Oberlandesgericht Dresden haben die Verantwortlichen des Ratgeberportals Finanztip in einer aktuellen Entscheidung dazu verurteilt, „Wettbewerbsverletzungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ zu unterlassen. Diese Rechtsverstöße seien durch sogenannte Affiliate‐Links zu den Online-Vergleichsportalen Verivox und Check24 entstanden, heißt es in dem Urteil (vom 05.07.2019; Aktenzeichen: 14 U 207/19).
Weil Finanztip Affiliate‐Provisionen erhalte, stellten die Links geschäftliche Handlungen dar. Diese seien jedoch unlauter, weil der Verbraucher vor der Benutzung der Vergleichsrechner nicht ausreichend darauf aufmerksam gemacht werde, dass diese Preisübersichten Werbung enthielten. Mit dieser Argumentation folgte das Oberlandesgericht dem klagenden Unternehmen Bürgergas, einem Energiedienstleister aus dem hessischen Gründau.
Rechtsstreit in zweiter Instanz
Der unabhängige Gas‐ und Stromversorger hatte Finanztip bereits vor zwei Jahren abgemahnt. Dabei ging es darum, dass kommerzielle Inhalte unzureichend gekennzeichnet seien und die wahrheitswidrige Angabe, der Finanztip-Vergleichsrechner beinhalte keine Werbung. Denn die Berliner bieten auf ihrer Internetseite zwei Vergleichsrechner für Strom und Gas an, der über Affiliate‐Links mit den Vergleichsportalen Verivox und Check24 verknüpft sind.
„Man warnt vor traditionellen Maklern und Finanzberatern,
weil diese Provisionen von Produktanbietern erhalten,
handelt aber selbst quasi als Provisionsvertrieb“
Tilmann Haar, Bürgergas
Obwohl Finanztip mit den Affiliate‐Links Geld verdient, handele es sich hierbei nicht um Werbung im juristischen Sinn, urteilte das Landgericht Leipzig (21.12.2018; 50 2367/17) in der ersten Instanz. Demnach sei keine Wettbewerbsförderungsabsicht festzustellen, „da die gewählte Art der Finanzierung auf die ermittelte Listung der Tarifempfehlungen keinen Einfluss hat und nicht darauf abzielt, bestimmte Unternehmen zu fördern oder zu bewerben.“
Vergleichsportal nicht „werbefrei“
Gegen dieses Urteil war Bürgergas vor das Oberlandesgericht Dresden gezogen. Laut dessen noch nicht rechtskräftigem Urteil, gegen das Revision nicht zugelassen wurde, muss Finanztip seine Links nun als kommerziell kennzeichnen und darf sein Angebot nicht mehr werbefrei nennen. „Wir teilen die Einschätzung des Gerichts nicht und prüfen alle verfügbaren rechtlichen Schritte gegen das Urteil“, kommentiert ein Sprecher auf Anfrage von DAS INVESTMENT.
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„Niemand kann einfach so auf Finanztip werben“, begründet er seinen Widerstand gegen das Urteil, das bei Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro vorsieht. „Wir empfehlen ausschließlich verbraucherfreundliche Angebote, die zuvor von uns geprüft wurden.“ Nur solche Angebote könnten überhaupt Affiliate-Partner werden. „Wenn wir auf einen Affiliate-Partner verlinken, kennzeichnen wir diese Links klar und deutlich.“
Parallele zu Kritik an Finanzberatern
Ganz anders fällt naturgemäß der Kommentar von Tilmann Haar aus: „Ich freue mich über die klare Entscheidung des Gerichts und die Verurteilung von Finanztip zur deutlichen Kennzeichnung seiner kommerziellen Inhalte.“ Denn es sei „ärgerlich, dass sich Finanztip als nicht gewinnorientiert, werbefrei und transparent darstellt, die Verbraucher jedoch über die eigenen kommerziellen Interessen im Unklaren lässt“, so der Bürgergas-Geschäftsführer weiter.
„Man warnt vor traditionellen Maklern und Finanzberatern, weil diese Provisionen von Produktanbietern erhalten, handelt aber selbst quasi als Provisionsvertrieb“, so Haar. Als skandalös bezeichnet er das Versprechen von Finanztip, sich an den Pressekodex des Deutschen Presserats halten zu wollen, jedoch gegen dessen Richtlinien zur Schleichwerbung zu verstoßen. „Das Ganze wiegt umso schwerer, da Herr Tenhagen als populärer Verbraucherschützer das Gesicht von Finanztip ist.“