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Aktualisiert am 08.09.2017 - 12:22 Uhrin Aus der Fondsbranche: PersonalienLesedauer: 3 Minuten

Wachtendorf-Kolumne Achtung – Schlachtung!

Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS
Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS

Krebsbefallene Lungen, schwarze Zahnstummel, faulende Beine – die im Frühjahr 2014 in Kraft getretene EU-Tabakproduktrichtlinie sorgt seit Mitte Mai auch in Deutschland dafür, dass Raucher durch entsprechende Schock-Bilder auf den Zigarettenpackungen mit den Folgen ihres Tuns konfrontiert werden. Eine im Vorfeld nicht unumstrittene Maßnahme, die aber ersten Studien aus den USA zufolge Wirkung zeigt.

Erstaunliches Ergebnis am Rande: Werden neben die Schock-Bilder längere Text-Warnungen gedruckt, geht der abschreckende Effekt zum Teil wieder verloren. Ein weiterer Beleg dafür, dass ein Bild nicht nur mehr sagt als tausend Worte, sondern dass zu viele oder unpassende Worte oft das Gegenteil von dem bewirken, was sie eigentlich bezwecken sollen.

Wie wenig von umständlich verpackten und abstrakten Warnhinweisen bei den Adressaten ankommt, lässt sich auch bei der Geldanlage immer wieder beobachten. Mögen Ministerien und Verbraucherzentralen noch so viele Info-Broschüren produzieren – am Grauen Kapitalmarkt gehen trotzdem Jahr für Jahr 20 bis 30 Milliarden Euro verloren.

Der entscheidende Unterschied zwischen Tabakerzeugnissen und Finanzprodukten ist der, dass letztere in aller Regel nicht per se schädlich sind. Die meisten sind selbstverständlich seriös, passen aber nicht unbedingt zur persönlichen Situation des Anlegers oder sind schlicht zu teuer. Andere wiederum haben ein deutlich schlechteres Chance-Risiko-Verhältnis als konkurrierende Produkte. Gegen die daraus erwachsenden Gefahren helfen keine schärferen Gesetze. Wohl aber Warnungen, die – um im Bewusstsein anzukommen – durchaus mit drastischen Bildern unterlegt sein dürfen oder sogar müssen.

Ein anschauliches Beispiel dafür hat in der vergangenen Woche Deutschlands derzeit wohl bekanntester Fondsmanager Bert Flossbach geliefert. Der Kölner Vermögensverwalter vergleicht in einem aktuellen Interview die Käufer von negativ verzinsten Staatsanleihen mit Truthähnen, die am Vorabend von Thanksgiving wie gewohnt zum Futtertrog laufen, um dann entsetzt festzustellen, dass man ihnen nach dem Leben trachtet. Besser lässt sich kaum auf den Punkt bringen, dass es für diese Anleger aller scheinbaren Sicherheit zum Trotz eines Tages ein böses Erwachen geben könnte.

Zugegeben, das Bild mit den Truthähnen ist in Finanzkreisen etwas abgedroschen. Doch es bleibt im Gedächtnis haften und ist somit für Beratungsgespräche zum Thema Geldanlage optimal – zumal es sich außer für Staatsanleihen auch für andere Produkte eignet, die im aktuellen Nullzins-Umfeld jeglichen Nutzen verloren haben.

Darüber hinaus sind natürlich der Fantasie, was das Erfinden neuer, auf ähnliche Weise wirksamer Warnhinweise angeht, keinerlei Grenzen gesetzt. Dabei müssen es gar nicht immer Schock-Bilder sein, manchmal tut es auch eine Prise Humor. Vor kurzem habe ich zum Beispiel auf einer Weser-Fähre eine aufgemotzte Harley-Davidson stehen sehen, die auf dem hinteren Schutzblech für jedermann deutlich sichtbar folgendes Schild trug: „Der Bundesgesundheitsminister warnt: Das Berühren dieses Fahrzeugs kann zu Zahnausfall führen!“

Genähert hat sich dem Motorrad während der Überfahrt niemand.

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